Tierzucht Schweinehalter in Thüringen beklagen neue Vorschriften

31. August 2023, 19:02 Uhr

Die Schweinehalter in Thüringen kritisieren die neuen Vorschriften für mehr Platz in den Ställen. Die Branche warnt vor einem flächendeckenden Betriebssterben.

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Die Schweinehalter in Thüringen drängen auf praxisnahe und verlässliche Regelungen für ihre Betriebe. Zwei Stunden lang hatte sich der Agrarausschuss des Thüringer Landtags zu diesem Thema am Donnerstag an einem ungewöhnlichen Ort getroffen. Gemeinsam zogen die Abgeordneten und Experten durch die einzelnen Stationen der Tierproduktion in Alkersleben im Ilm-Kreis.

Betriebsleiterin Melanie Große-Vorspohl beklagte die vom Bund geplanten Mindestanforderungen in der Ferkelzucht. Demnach müsse der Mutter-Sau ein Wendekreis von mindestens zwei Metern zur Verfügung stehen. In ihrem Betrieb würde ein entsprechender Umbau aber dazu führen, dass der Tierbestand um bis zu 40 Prozent reduziert werden müsste.

Betriebsleiterin: Staatliche Förderung nötig

Sogar der Neubau eines Stalls sei riskant, weil die dafür nötigen Emissionsschutzregeln noch unklar seien, sagte Große-Vorspohl. Die von der Bundesregierung geplanten Änderungen seien ohne staatliche Förderung nicht zu bezahlen.

Große-Vorspohl warnte vor einem flächendeckenden Betriebssterben. "So wie die aktuelle Gesetzeslage ist, werden wir hier in 30 Jahren keine Schweine mehr in Thüringen halten können", sagte sie. Die Tierproduktion Alkersleben hat zurzeit nach eigenen Angaben rund 5.000 Sauen in ihren Ställen und gehört zu den größten Aufzuchtbetrieben Thüringens.

So wie die aktuelle Gesetzeslage ist, werden wir hier in 30 Jahren keine Schweine mehr in Thüringen halten können.

Genehmigungen für tierwohlgerechte Ställe fehlen

Es gebe zwar eine Arbeitsgruppe, die sogenannte Vollzugshinweise an die Behörden liefern solle, sagte Große-Vorspohl weiter. Diese Hinweise gebe es aber noch nicht, so dass die Behörden auch noch keine Genehmigungen für tierwohlgerechte Ställe erteilen. Die Alkerslebener Betriebschefin verwies auf osteuropäische Länder: Dort werde massiv in die Schweinehaltung investiert, mit dem Ziel, den deutschen Markt zu beliefern.

Agrar- und Umweltministerium uneins über Tierhaltung

Die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses erklärten fraktionsübergreifend, sich für mehr Planungs- und Investitionssicherheit der Thüringer Schweinehalter einsetzen zu wollen. Babette Pfefferlein von den Grünen sagte, bei der Schweinezucht müsse die Wertschöpfung in der Region gehalten werden. Dafür wolle sie auch weiter das Gespräch suchen, sowohl im Landwirtschaftsausschuss als auch in der Bundestagsfraktion der Grünen.

Marcus Malsch von der CDU forderte die Landesregierung auf, mit einer Stimme zu sprechen. Bei der Tierhaltung seien das von der Linken geführte Agrar- und das von den Grünen geführte Umweltministerium zerstritten. Agrarministerin Susanna Karawanskij (Linke) nannte die Forderungen "berechtigt", sieht aber eher die Bundesregierung in der Pflicht, verbindliche Vorgaben zu machen - sowohl für das Tierwohl als auch in Bezug auf die finanzielle Unterstützung der Schweinehalter.

So wie das angedacht ist und so wie da die Weichen gestellt sind, sind da noch große Lücken drin.

Susanna Karawanskij

Die Länder müssten sich hier weiter mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium verständigen. "So wie das angedacht ist und so wie da die Weichen gestellt sind, sind da noch große Lücken drin", so Karawanskij. Die Ministerin will das Thema daher bei der nächsten Agrarministerkonferenz ab 20. September in Kiel auf die Tagesordnung setzen.

Laut Landesamt für Statistik standen im Mai dieses Jahres 615.000 Schweine in Thüringer Ställen. Im November 2014 waren es noch über 200.000 mehr.

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MDR (dvs), epd

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 31. August 2023 | 19:00 Uhr

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