Sterben "Was den Tod angeht, gibt es keine Experten": Erfurter Palliativverband bietet Letzte Hilfe-Kurs an
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13. März 2024, 11:48 Uhr
Über den Tod wird nicht gerne geredet. Ein guter Umgang mit dem Sterben kann aber gelernt werden, sagt der Thüringer Hospiz- und Palliativverband. In Erfurt hat der Verband bei einem Kurs über "Letzte Hilfe" aufgeklärt. Ziel ist ein einfühlsamer und offener Umgang mit etwas ganz Alltäglichem.
Siebzehn Teilnehmer haben sich in dem kleinen Raum im Augustinerkloster in Erfurt versammelt. Es sind weniger als erwartet. Einige Interessierte haben sich wieder abgemeldet, nachdem bekannt wurde, dass auch Presse anwesend sein wird, erzählen die Kursleiterinnen Christine Mosbach und Anja Kuriat.
Aus Angst, vermuten sie. Weil Tod und Trauer noch immer Tabuthemen sind, haben sie sich aber ganz bewusst dafür entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen.
Auch Pfleger mit dabei
Der Letzte-Hilfe-Kurs beginnt mit einer Vorstellungsrunde. Einige Teilnehmer arbeiten als Palliativpfleger im Krankenhaus oder Hospiz. Für ihren alltäglichen Umgang mit dem Tod erhoffen sie sich praktische Tipps von den Kursleiterinnen. Andere versuchen den Verlust eines Nahestehenden zu verarbeiten oder sich darauf vorzubereiten. Wieder andere wollen sich mit ihrem eigenen Lebensende auseinandersetzen.
Von der Bedeutung offener Kommunikation mit Sterbenden bis hin zur Handhabung von Schmerzmedikation - nichts bleibt unberührt. Auf einer Tafel werden Fragen gesammelt: Wie gelingt Loslassen? Wie sollten wir übers Sterben sprechen? Und gibt es überhaupt etwas Gutes darüber zu sagen?
Zum Aufklappen: Wie Sie in Thüringen palliative Hilfe bekommen
Der Thüringer Hospiz- und Palliativverband bietet auf seiner Internetseite eine Übersicht-Karte zu Anlaufstellen in der Hospiz- und Palliativarbeit.
Auch das Palliativ Netzwerk Thüringen (SAPV) bietet online eine Übersicht zu Hilfsangeboten, konkret auch zu ambulanter palliativer Versorgung.
Paar will vorbereitet sein
Auch Friedhelm Jäger und seine Frau Uthild sind zum Kurs gekommen. Vor etwa zwei Jahren erhielt der 69-Jährige seine Krebsdiagnose. Wie viele Jahre ihm noch bleiben, wissen er und seine Frau nicht - aber sie wollen gut darauf vorbereitet sein. Die Auseinandersetzung mit dem Tod hat sie als Paar gestärkt, erzählen sie.
Die Jahre seit der Diagnose hätten ihnen gezeigt, was Liebe wirklich ist. "Zuversicht und Mut. Nach diesen Prinzipien leben wir gerade", sagt Friedhelm Jäger. "Und Freude!" ergänzt Uthild – beide strahlen.
Wir wissen, dass uns nach dem Tod noch etwas Schönes gemeinsam erwartet.
Über das Thema Tod sprechen sie ganz offen miteinander. Dabei helfe ihnen ihr christlicher Glaube, sagt Friedhelm Jäger. Angst hat der 69-Jährige fast gar nicht. "Ich bin sogar ein bisschen neugierig, was wohl nach dem Tod kommt."
Auch Uthild Jäger ist überzeugt, dass es nach dem irdischen Leben noch nicht zu Ende ist: "Wir wissen, dass uns nach dem Tod noch etwas Schönes gemeinsam erwartet". Bis dahin freuen sie sich über jeden Tag, der ihnen noch bleibt.
Leiterin mit wichtigen Tipps
Dem Tod den Schrecken nehmen - das wollen auch die Kursleiterinnen Christine Mosbach und Anja Kuriat. Ehrfrucht vor dem Thema sei wichtig, jedoch würden sich schwerkranke Menschen auch nach einem Alltag sehnen, in dem ihr Sterben nicht dauerpräsent ist. Das Wichtigste sei, die Betroffenen nicht mit ihren Gefühlen allein zu lassen: Ihnen zuzuhören, wenn sie leiden und auch mit ihnen zu lachen, wenn die Wolken sich verzogen haben.
"Was den Tod angeht, gibt es keine Experten", ist sich Kursleiterin Christine Mosbach sicher "Wir allen Sterben nur einmal". Am Ende des Lebens kann keiner so richtig wissen, wie es geht.
Das eigentliche Ziel des Letze-Hilfe-Kurses haben die Leiterinnen in Großbuchstaben auf ein Flipchart geschrieben: "Mutmachkurs" - und das trifft es wohl am besten.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 12. März 2024 | 19:00 Uhr