Drohender Personalausfall Wechseljahre am Arbeitsplatz: So gehen britische Firmen damit um

13. August 2023, 05:00 Uhr

Ein Tabuthema rückt immer mehr in die Öffentlichkeit: Eine britische Studie hat sich mit den Auswirkungen von Wechseljahresbeschwerden auf die Arbeitsfähigkeit beschäftigt. 99 Prozent der Befragten gaben an, dass sich die Beschwerden negativ auf ihren Beruf auswirken. 42 Prozent der Frauen spielen mit dem Gedanken, beruflich kürzer zu treten oder ganz auszusteigen. Die Unternehmen sind alarmiert. In Zeiten des Fachkräftemangels werden die Wechseljahre nun zum gesellschaftlichen Problem.

Wechseljahre – da muss Frau durch, ist ja keine Krankheit. So oder ähnlich war die landläufige Meinung auch in Großbritannien. Dass es für viele Frauen nicht mit ein paar kleinen Hitzewallungen getan ist, hat Melanie Porter erlebt. Sie zählt ihre Symptome auf: "Angstzustände, Nachtschweiß, Hitzewallungen, aber auch Gedächtnisverlust, was ich gar nicht mit der Menopause in Verbindung gebracht habe, ich dachte einfach nur, ich werde immer schlechter in meinem Job."

Melanie ist Buchhalterin. Konzentrationsprobleme und ein schlechtes Gedächtnis kann man da nicht brauchen. Melanie dachte ans Aufhören – wie ein großer Prozentsatz berufstätiger Frauen in der Menopause. Auf diese Frauen kann und will man in Großbritannien allerdings nicht verzichten.

Knapp ein Drittel der Unternehmen hat Richtlinien für Frauen in den Wechseljahren

Der Verband der Personalfachleute, CIPD, hat sich das Thema schon vor ein paar Jahren auf die Fahnen geschrieben. Rachel Suff ist bei dem Verband von Anfang an dafür mitverantwortlich und hat zum Wandel beigetragen: "Es war ein Tabu-Thema am Arbeitsplatz, jetzt haben ca. 30 Prozent der Firmen in Großbritannien Richtlinien für Frauen in den Wechseljahren. Es sind zwar immer noch viele, die das nicht haben, aber es ist schon viel passiert. Wir haben mit vielen Organisationen gearbeitet, mit der Wissenschaft, mit den Parlamentariern, wir haben Richtlinien für unsere Mitglieder entwickelt, die kann man im Internet finden kann."

Auf der Website des Verbands gibt es eine Art Wissensspeicher für Personalfachleute: Infos zu Symptomen in den Wechseljahren, wie sich das am Arbeitsplatz äußert, was man tun kann. Daneben bietet man Hilfe an, wie man Richtlinien für die jeweilige Firma entwickelt und umsetzt. Denn eine leichte Aufgabe ist das für die Personaler nicht.

"Die Beschwerden können total unterschiedlich sein, es gibt ja über 30 verschiedene Symptome, manche sind häufiger als andere. Wozu wir aufrufen ist, dass die Firmen und deren Vorgesetzte einen individuellen Ansatz wählen, also erstmal Gespräche mit den Betroffenen führen, wie die jeweiligen Symptome bei den Personen deren Arbeit beeinflussen und dann besprechen, welche Änderungen sinnvoll sind, sagt Rachel Suff. Man wisse zum Beispiel, dass eines der häufigsten Symptome Schlafprobleme sind, und dass dann die Flexibilität bei der Arbeit am hilfreichsten ist. "Und das sollte man ganz pragmatisch angehen, also vielleicht kurzfristig die Arbeitszeit anpassen. Das geht natürlich nicht überall, aber wo es geht, ist das natürlich sehr hilfreich, mit Schlafproblemen umzugehen."

Diskussion über Menopause im Parlament angekommen

Auch im Parlament ist die Diskussion über die Menopause am Arbeitsplatz angekommen – es gibt dazu Anhörungen, Debatten und Arbeitsgruppen. Und in diesem Jahr wurde von der Regierung erstmals der Titel "Menopause Employment Champion" verliehen – die Preisträgerin, Helen Tomlinson von Adecco, arbeitet mit dem Verband CIPD zusammen.

Wie wichtig es für Frauen ist, auf Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz einzugehen, zeigen Zahlen einer repräsentativen Umfrage von CIPD: 48 Prozent der Befragten finden, dass flexibles Arbeiten dafür sorgt, mit den Beschwerden besser umzugehen. Eine Verbesserung ihrer Situation durch hybrides Arbeiten sehen sogar 76 Prozent. Für viele der vier Millionen Frauen zwischen 45 und 55, die im Vereinigten Königreich berufstätig sind, sieht es auf jeden Fall so aus, als ob es während ihrer Wechseljahre nun mehr Rücksicht auf ihre Beschwerden und Bedürfnisse gibt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. August 2023 | 06:00 Uhr

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