Freitag, 19.05.2023: Haltung überrascht
Haltung überrascht. Ein regennasser Tag an der Haltestelle. Viele Menschen stehen zusammen und warten. Kommen von der Arbeit oder müssen noch hin. Manchen meine ich die Last anzusehen. Und einer geht mitten hindurch. Aufrecht, mit erhobenem Haupt geht der Tänzer den Bahnsteig entlang. Geht zum Dienst. Wie er die Füße setzt! Es ist als machten die anderen ihm Platz. Ich fühle in meinen Rücken und versuche etwas gerader zu stehen. Haltung strahlt aus, finde ich.
Junge Menschen der sogenannten Generation Z versuchen in ihrem Leben andere Prioritäten zu setzen als sie sie aus der Generation ihrer Eltern kennen. Arbeit muss dem Leben dienen, nicht umgekehrt. Lieber weniger verdienen als an dem Abstriche zu machen, was mir wirklich wertvoll ist: Familie und Kinder zum Beispiel. Sie werden bestärkt in einer Situation, in der ausgebildete Arbeitskräfte überall händeringend gesucht werden. Da lassen sich gute Arbeitsbedingungen aushandeln. Andere sagen: Sie wollen nicht mehr arbeiten, sie denken viel zu sehr an sich selbst, kann das gut gehen?
Ich kann beide Seiten verstehen: Ich stecke in bewährten Gewohnheiten, bekomme aber von den Jungen einen Spiegel vorgehalten. Ihre mutige und unerschrockene Haltung setzt neue Prioritäten. Ich weiß nicht, ob das gut geht, ich bin auch ein bisschen in Sorge. Aber ich merke, wie ihre Haltung auch bei mir etwas verändert. Und dafür bin ich dankbar. Haltung strahlt aus.
Die Bibel spricht von Menschen in einer atemberaubenden Weise. Sieht sie als königliche Wesen an. Und zwar jeden Menschen, ob arm oder reich. Was für eine Würde! Und was für ein Kontrast zu den Erfahrungen, die das Leben natürlich auch bereithielt: wie Staub zu sein oder wie ein Knecht, der gar nicht sich selber gehört. Elend und Größe des Menschen. Wie gut, wenn Menschen ihre königliche Würde wagen. Das wirkt. Haltung überrascht und strahlt aus.