Montag, 21.10.2024: Kleine Gefühle

Der Leipziger Psychologe, Hans Christina Biller hat ein Buch geschrieben, kleine Gefühle heißt es, und darin erfindet er Wörter. Unsere deutsche Sprache bietet sich ja regelrecht dafür an. Im Unterschied zu anderen Sprachen kennen wir das zusammengesetzte Substantiv. Das geht ganz leicht.

Guido Erbrich, Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR. 2 min
Bildrechte: Michael Baudisch
2 min

gesprochen von Guido Erbrich

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mo 21.10.2024 05:45Uhr 02:13 min

Audio herunterladen [MP3 | 2 MB | 128 kbit/s] Audio herunterladen [MP4 | 4,1 MB | AAC | 256 kbit/s] https://www.mdr.de/sachsenradio/podcast/wort/audio-2772368.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Wir hängen fröhlich Begriff an Begriff und machen ein Wort draus. Auto Autoschrott Autoschrottpresse Autoschrottpressenmonteur Autorschrottpressenmonteurshandschuhe…Wir können es bis zum Sankt Nimmerleinstag damit treiben und wahnsinnig lange sinnvolle neue Worte bilden.

Aber um die Länge geht es Biller nicht. Er beschreibt mit kleinen zusammengesetzten Substantiven kleine Gefühle, für die es erst mal keine Worte gibt. Aber wenn man sein neues Wort hört, weiß man sofort, was gemeint ist.

Aufstehtrotz, Ichlichkeit, Reststolz heißen die dann beispielsweise. Mein Lieblingswort aus dem Buch ist Wutseligkeit. ein herrliches Wort. Es beschreibt Menschen, die ihre Wut brauchen, die wütend sein wollen - wütend auf andere, wütend auf die Gesellschaft, die Politik und denen scheinbar etwas fehlt, wenn sie nicht dampfend, wie eine Lokomotive durch die Gegend rauschen können. Wutseligkeit, die Freude des sich Aufregens.

Das Problem, meist ist Wutseligkeit destruktiv. Sie reduziert das Leben auf die angeblichen Aufreger und es bleibt wenig Platz, für das was gelingt. Dumm ist, die Aufreger haben den höheren Aufmerksamkeitswert. Was gut läuft, ist in der Regel langweilig zu erzählen.

Wut und Aufregung dagegen stecken an. Schnell machen sie einen selbst wütend, oft auch dann, wenn man die Zusammenhänge gar nicht kennt. Es gibt Meinungsmacher, die machen sich dieses Phänomen zu nutzen und versuchen überall die Emotionen hochzujagen. Da ist "Wutseligkeit" ein schönes Wort, dass uns wieder auf den Teppich zurückholen kann.

Wer weitere kleine erhellende Wörter sucht, sollte mal in das Buch "Kleine Gefühle" von Hans Christian Biller schauen. Vielleicht findet er, oder sie dabei eine "Wortklangfreude" mit humorreichem "Weisheitsfaktor".

Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche:

Kurzvita Mira Körlin

Mira Körlin

Geboren am 01.10.1976 in Dresden | 1995 Abitur | 1995-1996 freiwilliges Soziales Jahr in Zwickau | 1996-2002 Studium der Germanistik, Literaturwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Ev. Theologie an der TU Dresden | 2002-2003 Pressereferentin in der Sächsischen Staatskanzlei | seit 2003 Referentin für Öffentlichkeitsarbeit für die beiden Dresdner Kirchenbezirke | verheiratet, zwei Kinder

Kurzbiografie Guido Erbrich | Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR

Guido Erbrich | Senderbeauftragter der katholischen Kirche beim MDR

geboren 1964 | Ausbildung zum Tontechniker | Arbeit beim Sender Leipzig | Studium der Theologie und Philosophie in Erfurt, Prag und New Orleans | Seit 1996 Referent im Bistum Dresden-Meißen | Leiter des "Roncalli Hauses" Heim-Volkshochschule und die Erwachsenenbildungsstätte des Bistum Magdeburg | Senderbeauftragte der katholischen Kirche beim Mitteldeutschen Rundfunk

Verantwortlich für Verkündigungssendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie das Wort zum Tag...

... sind die Senderbeauftragten der evangelischen Landeskirchen, der evangelischen Freikirchen bzw. der römisch-katholischen Kirche.