Völkerrecht Expertinnen: Trumps Sanktionen gegen Strafgerichtshof sind Angriff auf Rechtsordung
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17. Februar 2025, 06:50 Uhr
US-Präsident Trump hat Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) verhängt. Vor allem dessen Haftbefehl gegen Israels Premier Benjamin Netanjahu hatte Trump verärgert. Ein MDR-AKTUELL-Hörer fragt, welche Auswirkungen die Sanktionen auf den Gerichtshof haben und auf die Länder, die ihn ratifiziert haben. Expertinnen meinen, schwerwiegender als die eigentlichen Sanktionen sei das Symbol.
- US-Sanktionen nicht der erste Angriff auf den Internationalen Strafgerichtshof
- Völkerrechtlerin hält Haftbefehl gegen Netanjahu für stimmig
- Exprtinnen fordern klares Bekenntnis der Staatengemeinschaft zum IStGH
Auf den ersten Blick sind die Folgen überschaubar. Donald Trump hat Einreiseverbote verhängt – gegen Mitarbeiter des Gerichts, Unterstützer und deren Familienangehörige. Außerdem ließ er ihre Vermögen in den USA einfrieren und untersagte Geschäfte mit ihnen. Das dürfte viele Gerichtsmitarbeiter gar nicht betreffen, vermuten Experten, zumal die Sanktionen absehbar gewesen seien.
Amnesty International sieht Ansehen und Vertrauen untergraben
Doch wichtiger sei der symbolische Charakter, der Diplomaten, Völkerrechtler und Menschenrechtler erschüttere, auch Paula Zimmermann von Amnesty International: "Es untergräbt die internationale Rechtsordnung; das Ansehen und nicht nur die Handlungsfähigkeit des Gerichtshofs an sich, sondern das Vertrauen in eine internationale Rechtsordnung."
Im US-Kongress waren die Sanktionen kürzlich noch gescheitert, am Veto der Demokraten. Deshalb hatte sie Trump nun per Dekret durchgesetzt. Auch Stefanie Bock, Professorin für Internationales Strafrecht in Marburg sagt, sie mache die Entwicklung betroffen. Es sei auch nicht der erste Angriff der USA auf den Gerichtshof: "Den letzten Höhepunkt hatten wir, als die damalige Chefanklägerin Fatou Bensouda angekündigt hatte, in Afghanistan auch gegen US-amerikanische Staatsangehörige ermitteln zu wollen. Und jetzt ist der neue Aufhänger eben der Haftbefehl gegen Netanyahu. Die USA meinen, sich da uneingeschränkt auf die Seite Israels stellen zu müssen und sehen den Haftbefehl als Affront."
Völkerrechtlerin: Haftbefehl gegen Netanjahu war stimmig
Trump wirft dem Strafgerichtshof Machtmissbrauch vor, im Zusammenhang mit dem Gazakrieg. Doch dass das Gericht gegen Israels Premier Netanjahu Haftbefehl erlassen hat, hält Völkerrechtlerin Bock für stimmig. Es sei zuständig und auch nach wie vor handlungsfähig. Die Auswirkungen der Sanktionen auf die Vertragsstaaten des Gerichts werden sich daher wohl vor allem auf diplomatischem Parkett zeigen, denken die Expertinnen. Denn wichtig sei nun Unterstützung, fordert Paula Zimmermann von Amnesty International.
Klares Bekenntnis zum Strafgerichtshof gefordert
Sie sagt: "Es braucht jetzt ein starkes und eindeutiges Bekenntnis. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass der Gerichtshof erpressbar ist. Und deshalb müssen sich alle anderen Mitgliedsstaaten wie auch die Zivilgesellschaft an seine Seite stellen. Die Bundesregierung muss für den Erhalt und [die] Funktionsfähigkeit einstehen."
Tatsächlich stehe im Völkerrecht aktuell viel auf dem Spiel, gibt Professorin Stefanie Bock zu bedenken: "Es ist, glaube ich, ganz klar, dass das Völkerrecht und das Völkerstrafrecht spätestens seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vor einer Bewährungsprobe stehen und dass wirklich infrage steht: 'Wollen wir das noch, ist das die Weltordnung, die wir wollen?' Und ich würde doch sehr hoffen, dass es die ist. Dass wir sagen wollen, wir möchten in einer Welt leben in der das Recht den mächtigen Staaten Grenzen setzt."
Den Internationalen Strafgerichtshof gibt es seit 23 Jahren. 125 Staaten haben das Statut unterzeichnet, nicht jedoch Israel, China, Indien, die Vereinigten Staaten, Russland und die Türkei. Israel, so schrieb der britische Guardian, soll den Gerichtshof sogar seit Jahren ausspionieren.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. Februar 2025 | 06:21 Uhr