EinblickeBilder: Die jüdische Gemeinde in Dessau auf dem Weg zur neuen Synagoge
Mit dem Neubau in Dessau sollte in Sachsen-Anhalt die erste Synagoge nach dem Zweiten Weltkrieg entstehen. Der Entwurf soll nach den Worten des Frankfurter Architekten Alfred Jacoby an eine Tora-Rolle erinnern: "Man geht in einen Raum hinein, der einen mit dem umhüllt, was den Glauben ausmacht." Jacoby ist selbst Jude und hat bereits zehn jüdische Gotteshäuser entworfen, darunter auch die Neue Synagoge in Chemnitz.Bildrechte: Architekturbüro Alfred Jacoby
Dessau ist stolz auf seine Bauhaus-Bauten, sie sind Weltkulturerbe. Einst prägte auch die Synagoge das Bild der Stadt – wenn auch nur für 30 Jahre. 1908 bekam die jüdische Gemeinde nach mehreren kleineren Vorgängerbauten ein repräsentatives Gotteshaus. In der Pogromnacht vom 9. November 1938 wurde sie zerstört. In der Tagespresse waren damals die Namen aller in Dessau und Roßlau lebenden Juden veröffentlicht worden. Daraufhin wurden deren Wohnungen und Geschäfte geplündert. Am Ende stand die Synagoge in Flammen.Bildrechte: Stadt Dessau
Beim Neubau kam es zu Verzögerungen. Eigentlich sollte die Synagoge Anfang 2022 fertig sein. Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte bei der Grundsteinlegung im November 2019: "Wir wollen jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt." Direkt neben dem Standort der neuen Synagoge befindet sich das Gemeindehaus, das ebenfalls ausgebaut werden sollte.Bildrechte: MDR / Martin Krause
In der neuen Weill-Synagoge sind 90 Plätze vorgesehen, 60 für Männer und 30 für Frauen. Der Name erinnert an den Vater des später berühmten Komponisten Kurt Weill (1900-1950). Albert Weill (1867-1950) war von 1898 bis 1920 Kantor der jüdischen Gemeinde in Dessau, die damals rund 600 Mitglieder hatten, heute sind es 260.Bildrechte: MDR/Grit Lichtblau
2015 ließ die Kurt-Weill-Gesellschaft eine erste Studie für einen Neubau in Auftrag geben. Jetzt, 85 Jahre nach der Zerstörung eröffnet der Neubau, der laut Gemeindeverwalter Aron Russ (l.) keine Festung sein soll, sondern offen und einladend und lichtdurchflutet.Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Die Dessauer Synagoge steht im Stadtzentrum, etwa 300 Meter vom Rathaus entfernt. Auf der kupfernen Verkleidung am Eingang steht ein Spruch des Proheten Jesaja auf Hebräisch und Deutsch: "Denn mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker genannt werden." Als Symbol des Schutzes ließ der Architekt ins Dach ein Fenster in Form eines David-Sterns ein.Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Vor dem Gemeindehaus in Dessau erinnert eine Steinsäule an die Alte Synagoge und an die Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Dessau, die dem Naziterror von 1933 bis 1945 zum Opfer fielen, so die Inschrift. Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Mit dem Neubau in Dessau sollte in Sachsen-Anhalt die erste Synagoge nach dem Zweiten Weltkrieg entstehen. Der Entwurf soll nach den Worten des Frankfurter Architekten Alfred Jacoby an eine Tora-Rolle erinnern: "Man geht in einen Raum hinein, der einen mit dem umhüllt, was den Glauben ausmacht." Jacoby ist selbst Jude und hat bereits zehn jüdische Gotteshäuser entworfen, darunter auch die Neue Synagoge in Chemnitz.Bildrechte: Architekturbüro Alfred Jacoby
Seit 1994 gibt es wieder eine jüdische Gemeinde in Dessau, die von Zuwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion gegründet wurde. Bis zur Eröffnung des Neubaus feierte sie die Gottesdienste im benachbarten, denkmalgeschützten Rabbinerhaus. Alexander Wassermann, Vorsitzender der orthodoxen jüdischen Gemeinde in Dessau, zeigt den Toraschrein: "Eine Tora haben wir 1998 in Israel gekauft. Die andere ist eine Spende vom Zentralrat der Juden." Die Tora besteht aus den fünf Büchern Mose zur Geschichte des Volkes Israel und wird binnen eines Jahres bei den Gottesdiensten zum Schabbat in der Synagoge gelesen. Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Vor dem Toraschrein befindet sich ein verzierter Samtvorhang, darüber stehen die zehn Gebote. Der Schrein ist nach Osten gerichtet, in Richtung Jerusalem. Er erinnert an die Bundeslade mit den zehn Geboten, die das Volk Israel einst durch die Wüste trug und soll die Gläubigen daran erinnern, dass Gott immer in ihrer Mitte wohnt. Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Die Tora mit den fünf Büchern Mose ist Teil der hebräischen Bibel. Die Torarollen in Dessau bestehen aus Papyrus und sind von Hand mit Tinte beschrieben. "Die Tora ist sehr wertvoll und darf deshalb nicht berührt werden", betont Alexander Wassermann. Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Die Ersatz-Tora besteht aus gewöhnlichem Papier und ist nicht von Hand beschrieben.Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Direkt neben dem Toraschrein steht die Bima. Hier wird die Tora zum Lesen ausgerollt. "Nicht jeder kann die Tora lesen, sie ist in sehr altem Hebräisch geschrieben", erläutert Alexander Wassermann. Jüdische Jungen und Mädchen lernen Hebräisch und werden darauf vorbereitet, beim Erlangen der religiösen Mündigkeit (Bar Mizwa bzw. Bat Mizwa) aus der Tora zu lesen. Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Der Tallit ist ein Gebetsmantel aus weißer Wolle, Baumwolle oder Seide. "Männer tragen den Tallit, wenn beim Morgengebet aus der Tora gelesen wird, mittags und abends tun sie das nicht", erklärt Alexander Wassermann. Das Anlegen des Tallit ist ein Ritual, dass die Konzentration auf das Gebet verstärken soll. Als Zeichen der Ehrfurcht vor Gott muss jeder Mann in einer Synagoge oder auf einem jüdischen Friedhof seinen Kopf bedecken, auch wenn er kein Jude ist. "Sie symbolisiert eine Grenze zwischen Gott und den Menschen", so Alexander Wassermann.Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Für alle sichtbar hängt im Gebetsraum unter dem ewigen Licht eine Trauertafel. "Wenn ein Gemeindemitglied gestorben ist, wird ein Licht angemacht und der Name hier aufgeschrieben", erklärt Alexander Wassermann. Das Licht brenne dann circa eine Woche. So erinnert die Gemeinde an ihre verstorbenen Mitglieder. Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann
Blick in den alten Gebetsraum: "Die Männer sollen sich auf die Tora konzentrieren, nicht auf die Frauen", sagt Alexander Wassermann. Daher würden Männer und Frauen während des Gottesdienstes in der orthodoxen Gemeinde durch einen Vorhang voneinander getrennt. Mechiza ist der Name für diese Art der Absonderung. Bildrechte: MDR/Tom Himmelmann