Geschichte des Führerscheins Der Führerschein wird 120 Jahre alt
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29. September 2023, 05:00 Uhr
Vor 120 Jahren führte Preußen als erstes deutsches Land eine "Prüfungspflicht für Wagenlenker" ein. Damit ist die Führerschein-Pflicht 120 Jahre alt. Seitdem werden die Führerscheine immer wieder den politischen Umständen angepasst. Momentan werden EU-weit einheitliche Führerscheine ausgegeben. Trotzdem haben Viele noch den grauen oder rosa Führerschein der DDR. Wie lange dürfen sie damit noch fahren?
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Die Geschichte des Führerscheins beginnt kurz nach der des Automobils. In den frühesten Jahren brauchte es zum Führen eines Motorwagens keine Prüfung oder Tests. Die ersten Dokumente zur Berechtigung zum Fahren wurden von den Herstellern selbst verliehen. Dafür mussten die Fahrwilligen nur nachweisen, dass sie die grundlegenden physikalischen Zusammenhänge kannten und ihre Technik beherrschten.
Hatte nicht Carl Benz den ersten Führerschein?
Den ersten Schein, der zum Führen eines motorisierten Fahrzeugs berechtigte, erhielt der Automobilerfinder Carl Benz. Das am 1. August 1888 vom Großherzoglichen Badischen Bezirksamt ausgestellte Dokument war handschriftlich verfasst und erlaubte seinem Träger "versuchsweise Fahrten" in einem begrenzten Gebiet. Da Benz dafür weder Fahrtest noch theoretische Prüfung ablegen musste, handelt es sich aber nicht um einen Führerschein im heutigen Sinne, sondern lediglich um eine Fahrerlaubnis.
1903: Preußen führt erste Führerschein-Pflicht ein
Am 29. September 1903 führte Preußen als erstes deutsches Land eine Prüfungspflicht für Wagenlenker ein - zwei Jahre nach Österreich. Auch hier wurden von der prüfenden Behörde, dem Dampfkessel-Revisions-Verein technisch-praktische Kenntnisse geprüft. Verkehrsregeln spielten keine Rolle. Daraufhin wurden auch in anderen deutschen Ländern Berechtigungen mit Bezeichnungen wie Lenker-Ausweis, Velociped-Fahrkarte oder Motorwagen-Erlaubnis-Schein eingeführt. Diese waren jedoch nur für das jeweilige Landesgebiet gültig, was bei Grenzüberschreitungen häufig zu Problemen führte.
1906: Erste Fahrerlaubnis-Pflicht in Sachsen
Die Königlich-Sächsische Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 10. September 1906 schrieb vor, dass Autofahrer mit einem Zeugnis nachzuweisen hatten, ob sie "mit den Einrichtung und der Bedienung des Fahrzeugs völlig vertraut sind". Dieses konnte durch "eine sachverständige Behörde oder eine behördlich anerkannte Stelle" ausgestellt werden. Die Fahrer mussten den Schein jederzeit mit sich führen und auf Verlangen vorzeigen.
1909: Reichsgesetz führt zu Vereinheitlichung
Das Reichsgesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 vereinheitlichte die von Land zu Land unterschiedlichen Gesetze im Deutschen Reich. Hier wurden auch erstmals allgemeingültig Verkehrsregeln und Geschwindigkeitsgrenzen definiert. Darüber hinaus löste es die bisher geltende Ausweispflicht ab und legte die Fahrerlaubnisklassen fest. Den Führerschein bekam, wer "seine Befähigung durch eine Prüfung dargetan hat und nicht Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist".
Der erste Führerschein für eine Frau wurde 1909 in Leipzig auf die Gohliserin Amalie Hoeppner ausgestellt. Mit Genehmigung ihres Ehemannes, denn so wollte es das Gesetz. Dieses behielt nach dem Zweiten Weltkrieg und während der deutsch-deutschen Teilung in der BRD bis 1958 Gültigkeit. In der DDR wurde diese Ungleichbehandlung von Mann und Frau mit der Staatsgründung 1949 gesetzlich aufgehoben.
Regelungen in der DDR
Das Gesetz über die Zulassung von Personen und Fahrzeugen zum Straßenverkehr vom 4. Oktober 1956 legte fest, dass es zum Fahren von KFZ grundsätzlich einer Erlaubnis bedarf. Ausgenommen waren Fahrzeuge, die nicht schneller als 6 km/h fuhren, selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Krankenfahrstühle unter 20 km/h. Ab 16 durften Krafträder bis 150 Kubikzentimeter Hubraum gefahren werden, alle anderen Klassen ab 18. 1968 wurde festgelegt, dass Fahrschüler an einem "Erste Hilfe" Kurs des DRK teilnehmen mussten.
1958: Einführung der Punkte in Flensburg
Wenn ein Fahrer gegen geltende Verkehrsgesetze verstieß, bekam er in der BRD ab dem 2. Januar 1958 Strafpunkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei. Solche Vergehen wurden auch im Osten, geahndet, hier allerdings nicht digital, sondern ganz analog mit Stempel auf einem Kärtchen in der Fahrerlaubnis. Hatte man hier fünf angesammelt, drohte ein Fahrverbot.
Wiedervereinigung bedeutet im Osten Neustart
Nach der Wiedervereinigung wurde auch im Osten die StVO der Bundesrepublik übernommen, teilweise entgegen dem deutlichen Willen der neuen Bürger. Die ostdeutschen Strafstempel wurden nicht "umgerechnet", stattdessen starteten die Fahrer in den neuen Bundesländern mit einem sauberen Konto durch. Die Führerscheine behielten jedoch vorerst ihre Gültigkeit. So haben Viele noch einen rosa Führerschein bzw. eine graue Fahrerlaubnis, wenn diese bis 1986 ausgestellt wurde. Doch die sind nicht für immer gültig! 1999 wurde eine EU-Richtlinie beschlossen, die Führerscheindokumente und Fahrzeugklassen vereinheitlichen soll.
Bis wann muss man seinen Führerschein umtauschen?
Wann man seinen DDR-Führerschein umschreiben lassen muss, hängt vom Geburtsjahr des Fahrers ab. Die Jahrgänge 1953 bis 1964 mussten bereits bis 19.01.2022 bzw. 19.01.2023 den neuen Führerschein im Scheckkartenformat abholen. Die nächste Frist verstreicht am 19.01.2024 für die Geburtsjahre 1965 bis 1970. Danach sind am 19.01.2025 die Jahrgänge ab 1971 dran. Am Längsten haben alle vor 1953 Geborenen Zeit: bis zum 19.01.2033. Doch danach ist endgültig Schluss mit den grauen und den rosa "Lappen".
Fristen für den Führerschein-Umtausch
Geburtsjahr | Umtausch bis: |
---|---|
vor 1953 | 19.01.2033 |
1953 - 1958 | 19.01.2022 |
1959 - 1964 | 19.01.2023 |
1965 - 1970 | 19.01.2024 |
1971 und später | 19.01.2025 |