Weltblutspendetag Blutspenden in der DDR: Hohe Spendenbereitschaft in der Bevölkerung
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14. Juni 2021, 05:00 Uhr
Zu DDR-Zeiten ist das Spenden von Blut beliebt - ist es doch in den Betrieben sehr gut organisiert. Außerdem gibt es ein geschätztes sogenanntes "Fresspaket", das offiziell Spenderfrühstück heißt. Oft lockt auch ein freier Arbeitstag unmittelbar nach der Spende. Blutengpässe sind in DDR-Krankenhäusern daher eine Seltenheit. Doch es gab auch Schattenseiten: Vor einigen Jahren ist bekannt geworden, dass Häftlinge zur Devisenbeschaffung offenbar zur Blutspende gezwungen worden sind.
In den sechziger Jahren spenden nur wenige Bürger der noch jungen DDR Blut. Dabei gibt es damals noch Geld für den wertvollen Lebenssaft. Das Blutspenden ist jedoch gut organisiert und die Bereitschaft zum Spenden steigt seit den 1970er-Jahren kontinuierlich. Trotzdem kann 1982 nach Angaben des DRK lediglich die Hälfte des Bedarfs durch Spenden gedeckt werden.
DRK der DDR wirbt intensiv in den Betrieben
Eine breit angelegte Werbekampagne sorgt dann aber schon vier Jahre später für eine Wende. Die Bürger gehen jetzt rege zur unentgeltlichen Blutspende, so dass der Bedarf sogar zu 91 Prozent gedeckt werden kann. Das liegt auch daran, dass jetzt die Blutspenden unter anderem in den Sanitätsstellen der Betriebe organisiert werden. DRK-Mitglieder kümmern sich darum, in den Betrieben intensiv dafür zu werben und die Kollegen zur Blutspende zu motivieren.
Dabei hilft auch das ausgereichte "Spenderfrühstück". Die Terminvergabe - meist direkt in den volkseigenen Betrieben - klappt reibungslos. Ein angenehmer Nebeneffekt könnte obendrein für die Spendenbereitschaft verantwortlich sein: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die morgens zur Spende gehen, erhalten nicht nur das unentgeltliche Frühstück, sie werden häufig auch für den Rest des Tages von der Arbeit freigestellt.
Organisation der Blutspende in der DDR
In der DDR führt der staatliche Gesundheitsdienst Blutspendeaktionen durch. Dafür ist ein Bezirksinstitut regional zuständig. Im Unterschied organisiert man in der DDR kaum öffentliche Blutspendetermine. In den Betrieben, zentralen Dienststellen der Post oder der Volkspolizei und bei der Nationalen Volksarmee (NVA) finden hingegen regelmäßig Blutspendeaktionen statt. Das Rote Kreuz organisiert diese dabei nicht selbstständig, sondern unterstützt den staatlichen Gesundheitsdienst.
Medizinisch betrachtet laufen die Blutentnahmen im Osten genauso ab wie im Westen. Auch in der DDR lösen Blutbeutel aus Kunststoff im Lauf der Jahre die anfangs genutzten Glasflaschen ab. Die Glasflaschen mussten manuell geschüttelt wurden, damit das gespendete Blut nicht gerinnt. Das fiel bei den Beuteln weg, das Schütteln übernimmt ein Automat.
Blut und Geld
Ebenso wie heute ist in der DDR ist die Blutspende meistens unentgeltlich. Allerdings erinnert sich Manfred Ramminger, der damals im VEB Papier-und Kartonfabriken Niederschlema, Werk Fährbrücke arbeitet, dass die Mittarbeiter dort für jede Spende neben dem Spenderfrühstück auch in den 80er-Jahren noch 40 Mark der DDR bekommen haben.
Der Frühstücksbeutel habe manchmal Südfrüchte enthalten, die in der DDR ja bekanntlich rar waren. Der Inhalt der Beutel, der einen Wert von etwa 20 Ostmarkt hatte, habe aber geschwankt, erinnert sich der Diplomingenieur für Papiertechnik. Manchmal sei ein Päckchen Kaffee dabei gewesen und fast immer Schokolade. Auch das Versprechen einer umfangreichen Blutuntersuchung sei ein wesentlicher Motivationsschub für die Blutspende gewesen. Als Anerkennung für das Spenden in der DDR gibt es außerdem Abzeichen des DRK, oft als Anstecknadeln, die jeder bekam, der fünf, zehn oder fünfzehn Mal Blut gespendet hatte.
DDR verkauft Häftlingsblut gegen Devisen
Offenbar hat die DDR aber auch versucht, mit gespendetem Blut Devisen zu erwirtschaften. Das berichtet das ARD-Politikmagazin Report Mainz 2014 unter Berufung auf eine damals noch unveröffentlichte Studie der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Demnach sind in der DDR Mitte der 1980er-Jahre Gefangene der Haftanstalt Waldheim zur Blutspende gezwungen worden. So werden dringend benötigte Devisen erwirtschaftet, denn die DDR verkauft das Häftlingsblut gewinnbringend in den Westen. Das berichtet 2014 auch das Ärzteblatt. Der Plan für den Bluthandel entstand demnach Anfang der 1980er-Jahre. Das Blut wird vom Zentralen Exportbüro des DDR-Ministeriums für Gesundheitswesen verkauft. Über einen Schweizer Zwischenhändler gelangt es zum Roten Kreuz nach Bayern.1988 nimmt die DDR dem Bericht des Ärzteblatt zufolge über den Verkauf von 35.000 Litern Blutplasma an die Diag Human AG knapp 3,4 Millionen DM ein.
Wende beendet Spendenbereitschaft
Unmittelbar nach der Wende - noch vor der Wiedervereinigung - ist die Zahl der Blutspender dramatisch eingebrochen. OPs müssen verschoben werden und dringende Aufrufe zum Blutspenden werden gesendet. Gründe dafür gibt es viele: Die Auflösung vieler Partei- und Armeeeinrichtungen, in denen vorher regelmäßig Blut gespendet werden konnte, ebenso wie die Abwicklung von Betrieben, wo auch vor der Wende direkt am Arbeitsplatz Blut gespendet worden ist. Auch ist das Verständnis der Arbeitgeber für eine Spende während der Arbeitszeit nach der Wende weniger groß. Hinzu kommen die vielen jungen DDR-Bürger, die im besten Alter für eine Blutspende sind, die DDR aber schon gen Westen verlassen haben.