Thüringen Kommunalwahlen: Wie entscheidend sind Landes- und Bundespolitik?
Hauptinhalt
23. April 2024, 07:38 Uhr
Am 26. Mai stehen in Thüringen Kommunalwahlen an. Wie entscheidend sind dabei Landes- und Bundespolitik? Und was können die Bürger tun, um in ihrer Kommune mitzubestimmen? Das diskutierten am Montagabend die Gäste beim MDR-Bürgertalk "Fakt ist! aus Erfurt". Dabei gingen die Meinungen der Gäste teilweise stark auseinander.
Was entscheiden Bund, Land und was wird eigentlich noch auf kommunaler Ebene entschieden? Für viele Menschen in Mitteldeutschland ist diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von MDRfragt, dem Meinungsbarometer für Mitteldeutschland unter fast 25.000 MDRfragt-Teilnehmern.
Demnach fühlen sich sechs von zehn Befragten schlecht darüber informiert, was genau Gemeinde- und Stadträte und was die Kreistage entscheiden. Diese Unsicherheit wurde auch bei einigen Zuschauern im Studio am Montagabend bei "Fakt ist! aus Erfurt" zum Thema "Versprechen und Parolen - was in Kommunen entschieden wird" deutlich.
Zu wenig Entscheidungsbefugnisse auf kommunaler Ebene?
So zum Beispiel bei Andreas Straubel aus Dienstädt im Saale-Holzland-Kreis: Er monierte, dass Städte- und Gemeinderäte gar keine Entscheidungsbefugnis hätten. Daher brauche man sie nicht. Auch Zuschauerin Martina Ehrhardt aus Eberstedt im Weimarer Land brachte ihre Kritik knapp auf den Punkt: "Man merkt, dass vieles aus der Bundespolitik nicht umgesetzt werden kann, gerade auf dem Land nicht." Die Rahmenbedingungen dafür würden aber in Brüssel und Berlin gemacht, nicht in Eberstedt.
Auch Michael Brychcy (CDU), Bürgermeister der Stadt Waltershausen im Landkreis Gotha, machte in der Sendung keinen Hehl daraus, dass er nicht immer glücklich mit den Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene sei, es aber trotzdem natürlich eine Grundordnung brauche.
Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (BSW) wiederum sagte, die Kommunen hätten beispielsweise über ihren Haushalt schon Möglichkeiten gewisse Schwerpunkte zu setzen und so das Umfeld der Bürgerinnen und Bürger mitzugestalten. Es sei unehrlich so zu tun, als könne man als Kommunalpolitiker auf Bundespolitische Themen Einfluss nehmen. Es läge in der Verantwortung der Politiker, das dem Wähler gegenüber deutlich zu machen. Dazu zähle auch aufzuzeigen, wo Bürgerinnen und Bürger sich in kommunalen Entscheidungen einbringen können, so Wolf weiter.
Politiker und Bürger müssen ins Gespräch kommen
Hans-Jürgen Kärst aus Erfurt zeigte sich dagegen eher unzufrieden mit den handelnden Vertretern der Kommunalpolitik vor Ort. Bei den anstehenden Kommunalwahlen sähe er zwar derzeit die aufgehängten Plakate, wisse aber nicht, welche Menschen hinter den Namen stecken. Was er aber sehr wohl sehe, sei die marode Infrastruktur in seiner Stadt. Er wünscht sich, dass die Politik wieder mehr auf ihn zukommt und ihm ihr Vorgehen erklärt.
Dem pflichtete auch der Sonneberger Landrat Robert Sesselmann (AfD) bei. Er versuche im Gespräch mit den Bürgermeistern vor Ort bei Bürgerdialogen gemeinsam die Themen seines Landkreises anzugehen, egal in welcher Partei sie sind. Ähnlich sah das auch Michael Brychcy: "Die Leute wollen, dass wir Probleme lösen, da ist es egal von welcher Partei man ist."
Die Leute wollen dass wir Probleme lösen, da ist es egal von welcher Partei man ist.
Parteizugehörigkeit auf kommunaler Ebene weniger wichtig
Auch Politikwissenschaftler Benjamin Höhne von der Technischen Universität Chemnitz betonte, dass gerade auf kommunaler Ebene der Parteipolitisierungsgrad geringer sei als auf Landes- oder Bundesebene. Höhne meint damit, dass auf kommunaler Ebene weniger wichtig ist von welcher Partei ein Vorschlag kommt, sondern eher, was dieser beinhaltet. Daher spielten Parteizugehörigkeiten für die Wählerinnen und Wähler auch weniger eine Rolle.
Nichtsdestotrotz betonte Höhne, dass parteipolitische Zusammenarbeit auch auf kommunaler Ebene wichtig sei. Dem widersprach Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf: "Auf kommunaler Ebene zählt die Macht des Arguments, aber keine Koalitionen, sondern nur Mehrheiten."
Auf kommunaler Ebene zählt die Macht des Arguments, aber keine Koalitionen, sondern nur Mehrheiten.
Kommunalpolitik geht nicht ohne Engagement der Bürger
Dass man als Bürger nicht immer nur auf die Politik schimpfen dürfe, sondern sich auch selbst einbringen müsse, dafür plädierte eine Zuschauerin aus Erfurt. Sie sagte: "Es wäre toll, wenn wir selbst alle etwas aktiver auf unsere Vertreter zugehen würden." Dem stimmte auch Anja Hense aus Weimar zu. Sie war einige Jahre als Mitarbeiterin für die FDP-Stadtratsfraktion tätig und bemängelte, dass viele Bürger gar nicht den Austausch mit Politikern suchten.
Wenn man nicht erfährt, wo der Schuh drückt, dann kann man nichts verändern im Sinne der Bürger.
Mit der Feuerwehr-Liste in den Eichenberger Gemeinderat
Dem schloss sich auch Sebastian Schneider, Bürgermeister der 350-Einwohner-Gemeinde Eichenberg im Saale-Holzland-Kreis an. Er berichtete über die Liste der örtlichen Feuerwehr, die in seinem Ort bei den Kommunalwahlen gewählt werden kann, wo sich Menschen jedweder politischen Couleur für den Gemeinderat haben aufstellen lassen. Eben weil die Anzahl der Wählerinnen und Wähler in seinem Ort gering sei. Trotzdem freute er sich, dass sich mehr Menschen zur Wahl haben aufstellen lassen, als es Plätze zu vergeben gibt. Damit haben seine Bürger auch eine echte Wahl, sagte er.
Politikwissenschaftler Höhne: Personen und Themen genau anschauen
Auch Politikwissenschaftler Benjamin Höhne betonte, dass moderne Politik Bürger beteilige und er empfahl allen Wählerinnen und Wählern, sich "die Themen und Parteien anzuschauen, mit denen da in die Wahl gegangen wird."
MDR (jw)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Fakt ist! aus Erfurt | 22. April 2024 | 22:10 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/24b26e8f-9934-4913-a8a9-41eab7ee79fc was not found on this server.