Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN vom 26.07.-01.07.
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Diakon Tobias Petzoldt aus Dresden.
Sonntag, 02.07.2023:
Sonnabend, 01.07.2023: Klosterzeit
Manchmal gehe ich für eine Auszeit an besondere Orte. Wenn ich wieder komme, fragen mich dann manche: "Und, wie war's im Kloster?" Die Antwort darauf fällt mir dann gar nicht so leicht. Ein Aufenthalt zur Einkehr ist ja weniger mit sichtbaren Ereignissen oder Ergebnissen verbunden, sondern dient allein der Besinnung. Was dabei "innen" passiert, lässt sich schwer in allgemein nachvollziehbare Worte bringen - und geht im Grunde auch keinen etwas an. Dennoch ist die Faszination für solcherlei Aktivitäten spürbar und die Fragen sind mit echtem Interesse verbunden.
Zu festgelegten Zeiten im Jahr versuche ich, mich ein paar Tage aus dem Alltagsgeschäft herauszunehmen. Dabei muss dann gar nichts herauskommen, nur hinein. Bei diesem "Urlaub mit Gott" geht es allein darum, Gott zu gehören und auf Gott zu hören. Ich tauche ein in die Stille, in den Geist, ins Gebet. Ich tauche ab ins Ewige, Bleibende, Beständige. Ich schwimme mit in frist-freien Fragen, Worten, Tönen. Und tauche schließlich wieder auf, gereinigt, erfrischt und klar.
Solch eine Klosterzeit tut für alle Aufgaben, anstehende Entscheidungen und den eigenen Glauben unglaublich gut. Ganz gleich, ob in einem Besinnungshaus oder in der Natur, ob allein oder in einer Gruppe, ob einen Tag lang oder eine Woche. Sicher gilt es, dafür vorher einiges umzuorganisieren und Anderen für diesen Zeitraum eventuell mehr zuzumuten. Aber ist es nicht besser, die Seele zu stärken, bevor sie erkrankt und man unkontrolliert ausfällt? Ruhe, Reinheit und Rhythmus lassen sich für mich in einer solchen Auszeit neu finden. Denn im Kloster war's gut
Freitag, 30.06.2023: Scheitern
Vor einigen Wochen fand der Deutsche Evangelische Kirchentag in Nürnberg statt. Für Freunde von christlichen Großereignissen ist der Kirchentag, der in der Regel aller zwei Jahre in einer deutschen Großstadt stattfindet, ein echtes Glaubensfest. Menschen laufen mit bunten Schals durch die Stadt. Und über den ganzen Ort verteilen sich Veranstaltungsorte für Kultur, Bildung und Gottesdienste. Manchmal singen die Leute sogar in der Straßenbahn gemeinsam christliche Lieder, das gibt es ja auch nicht so oft. Manche meinen vielleicht: Gott sei Dank.
Auch ich war in Nürnberg mit dabei und bin mit vielen guten Begegnungen, Impulsen und Eindrücken zurückgekehrt. Besonders beeindruckt hat mich eine sogenannte Nacht des Scheiterns. Dort haben Menschen über Niederlagen in ihrem Leben gesprochen - und wie sie damit umgegangen sind. Auf der Bühne standen dafür eine prominente Politikerin, ein Künstler, ein Pfarrer und ein Bundesligamanager. In einer sehr gut gefüllten Kirche wurden beeindruckend ehrlich eigene Tiefpunkte thematisiert - und was sich daraus lernen lässt. Ich hatte mit meiner Band die Musik dazu gemacht und war sehr gerührt, wie ehrlich Menschen in der Öffentlichkeit das aussprechen, über das niemand gern spricht: Die eigenen Niederlagen.
Dabei gehören die genauso wie die kleinen und großen Erfolge und Freuden zu unserem Leben dazu. Es ist gut, dass der Kirchentag dafür einen Raum geboten hat. Und es bleibt der Wunsch, dass eine Kirche immer und überall der richtige Raum ist, in dem die Hoch-Zeiten und Tiefpunkte unseres Lebens vorkommen können. Und dass wir den Mut haben, uns auch unser Scheitern ehrlich einzugestehen. Ohne Scham, ohne etwas schönreden zu müssen, ohne daran zu zerbrechen. Das wünsche ich mir, um Gottes Willen.