Späte Aufklärung Der "Regenschirmmord"
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10. Februar 2017, 12:42 Uhr
Der Tod kam im Londoner Regen: Der bulgarische Dissident Georgi Markov kritisierte in den Programmen der BBC und der Deutschen Welle das kommunistische Regime in seiner Heimat – und landete auf der Todesliste des Geheimdienstes KDS (Komitet za darschawna sigurnost). Am 7. September 1978 schlug die bulgarische Staatssicherheit zu, als Markov in London auf der Waterloo Bridge an einer Haltestelle auf den Bus wartete. Er selbst berichtete noch, er sei an der Haltestelle mit einem Regenschirm gestochen worden. Mit harmloser Beiläufigkeit war dem Journalisten dabei ein Platinkügelchen injiziert worden, welches ein tödliches Pflanzengift enthielt: Rizin. Bereits vier Tage später starb Markov.
Scotland Yard tappt im Dunkeln
Scotland Yard tappte lange Zeit im Dunkeln: Wer hatte den Mord in Auftrag gegeben? Zwar wurde vermutet, dass der KDS hinter dem "Regenschirmmord" steckt, doch beweisen ließ sich diese Theorie nicht. Die Aufklärung des Komplotts wurde erst durch die Öffnung des KDS-Archives möglich – fast 30 Jahre nach dem tödlichen Anschlag. 2006 wurden die Akten des einstigen Geheimdienstes KDS der neu gegründeten Aufarbeitungsbehörde Bulgariens COMDOS übergeben. Die englischen Ermittler reisten noch im selben Jahr nach Sofia, verlangten Akteneinsicht und erlangten Gewissheit: Markovs Tod wurde vom ehemaligen bulgarischen Staatschef Todor Schiwkow angeordnet, weil der Diktator sich persönlich von den bissigen Kommentaren des Journalisten angegriffen fühlte. Auch das Datum des Anschlages war kein Zufall: Der 07. September war der Geburtstag Schiwkows.
Die Mordwerkzeuge lieferte der KGB
Die Mordwerkzeuge – Gift, Platinprojektil und der mit einer Abschussvorrichtung versehene Regenschirm – wurden dem KDS vom sowjetischen Geheimdienst KGB geliefert. Der KDS-Agent, der Markov beseitigte, wurde unter dem Codenamen "Piccadilly" geführt. Doch die Frage, wer sich hinter diesem Decknamen versteckte, ist noch immer unbeantwortet. Die Ermittler vermuteten bereits in den Neunziger Jahren, dass es sich bei dem Attentäter um einen Dänen italienischer Herkunft namens Francesco Guillino handeln könnte. Damals reichten die Indizien jedoch nicht aus, um ihn zu verhaften. Umso rätselhafter scheint sein spurloses Verschwinden: Kurz nach seiner Vernehmung durch Scotland Yard verkaufte Francesco Guillino sein Haus und ging in den Untergrund. Er ist bis heute nicht wieder aufgetaucht.