Zwei Konditorinnen bestäuben 1971 frisch gebackene Weihnachtsstollen mit Zucker.
Zwei Konditorinnen bestäuben 1971 frisch gebackene Weihnachtsstollen mit Zucker. Bildrechte: picture-alliance/ dpa | epa

Weihnachten im Sozialismus Weihnachten in der DDR - Mangel macht erfinderisch!

13. Dezember 2022, 13:15 Uhr

Weihnachten ohne Stollen? Heute wie in der DDR undenkbar! Doch: Wie auch in anderen Lebensbereichen diktierte in der DDR die Versorgungslage - oder besser der Mangel - die Vorbereitungen für den Advent und das Weihnachtsfest. Zutaten wie Mandeln, Sultaninen, Zitronat und Orangeat waren knapp oder gab es überhaupt nicht. Da musste eben improvisiert werden!

Weihnachten ohne Stollen war auch in der DDR undenkbar. Doch wie so vieles waren die benötigten Grundstoffe Mangelware. Schon im frühen Herbst fingen viele Familien an, Zutaten für den Stollen zu sammeln. Aber bestimmte Sachen gab es einfach nicht. Die Großbäckereien standen vor einem echten Problem. Albrecht Großmann, zu DDR-Zeiten Produktionsleiter im Backwarenkombinat Döbeln, erinnert sich: Sultaninen waren knapp, Mandeln waren knapp, Zitronat und Orangeat gab es überhaupt nicht, so sind wir auf die Rohstoffe ausgewichen, die zur Verfügung standen." Als Zitronat-Ersatz wurden grüne Tomaten kandiert und als Orangeat-Imitat Möhren.

Westpakete zum Weihnachtsfest

Nach dem Mauerbau im Jahr 1961 nahm die Zahl der Pakete aus dem Westen mit der Aufschrift "Geschenksendung! Keine Handelsware!" zu. Insbesondere in der Weihnachtszeit. Neben Kaffee, Zigaretten und Damenstrümpfen spielten auch Zutaten für den Stollen eine wichtige Rolle. Zitronat und Orangeat beizeiten gen Osten geschickt, wurden dann kurz vor Weihnachten mit einem Rückpaket gen Westen belohnt.

Darin enthalten waren oft ein Stollen oder weihnachtliche Schnitz- oder Drechselkunst aus dem Erzgebirge. Für die Wirtschaftsplaner der DDR waren die Westpakete eine feste Größe im alljährlichen Versorgungsmarathon. Und für viele Bürger eine willkommene Ergänzung auf dem Gabentisch.

Der Kampf mit dem Weihnachtsbaum

Einen gut gewachsenen Weihnachtsbaum zu bekommen, war meist ein Glücksfall. Viele Bäume, die aus dem Erzgebirge kamen, waren "mickrig" und verkrüppelt. Da der laufende Meter aber nur zwei Mark kostete, wurden oft gleich zwei Bäume gekauft. Kunstvoll wurden die guten Zweige des einen Baums abgesägt und entweder mit Hilfe des Klebstoffs "Duosan Rapid" in den Stamm des anderen eingeklebt oder in kleine Löcher gesteckt, die man in den Stamm bohrte.

Behängt wurde der Baum mit bunten Kugeln, die man über die Jahre gesammelt hatte, und mit Lametta. Aber auch Zinnlametta war Mangelware. So wurde es meistens nach den Festtagen vorsichtig vom Baum genommen und verwahrt. Zum nächsten Weihnachtsfest soll es in manchen Familien mit dem Bügeleisen wieder glatt gebügelt worden sein, auf dass es wie neu vom Baum glänze.

"Vorweihnachtliche Kalender"

Bei diesem beliebten Produkt kämpfte die DDR einen letztlich vergeblichen Kampf gegen christliche Traditionen. So gab es Adventskalender zwar eigentlich zu jeder Zeit, nur durften sie bis Anfang der siebziger Jahre offiziell so nicht genannt werden. Auf Rechnungen und Bestellungen erschien stattdessen der Begriff "vorweihnachtliche Kalender". Christliche Motive durften bis 1973 darauf gar nicht gedruckt werden. Dann erhielt erstmals ein kleiner Verlag in der Lausitz die Erlaubnis, das Christkind und die Heiligen Drei Könige darzustellen.

Es gab aber auch sozialistische Varianten, wie etwa einen Adventskalender, auf dem Junge Pioniere mit Haltstuch und Käppi zu sehen waren. Verbreitete Motive waren außerdem Weihnachtsmärkte oder Winterszenen mit Kindern oder in der Natur. Aber durchgesetzt haben sich diese Motive nicht, das bis heute beliebteste Motiv ist ein kleiner Sakralbau aus dem Erzgebirge: die spätbarocke, achteckige Kirche aus Seiffen.

Dieser Artikel erschien erstmals 2020.

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