Weltbrottag Alte Getreidesorten in Mode: Thüringer Handwerksbäcker haben mehr als Mischbrot auf Lager

17. Oktober 2024, 05:04 Uhr

Knäckebrot, Toastbrot, Vollkornbrot, Schwarzbrot, Weißbrot, Baguette, Weizen-Mischbrot, Roggen-Mischbrot - die Vielfalt kennt keine Grenzen. Auf etwa 3.000 Sorten schätzt das Deutsche Brotinstitut die Vielfalt auf dem deutschen Markt ein. 66 Kilogramm essen wir Deutschen im Schnitt pro Jahr - sind also eine echte Brotnation. Aber wir essen heute nicht mehr das gleiche wie noch vor 20 oder 30 Jahren.

Das klassische Roggenmischbrot, das unter anderem in Thüringen noch immer 4 von 10 verkauften Broten ausmacht, ist auf dem Rückzug. "Weißmehl wird seltener verwendet, dafür öfter Dinkel", sagt Paul Süpke. "Und auch damit kann man Weißbrot backen", berichtet er. Die Bäckerei Süpke im Sömmerdaer Ortsteil Orlishausen hat 14 Filialen und etwa 60 festangestellte Mitarbeiter. Und bietet zur Zeit etwa 20 Brotsorten an. "Aber nicht alle zu allen Zeiten", sagt Juniorchef Paul Süpke. Wie andere Bäckereien hat auch der Familienbetrieb einen Brotkalender, in dem verzeichnet ist, was es wann gibt. Den als Marke eingetragenen Schwarzen Hamser, ein Brot mit Roggensauerteig, Vollkornschrot und vielen Körnern, gibt es nur Montag, Mittwoch und Freitag.

Viele Menschen hätten in der Corona-Zeit selbst gebacken und gutes Brot wieder schätzen gelernt, sagt Süpke. "Und davon profitieren Bäcker jetzt." Den Trend weg vom Weizenmehl bestätigt Mario Gräfe, Chef der Konditorei aus Eisenberg. Auch er hat etwa 20 Sorten Brot im Programm, die an insgesamt neun Standorten in Ostthüringen verkauft werden. Dinkel, Einkorn oder Hanfsamen seien gefragter - und lägen auch ernährungsphysiologisch im Trend. Wegen mehr Eiweiß oder mehr Ballaststoffen und weniger Unverträglichkeiten. Und gute Bäcker probierten auch gerne etwas neues aus. "Und man freut sich ja, wenn's angenommen wird", sagt Gräfe.

Keine Schulbrote - weniger Brot gefragt

Bäckereien würden heute zudem oft effektiver arbeiten als früher - schlauer Software sei dank. "Die hilft uns bei den Erwartungen, wie viel an welchem Tag gebraucht wird." Denn schließlich solle möglichst wenig in der Tonne landen - und moderne Programme würden mit immer neuen Verkaufsdaten gefüttert. "Wir merken aber auch ganz einfache Sachen. Zum Beispiel sinkt die Nachfrage, wenn in den Ferien keine Schulbrote geschmiert werden", berichtet Süpke.

Und wenn doch was übrig bleibt, wird es entweder gespendet oder wiederverwertet. "80 Prozent vom Geschmack kommen aus der Kruste", sagt Süpke. Übriggebliebenes Mischbrot wird getrocknet, geschreddert und einem neuen Teig zugegeben - und gibt dem dann mehr Geschmack. Auf dem Rückzug seien derweil Backmischungen, die auch bei einigen Handwerksbäckern nach der Wende in Mode waren. "Zum Beispiel gab es ein Nordländer-Brot, das dann aber viele Bäcker im Programm hatten und überall gleich war", sagt Süpke. Die Sömmerdaer Bäckerei hingegen setze stärker auf eigene Rezepte und teilweise sogar eingetragene Marken wie den Schwarzen Hamster.

Energie billiger - Personal, Butter, Sultaninen und Kakao deutlich teurer

Beide Bäcker sagten, Preise hätten sich aktuell halbwegs stabilisiert. Die Energiepreise einerseits seien gegenüber dem hohen Niveau aus dem Jahr 2022 zurückgegangen. "Aber die Personalkosten sind gestiegen", bestätigt Gräfe. Steige der Mindestlohn, wollten auch die höheren Gehaltsgruppen mehr verdienen. Und für Mitarbeiter gingen 50 Prozent des Umsatzes drauf. "Die finanzielle Lage ist stabil, aber angespannt", sagt der Chef des Eisenberger Betriebs. Nötige Investitionen würden häufig aufgeschoben. "Dann muss der Ofen eben noch ein Jahr länger laufen."

Spürbar aber seien derzeit Kakao und Schokolade, Butter und Olivenöl im Preis gestiegen. "Regelrecht explodiert", sagt Süpke. Butter habe sich verdoppelt - auch im Supermarkt spüren Verbraucher das mit Preisen von teilweise deutlich mehr als 3 Euro pro Stück. Und das führt vor allem bei einem anderen beliebten Produkt zu einer Preissteigerung - beim Stollen. "Ich habe hin und her kalkuliert", so Gräfe. Er müsse um 9 Prozent erhöhen, um die höheren Rohstoffkosten aufzufangen - im Stollen sei eben viel Butter. Türkische Rosinen seien ebenfalls deutlich teurer geworden. "Und ich kenne keinen guten Stollenbäcker, der seine Rezeptur deswegen ändert. Die Rezepte sind ja teilweise Jahrhunderte alt." Wenn im November die ersten Stollen bei ihm gekauft werden können, rechnet er mit etwas weniger Nachfrage. "Die Leute nehmen dann vielleicht lieber den etwas kleineren Stollen."

MDR (Florian Giewert)

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN JOURNAL | 16. Oktober 2024 | 19:00 Uhr

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