Donnerstag, 29.06.2023: Beten
Not lehrt beten, sagt ein Sprichwort. In der Tat ist es so, dass negative Ereignisse dazu führen, dass viele Menschen stärker als gewohnt Hoffnung in geistlichen Quellen suchen. Und dieses und jenes ins Gebet nehmen, im wahrsten Wortsinn. Manche Menschen beten täglich und haben dafür Rituale. Zum Tagesbeginn und am Abend, vor dem Essen oder auf dem Weg zur Arbeit. Andere beten bei Bedarf, und wieder andere können nicht beten, wie sie sagen.
Ich bin mir nicht sicher, ob Beten immer mit einem besonderen Ritus einhergehen muss. Also mit gefalteten Händen nach Dürers Entwurf, mit gesenktem Haupt und geschlossenen Augen. Oder ob "Gebet" nicht eher eine innere Ausrichtung meint.
Die muss dann vielleicht gar nicht immer in besonderen Körperhaltungen sichtbar sein, sondern ist ein immerwährender Prozess. Ist die lebensbegleitende Frage "Was würde Jesus tun" nicht auch der Aufruf, immerfort den Kontakt mit Gott zu halten und somit im Gespräch mit ihm zu sein? Nichts anders meint aus meiner Sicht das Beten. Dabei kann die rituelle Gebetspraxis sehr unterschiedlich sein.
Manchmal stehe ich aufrecht und aufrichtig, Gott gegenüber auf Augenhöhe als Ebenbild, von ihm geliebt. Manchmal strecke ich die Arme aus, hoch und weit dem Himmel zu, zum Gott des Heils, dem Heiligen. Manchmal gehe ich auf die Knie, beuge mich vorm Höchsten in Demut, Dank und Furcht.
Manchmal forme ich Finger zur Schale, bringe, was mich belastet und komme erfüllt zurück. Manchmal lasse ich die Hände offen als würden sie segnen; alles und alle, an die ich dabei denke. Manchmal sitze ich und höre auf die Stille, den Wind, die Worte und was die Eine mir sagt.
Manchmal ruhen meine Arme in anderen, kommen Fremde zueinander, werden Gemeinschaft, Gemeinde und eins vor dir, mein Gott. Wie ich glaube.