Unkaputtbare Technik: Ein Stück Heimat, ein Stück Kindheit DDR-Geräte in deutschen Haushalten: Welche nutzen Sie noch?
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25. Januar 2022, 05:00 Uhr
Egal ob das alte Telefon mit Wählscheibe, die selbstreparierte Erika-Schreibmaschine oder der geliebte RG28-Mixer – die Ostdeutschen halten an ihren DDR-Geräten fest. Was noch funktioniert, wird behalten. Warum sollte man es auch wegwerfen, wenn die Qualität stimmt? Schließlicht ist das urige "Ding" doch hin und wieder nützlich, macht als Deko was her oder erinnert an die schönen Stunden mit Oma und Opa in der Küche oder an der Werkbank.
DDR-Geräte wurden für die Ewigkeit gebaut und werden in Haushalten in Mitteldeutschland bis heute verwendet. Das hat das Meinungsbarometer "MDRfragt" bei der Befragung von 20.597 Menschen aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt herausgefunden. Über drei Viertel der Befragten (77 Prozent) besitzen noch einen Gegenstand "Made in GDR", der heute noch einsatzfähig ist.
Was ist MDRfragt?
MDRfragt ist eine Plattform für Online-Befragungen, mit der die Menschen in Mitteldeutschland regelmäßig ihre Meinung zu gesellschaftlich aktuellen Themen äußern können. Ob Corona, Braunkohle-Aus oder Breitbandausbau – Ihre Meinung zu gesellschaftlich relevanten Themen findet hier einen besonderen Platz. Die Ergebnisse werden in Fernseh-, Radio- und Online-Beiträgen des MDR veröffentlicht.
"Made in GDR" - Keine Wegwerfprodukte
Obwohl die DDR schon seit mehr als 30 Jahren Geschichte ist, laufen einige der Gerätschaften mit dem Prädikat "Made in GDR" wie am Schnürchen. Es ist keine Seltenheit, dass beispielsweise Brotschneide- und Nähmaschinen noch immer ihren Dienst tun. Aber warum sind ausgerechnet die Produkte aus dem Osten so langlebig? Für eine 47-jährige Teilnehmerin aus Nordsachsen ist die Sache klar: "Der Osten hat das Wort nachhaltig zwar nicht erfunden, aber auf jeden Fall gelebt". Auch andere Befragte stimmen mit ihr überein und betonen die Nachhaltigkeit der Produkte.
Aber ist die DDR wirklich ein Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit gewesen? Eher nicht. Die Konsumgüter sollten lange halten und zuverlässig sein, weil viele Rohstoffe knapp waren. Auch deshalb hat der Staat die Lebensdauer reguliert und sie per Gesetz unkaputtbar gemacht. Die DDR-Vorschriften für technische Geräte waren verbindlich. Deshalb hat man "sehr lange auf Metallkomponenten gesetzt", erklärt Prof. Markus Krajewski.
Es war wichtig, die Ressourcen möglichst sparsam zu verwenden. Die Geräte sollten so konzipiert sein, dass sie lange benutzt werden konnten und wenn sie doch einmal kaputt gingen, musste man sie schnell reparieren können.
Die Einschätzung des Experten deckt sich mit der Wahrnehmung der Befragten. Ein 66-jähriger Dresdner stellt fest, dass das Leben in der DDR "eine Zeit war, in der mit Rohstoffen vernünftiger umgegangen werden musste". Auch eine Frau aus dem Saalekreis lobt ihre DDR-Bohrmaschine dafür, dass sie "mit einfachen Mitteln zu reparieren" ist und "aus einer Zeit vor der Wegwerfmentalität" stammt.
Wegwerfen aus Bequemlichkeit oder Überfluss? Das war in der DDR keine Option. Um Wartezeit auf neue Produkt zu umgehen, wurde solang getüftelt, gefeilt oder geschliffen, bis es wieder funktionierte. Dabei sind die Geräte nicht nur Alltagshelfer, sondern auch ein Stück Heimat geworden. Einige Befragte erzählen, dass sie die Geräte schon von ihren Großeltern kennen. Es sind für sie Erinnerungen an Kindheit, Jugend und geliebte Menschen. "Ich erinnere mich dann immer an meine Kindheit und Jugendzeit, die ich großenteils bei meiner Oma verbrachte. Manchmal fühle ich mich dabei wehleidig" gesteht eine Frau aus dem Vogtlandkreis.
Dass man diese mit Erinnerungen verknüpften Geräte nicht einfach wegwirft, ist nachvollziehbar. Es hängen schließlich Geschichten dran, wie eine Frau aus Dresden feststellt: "Es sind Andenken an die ersten Ehejahre und die Zeit als die Kinder klein waren". Und selbst wenn man selbst keinen persönlichen Bezug hat, können die alten Gegenstände Freude schenken: Bei einer Familie aus Sachsen steht die "Schreibmaschine im Keller zum Spaß für die Enkel". Bei einer anderen Familie ist die alte Kartoffelreibe das Highlight: "Alte Traditionen leben weiter. Beim Reiben der Kartoffeln für Thüringer Klöße stehen Kinder und Enkelkinder fasziniert daneben. Das wird richtig zelebriert, jeder darf die Reibe einmal bedienen".
Diese DDR-Geräte wurden besonders oft genannt
Aus den Antworten der 20.597 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kristallisieren sich einige Produkte heraus, die weiterhin tadellos funktionieren. Bei mehr als 80 Prozent der Befragten erfüllt das in der DDR produzierte Werkzeug bis heute immer noch seinen Zweck. Besonders Bohrmaschinen (27 Prozent), Hammer (25 Prozent) und Zangen (17 Prozent) sind noch in Gebrauch.
Zu den unverwüstlichen "Best-ofs" gehören auch die Erika-Schreibmaschine (22 Prozent), RFT-Hifi-Geräte (22 Prozent) und der Multiboy (21 Prozent). Angeführt wird die Liste der DDR-Gegenstände vom RG28-Mixer mit 41 Prozent.
Warum soll ich Neues kaufen, wenn das Alte noch geht? Der Mixer funktioniert noch top.
Bei Second-Hand-Plattformen startet das Kult-Rührgeräte übrigens bei rund 5 Euro und endet momentan bei rund 180 Euro. Beim Kauf bekommt man nicht nur ein unverwüstliches Gerät, sondern auch eine Reise in die Vergangenheit. So geht es zumindest einer Mutter aus Dresden: "Wenn ich mit dem alten Mixer mit meinen Kindern den Plätzchenteig anrühre, fühle ich mich um Jahrzehnte zurückversetzt".
Bei 9 Prozent der Befragten stehen noch MDW-Möbel aus Dresden-Hellerau. Die mehr als 32 Jahre alten Stücke wurden von Designer Rudolf Horn gestaltet und sind durch ihre Schlichtheit zeitlos. Heute gilt er als einer der wichtigsten Designer der DDR. Doch sein Entwurf haute Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, ebenfalls gelernter Tischler, in den 1960er-Jahren nicht vom Hocker. Er tat Horns Design mit den Worten "Ich sehe hier keine Möbel, ich sehe nur Bretter" ab. Aber die Funktionalität der Anbauwände und Bücherregale begeistert – bis heute.
Eine 82-jährige Frau aus Gera erinnert sich zurück: "Für die Anbauwand mussten wir lange warten und uns sehr zeitig früh beim Möbelhaus anstellen, um eine zu bekommen". Die hochwertige Verarbeitung ermöglicht, dass die Wand heute noch steht und gefällt. Zwischen 1966 und 1990 wurden in Hellerau rund 500.000 Montagemöbel produziert. Eine Frau aus dem Weimarer Land kaufte ihre Hellerau-Möbel beim Bezug ihrer ersten, eigenen vier Wände. Auch eine Chemnitzerin hält die Anbauwand deshalb in "allen Ehren". Doch Nostalgie überwiegt nicht immer: Für einen Mann aus Zwickau "sollten gewisse Möbel im Museum bleiben".
Ist das hip oder kann das weg?
An Trends scheiden sich die Geister: Die einen lieben ihn, die anderen können den Hype nicht nachvollziehen. Vieles, was vor Jahrzehnten schon einmal in Mode war, feiert heute sein Comeback als "Retro-Stück" oder "Vintage-Teil". Auch einige der DDR-Klassiker, die nach der Wiedervereinigung im Container entsorgt wurden, sind heute heiß begehrt und werden zahlreich auf Second-Hand-Plattformen wie Ebay Kleinanzeigen, Shpock oder Vinted gehandelt. Das Meinungsbarometer "MDRfragt" hat den Retro-Trend hinterfragt und in der neusten Ausgabe geprüft, warum die (Ost-)Deutschen so an den Produkten von gestern hängen. Hier gehts zu den Ergebnissen vom neusten Meinungsbarometer "MDRfragt".