Weltwassertag Nach Dürre-Sommer und Winter: Wie es um Thüringens Wasservorräte steht

22. März 2023, 12:38 Uhr

Der Regen der ersten Märztage hat Thüringen Entspannung gebracht: Bauern freuen sich über nasse Äcker und hoffen auf ein durchschnittliches Frühjahr. Talsperren-Betreiber sorgen sich nicht um zu wenig Trinkwasser in einem weiteren heißen Sommer. Doch Hydrologen und Klimaforscher warnen: Der Durchschnittswinter 2022/23 hat nicht alle Defizite des letzten Dürresommers ausgeglichen.

Der März bietet jedes Jahr gleich zwei Anlässe, um einen Blick auf die Wasserressourcen zu werfen. Die Meteorologen haben den ersten Tag des Monats zum meteorologischen Frühlingsanfang erklärt. Einfach, weil sich mit diesem festen Datum die Messreihen gut händeln lassen.

An diesem Tag hieß es in diesem Jahr aus dem Thüringer Landesumweltamt, das Grundwasser habe sich an vielen Stellen in Thüringen nach dem Trockensommer 2022 noch nicht wieder erholt. Und der Tenor zur Regenbilanz des vergangenen Winters lautete: durchschnittlich und vielleicht etwas zu trocken.

Normale Füllstände in Thüringer Talsperren

Pünktlich zum Weltwassertag am Mittwoch, 22. März, betrachten Wasserexperten die Ressourcen in Thüringen überwiegend gelassen. Peter Krause als Leiter des Hydrologischen Landesdienstes im Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz findet mit Blick auf die Pegelstände in den Talsperren keinen Grund zur Aufregung: Sie lägen im mittleren Bereich, teilweise auch unter dem Durchschnitt. Die großen Trinkwasser-Speicher Leibis-Lichte und Ohra seien da, wo man sie haben will.

Krause versichert, dass diese Vorräte übers Jahr ausreichen für die Versorgung. Auch dann, wenn sich wieder ein Dürresommer wie 2022 einstellt. Thüringen könne mit seiner komfortablen Zahl an Trinkwasser-Talsperren gut wirtschaften. Deutlich besser als andere Bundesländer, denen Staubecken fehlen.

Flüsse führen ausreichend Wasser

In den drei Wochen seit dem 1. März hat es in vielen Teilen Thüringens ergiebig geregnet. Im Thüringer Wald zum Teil 100 Liter pro Quadratmeter. Peter Krause verweist auf die kleineren Hochwasser, die es in den vergangenen Wochen hier und da gegeben hat. Er nennt sie völlig normal für das Frühjahr.

Die Situation an den Flüssen im Freistaat beschreibt der Hydrologe als "ordentliches Mittelwasser". Heißt übersetzt: Die Durchflüsse liegen im Durchschnitt. Im Einzugsgebiet von Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge und Harz fließe etwas mehr Wasser Richtung Meer. Im Thüringer Becken sei es - so wie gewohnt - etwas weniger.

Intensiver Dürresommer wirkt nach

Beim Thema Grundwasserstände spricht Krause allerdings nicht mehr von Durchschnitt. "Wir gehen mit relativ niedrigen Ständen ins Frühjahr rein", sagt er. Untermauert wird seine knappe Einschätzung durch die Aussagen von Andreas Marx.

Der Leiter des Mitteldeutschen Klimabüros am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Halle-Leipzig verantwortet den Dürremonitor für Deutschland. Der liefert eine taggenaue Übersicht über die Bodenfeuchte in unterschiedlichen Tiefen. Für Marx war der Sommer 2022 nicht einfach nur ein weiterer Dürresommer.

Er sei der Sommer mit der höchsten Dürre-Intensität seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gewesen, so der Klimaforscher. Die Regenfälle der vergangenen Monate seit November seien nicht schlecht gewesen. Doch die tieferen Bodenschichten zwischen 60 Zentimetern und zwei Meter Tiefe habe das Wasser meistens nicht erreicht.

Vor allem in Nordthüringen herrsche in diesen Schichten noch Dürre. Ein Satz, der in den vergangenen Jahren oft geschrieben wurde. Lediglich rund um Jena und im Thüringer Wald sei das Regenwasser auch in diesen Tiefen angekommen, sagt Marx.

Vier von fünf Sommern zu heiß und trocken

"Bei Dürren hoffen wir natürlich immer auf den kommenden Winter. Wenn aber im Sommer sehr viel Wasser aus dem Boden verlorengeht, kann auch ein nasser Winter den Verlust nicht kompensieren", erklärt Marx. Die Daten zeigten, dass das momentan so sei. Auch wenn man sich das angesichts von grauem Himmel, nassem Oberboden und grünen Flächen nur schwer vorstellen könne.

Vier der vergangenen fünf Sommer waren zu heiß und zu trocken. Ein normaler Durchschnittswinter komme gegen die Folgen nicht an. Marx und seine Kollegen hoffen deshalb auf einen Sommer, wie wir ihn 2021 hatten. Nach seiner Einschätzung hat sich damals die anfängliche Bodendürre - ganz gegen den Trend - mit den Regenfällen des Sommers aufgelöst.

Wenig Frost ließ Wasser gut versickern

Den letzten Winter und die Niederschläge der ersten Frühlingswochen 2023 nennt Klimaforscher Marx trotz allem einen guten Start. Die obere Bodenschicht sei bis in 60 Zentimeter Tiefe so gut durchnässt, dass es dort keine großen Probleme mehr gebe.

Geholfen habe, dass der vergangene Winter nur wenige harte Frosttage hatte. Frost etwa bis zehn Zentimeter Tiefe sorge dafür, dass Niederschläge nicht versickern können. Doch die Regenfälle der vergangenen drei Wochen hätten die obere Erdschicht ausreichend befeuchtet.

Bauern verschieben Arbeiten auf Feldern

Die ergiebigen Wassermengen von oben bringen die Bauern ein bisschen in Verzug. Die Böden seien sehr weich und Maschinen sinkten ein, sagt der Referent für Pflanzenbau beim Thüringer Bauernverband, André Rathgeber.

Auf vielen Feldern seien Arbeiten wie das Ausbringen von Mist und Gülle verschoben worden. Ab Mitte März sei es Zeit für die Aussaat der Sommergerste, so Rathgeber. Doch wegen der feuchten Äcker werde sie sich um etwa zwei Wochen verschieben. Ein echtes Problem sei das nicht.

Hoffnung auf moderate Temperaturen

Der Frühlingsregen macht den Bauern Hoffnung. Rathgeber spricht von ausreichend Wasser im Oberboden fast überall in Thüringen. Für Pflanzen, die jetzt wachsen, stehe genug zur Verfügung. Lediglich in der Region zwischen Kölleda (Kreis Sömmerda) und Artern (Kyffhäuserkreis) könne es noch etwas mehr sein.

Aber das sei eine Momentaufnahme. Der Experte für Kulturpflanzen fände es ideal, wenn der März zum Ende hin nicht wärmer wird als zehn Grad. So könnten die Pflanzen langsam wachsen, das Wasser würde ausreichen.

Tiefe Bodenschichten brauchen Landregen

Mit Blick auf das späte Frühjahr und den Frühsommer kommt auch Rathgeber auf die Bodentiefen bis 1,80 Meter zu sprechen. Dafür, wie sich die Feldkulturen hier entwickeln, seien die Ressourcen in diesen Bodenschichten ganz entscheidend. Vor allem dann, wenn es nach diesem März nicht mehr sonderlich viel regnet.

Rund um den Rennsteig, um Hildburghausen, Sonneberg und Bad Salzungen sei das Wasser schon ausreichend tief in den Boden eingesickert. Doch wie so oft hält sich die Dürre der tieferen Schichten besonders hartnäckig im Thüringer Becken, rund um Gera, Greiz und Altenburg. Vor allem hier heißt der Wunsch für die kommenden Monate: Landregen.

Niedrigwasser lässt das Grundwasser abfließen

Das Grundwasser ist nicht ohne Grund das Deutschland-Thema des diesjährigen Weltwassertages. Die Bundesregierung lenkt mit dem Motto "Unser Grundwasser - der unsichtbare Schatz" die Aufmerksamkeit unter anderem auf die Folgen von Dürre in tiefen Bodenschichten.

Wie schnell die sich im Alltag zeigen können, erklärt der Leiter des Hydrologischen Landesdienstes Thüringen, Peter Krause, mit wenigen Worten: In Zeiten mit wenig Regen stütze das Grundwasser die Pegel der Flüsse.

Dann sei das Wasser in den Oberflächengewässern Grundwasser. "Die Folge ist Niedrigwasser in den Flüssen, das sehr schnell fällt", so der Wasserexperte. Und spätestens dann breche sie wieder an - die Zeit der Verbote und Beschränkungen für die Wasserentnahme.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 22. März 2023 | 19:00 Uhr

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