Dienstag, 12.03.2024: Was ist wirklich drin?
Im Jahre 1466 bestellte die italienische Stadt Florenz in den berühmten Marmorbrüchen von Carrara einen großen Block. Das gigantische Gewicht von zwölf Tonnen und die Größe des Blocks von mehr als fünf Metern Höhe stellte ein logistisches Problem für den Transport dar. So dauerte es zwei Jahre, bis der marmorne Klotz schließlich in Florenz ankam. Nun sollte sich der Bildhauer Agostino di Duccio ans Werk machen, um aus dem Stein eine schöne Statue zu schlagen. Nach wenigen Tagen gab er auf. Der Stein sei nicht geeignet. Große Blamage für ihn und die Stadt Florenz. Aber die Florentiner nahmen einen neuen Anlauf. Sie wollten das ehrgeizige Projekt retten. Schließlich fragte man den damals hochberühmten Bildhauer Antonio Rossellino. Dieser reiste an, prüfte den Stein und winkte schließlich ebenfalls ab. Der Stein sei mangelhaft und für eine Statue absolut ungeeignet. In der Sprache der Bildhauer hieß es "schlecht bossiert und skulpiert".
Die Blamage für Florenz wuchs ins Unendliche. Jetzt hatte man nicht nur eine Menge Geld für diesen nutzlosen Stein ausgegeben, nein, man hatte schon ordentlich Reklame gemacht, was hier für ein Kunstwerk entstehen wird. Der Stein blieb jahrelang unbeachtet stehen. Und dann geschah das Wunder. Fast drei Jahrzehnte nachdem der große Rossellino den Stein als ungeeignet bezeichnet hatte, interessierte sich ein 25-jähriger Künstler dafür. Dieser junge Mann hatte gerade seine Karriere als Bildhauer begonnen. Er griff zu und nahm den Block, der sonst irgendwann mal entsorgt worden wäre. Der junge Mann hieß Michelangelo, und er schuf aus diesem vermeintlich nutzlosen Marmorblock eines der bedeutendsten Kunstwerke der Welt, die bis heute berühmte Statue des David.
Im vermeintlich Gewöhnlichen das Besondere zu entdecken, das hat Michelangelo gezeigt. Aber das ist nicht nur eine Gabe guter Bildhauer. Und es hat auch nicht nur mit Steinen zu tun, sondern erst recht mit Menschen. Machen Sie sich heute auf den Weg und versuchen Sie, das Besondere im Alltäglichen zu entdecken. Ich wünsche Ihnen dazu viel Überraschendes.