Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN | 18. - 24.03.2024
Hauptinhalt
Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Fabian Brüder, am Sonntag Guido Erbrich.
Sonnabend, 23.03.2024: Die Bücherei
Glaube braucht Glaubensorte. Ein solcher Glaubensort ist für mich manchmal die Bücherei. Manchmal habe ich eine feste Liste von Büchern, die ich mir ausleihen möchte. Manchmal habe ich auch einfach nur ein, zwei Themen auf meinem Zettel. Themen, zu denen ich schauen möchte, was ich dazu in der Bücherei an Literatur finde. So oder so lasse ich mich am Ende aber auch einfach gerne treiben: stöbere durch die Reihen der Bücherregale.
Das Buch, an dem ich dabei zuletzt hängen geblieben bin, war ein kleiner Band mit Gedichten. Eigentlich bin ich kein Fan von Gedicht-Bänden. Ich tue mich mit Gedichten oft schwer. Glauben Sie mir: Ich habe es wirklich oft versucht und doch keinen Zugang gefunden. Dass ich beim Stöbern in der Bücherei trotzdem an diesem Gedicht-Band hängen geblieben bin, hatte aber einen Grund: Der Name des Autors war mir geläufig. Samuel Mago. Samuel Mago?
Den Namen kenne ich doch. Ich griff kurzerhand zu diesem Buch, schaute hinein und las ein Gedicht nach dem nächsten. Warum lerne ich diese Gedichte erst jetzt kennen? Warum liegen diese Gedichte nicht überall aus?
Vielleicht kennen Sie das: Dieses Gefühl, dass das, was Sie da gerade lesen, eigentlich die ganze Welt lesen und hören müsste. So ging es mir bei den Gedichten von Samuel Mago, einem Schriftsteller aus einer Roma-Familie mit müttlerlicherseits jüdischen Wurzeln.
Im Vorwort schreibt Samuel Mago: "die zeilen in diesem buch sind keine gedichte. sie sind die märchen meiner großmutter, die flüche meiner eltern und die gebete meines bruders." Diese Märchen, Flüche, Gebete führen mir vor Augen, dass es Worte gibt, von denen ich mir dringend wünsche, dass sie gehört werden. Worte, die mir vor Augen führen, was es braucht: ein Nacheinanderfragen, ein Aufeinanderhören, ein Miteinandersuchen.
Das ist etwas, das ich auch mit Gottes Wort verbinde. Einem Wort, das eine Leuchte meinen Füßen und Licht auf meinem Weg ist. Worte, deretwegen ich mich vielleicht auch erst auf den Weg mache. In den Gedichten von Samuel Mago finde ich ebenso solche Worte. Ich finde sie beim Stöbern durch die Regale meiner Bücherei. Und so wird die Bücherei für mich zu einem Ort, der wichtig ist für meinen Glauben, zu einem Glaubensort
Freitag, 22.03.2024: Der Markt
Glaube braucht Glaubensorte. Ein solcher Glaubensort ist für mich mein Wochenmarkt. Heute ist es endlich wieder so weit. Heute ist wieder Freitag. Heute kann ich endlich wieder auf meinen Wochenmarkt gehen. Als erstes geht es zum Bäcker: Frisches Brot holen. Und etwas Süßes. Mein Favorit: Der gedeckte Apfelkuchen.
Mein Weg führt mich am Ende immer zum Stand mit der Rote Bete-Suppe und den gefüllten Teigtaschen. Sie bilden jeden Freitag den kulinarischen Höhepunkt meiner Woche. Ich freue mich jede Woche auf den Markt. Ich freue mich nicht nur auf die Rote Bete Suppe und die gefüllten Teigtaschen, ich freue mich auch auf die kurzen Gespräche am Stand.
Ich weiß, dass jedes Gespräch am Stand natürlich auch Kundenpflege ist - und trotzdem freue ich mich auf diese kleinen Plaudereien. Und manchmal kommt es zu Gesprächen mit denen, die dort ebenfalls einkaufen und essen. Es ist manchmal alles andere als oberflächliches Geplänkel. Schnell geht es um finanzielle Sorgen, um Ärger mit der Wohnung, um den letzten Besuch bei der Ärztin oder im Krankenhaus, über das, was uns hier und da weitergeholfen und getragen hat.
Es sind diese Gespräche, diese kleinen Begegnungen zwischendurch, für die ich gerne zu unserem Markt gehe. Ich lerne dabei Menschen kennen, die meist im selben Stadtteil, manchmal bei mir um die Ecke wohnen. Im Laufe der Woche sehe ich das ein oder andere Gesicht wieder. Der Markt ist ein Ort, der mir den Ort, an dem ich lebe, vertrauter werden lässt.
In der Bibel ist genau das die große Hoffnung für die Zukunft: Dass Menschen zusammenkommen. Aus Nord und Süd, aus Ost und West. Versammelt werden an einen Tisch. Wenn ich danach suche, wo diese Hoffnung Hand und Fuß bekommt, dann denke ich an meinen Markt um die Ecke.
An die Tische, an denen Woche für Woche Menschen zusammenkommen, sich austauschen und kennenlernen. Es braucht solche Orte der Begegnung. Auch mein Glaube braucht solche Orte. Orte der Begegnung, die mich an die Hoffnung erinnern, von der mein Glaube lebt. Und so ist der Markt für mich zu einem ganz alltäglichen Glaubensort geworden.