DDR-Kleintransporter Die Erfolgsgeschichte des Barkas
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02. Dezember 2021, 12:29 Uhr
Heute ist er nur noch ein Fall fürs Museum. Aber im sozialistischen Alltag war der wendige Kleintransporter geschätzt: Als Krankentransporter, Polizeiwagen, Kleinbus, Sattelschlepper oder Löschfahrzeug diente der Barka B1000, bis die Produktion 1991 eingestellt wurde. Heinz Schmieder arbeitete lange Jahre in der Versuchs- und Messabteilung der Frankenberger Barkas-Werke.
Weit vor Christi Geburt war Barkas ein kathargischer Feldherr, der sich mit militärischen Schnellsiegen den Beinamen "der Blitz" bei den Römern verdiente. Das mag die DDR-Fahrzeugbauer dazu verleitet haben, ihrem in Karl-Marx-Stadt gefertigten "Schnelltransporter" den Namen Barkas zu schenken. Mit 42 PS und einer Maximalgeschwindigkeit von 100 km/h rollte 1961 der erste B1000 vom Band. Es begann eine 30-jährige Erfolgsgeschichte, in der der kleine Transporter die DDR-Wirtschaft motorisierte.
Barka B1000: Auf dem Stand der Zeit
Eine Tonne Nutzlast bei einem Eigengewicht von gerade mal 1.200 Kilo – das war schon was in der Transporterwelt der frühen 1960er-Jahre. Vor der westlichen Konkurrenz, allen voran VW Transporter und Ford Transit, musste sich der Barkas aus Karl-Marx-Stadt nicht verstecken. In dem 4,5 Meter langen und 1,8 Meter breiten Wagen sollten aber nicht nur schwere Lasten unterkommen, sondern auch Kranke im Modell Krankenwagen, Pumpen und Schläuche im Kleinlöschfahrzeug oder Personen in der Ausführung Kleinbus. Bei der Leipziger Frühjahrsmesse 1962 sollte der Barkas erstmals international gefeiert werden.
Was gab es denn? Trabant, Wartburg, Moskvitch. Aber einen Lieferwagen? Ich kenn' keinen. Hier haben sie Pritschen, Kastenwagen, Kombi, B1000-Bus und Krankenwagen, B1000-Feuerwehr. Der Wagen ist sogar nach Westen ausgeliefert worden. Privat kriegte keiner einen – totale Utopie. Das ging alles über den Großhandel.
Entwickeln für die Schrottpresse
Einfach und robust war der erste Barkas B1000 – ohne viel Schnickschnack wie etwa Sicherheitsgurte oder elektrische Scheibenwischer. Doch damals, in den 1960ern, hatte man noch Träume in der Entwicklungsabteilung der Frankenberger Barkas-Werke. Nicht nur komfortabler sollte der Transporter werden, sondern auch den Anschluss an die rasante technische Entwicklung in der westlichen Welt nicht verlieren. So begann bereits 1968 eine Entwicklungsprojekt für den Nachfolger des B1000. Der sollte einen modernen Viertakter und allerlei andere technische Neuerungen im Motorraum bergen. Im Geheimen tüftelte die Entwicklungsabteilung am B1100. Bis 1972 schraubten und schweißten sie drei Prototypen zusammen – in Handarbeit. Doch dann kam der Befehl von ganz oben: Abbruch - für den neuen Barkas gab es kein Geld.
Die Regierung wollte den Prototypen verschwinden lassen, weil der nicht gebaut werden konnte und durfte – der musste weg. Also hatte der Wagen bis soundsovielten von der Bildfläche zu verschwinden. Mit jeglichen Zeichnungen, Unterlagen, alles was dazugehört.
Für die Entwicklungsabteilung folgten illustre Zeiten, denn klar war: Hier wurde zwar fleißig weiterentwickelt und getestet, aber nur wenige Sachen - "Spielereien" wie Heinz Schmieder sagt – wurden umgesetzt. Die Messgeräte bauten sich die Entwickler häufig selbst und Mitarbeiter wie Schmieder schrubbten bei Wochendausflügen durch die ganze Republik Versuchskilometer. An Ideen für Innovationen mangelte es den Tüftlern und engagierten Studenten nicht.
Wir hatten Freiheit, sehr viel Freiheit. Aber im Großen und Ganzen wurde für den Papierkorb gearbeitet – praktisch und theoretisch.
Ein Handwagen ist kein Auto
Trotz der fehlenden technischen Innovationen blieb die Beliebtheit des Barkas in der DDR ungebrochen. 1980 rollt der 100.000te Lieferwagen vom Band. Immer mehr Varianten werden aufgelegt – sogar ein kleiner Sattelschlepper. Aber nach dem Mauerfall wird offenbar – der Barkas hatte schon seit den 1970ern den Anschluss verloren. Auch eine eilig umgesetzte Viertakt-Motorisierung im Barkas B1000-1 ändert 1990 wenig an der hoffnungslosen Veraltung. 1991 wird die Produktion nach 30 Jahren, 175.000 B1000 und knapp 2.000 B1000-1 eingestellt. Die Hoffnung auf eine Zukunft in Russland zerschlägt sich rasch. Die bereits für den Transport eingepackten Maschinen und Anlagen werden am Ende doch von der Treuhand verschrottet, weil kein Investor die Transportkosten aufbringen kann. Hunderte ehemalige Barkas-Werker werden arbeitslos.
Dass wir das Auto eingebüßt haben, war mir vollkommen klar. Die Zeit war weg, die Jahre, das lag ja im Tischkasten. Das war nie aufzuholen. Der Wagen musste weg, der wäre nie verkauft worden. Da waren die anderen da und das waren Autos: Federung, Geschwindigkeit. Der Barkas mit seinen ganzen Mängeln – das konnte gar nicht sein. Das wäre dasselbe, als wenn sie aus einem Handwagen ein Auto bauen wollten.
Nur bei einigen Liebhabern und im Museum in Frankenberg hat der Barkas überdauert. Dort steht übrigens auch ein Prototyp des Ende der 1960er-Jahre entwickelten B1100. Denn entgegen aller Befehle von oben brachten es die Tüftler nicht übers Herz, den mühevoll in Handarbeit zusammengesetzten Wagen verschrotten zu lassen. Sie schickten ein Attrappe in die Presse und der B1100 überstand die Zeit bis zur Wende in einer Scheune unter Mist und Stroh.
Dieses Thema im Programm: Der Osten - Entdecke wo du lebst | 04. Mai 2021 | 21:00 Uhr