Ab kommendem Schuljahr Medienbildung: Thüringen bereitet Schulen und Lehrkräfte auf neues Fach vor
Hauptinhalt
22. Dezember 2023, 07:03 Uhr
In Thüringen soll es ab dem nächsten Schuljahr das Fach Medienbildung und Informatik geben. Bis zur zehnten Klasse soll mit einer Stunde pro Woche Medienkompetenz vermittelt werden. Dafür müssen aber nicht nur Lehrkräfte weitergebildet, sondern auch die Schulen technisch ausgestattet werden.
- Ab dem kommenden Schuljahr gibt es in Thüringen das Fach Medienbildung und Informatik.
- Landeselternsprecherin Claudia Koch fordert dafür sowohl die Weiterbildung von Lehrkräften als auch die digitale Ausstattung der Schulen.
- Thüringen könnte eine Vorreiterrolle für andere Bundesländer einnehmen.
5. Klasse Gymnasium, die neu zusammengewürfelten Klassen gründen Klassen-Gruppen auf WhatsApp: "Und dann knallt’s da. Da passieren unschöne Sachen bis hin zu Cybermobbing und so weiter", erzählt Sandro Brandl. Brandl ist Medienpädagoge und Lehrer für Ethik, Informatik und Medienkunde am staatlichen Hannah Arendt Gymnasium in Erfurt.
Wie verhalte ich mich im Netz, wie gehe ich respektvoll mit jemandem um? Welche Rechte habe ich? Diese Fragen bespricht er mit seinen Schülerinnen und Schülern. An seiner Schule unterrichtet er Medienkunde als eigenes Fach über sogenannte Flexstunden schon länger.
Dass es ab dem kommenden Schuljahr in ganz Thüringen das Fach Medienbildung und Informatik geben soll, findet er gut: "Ich freue mich darauf. Ich begrüße das und ich finde die Vermischung mit Informatik gar nicht problematisch. Was ich problematisch finde, ist, wenn es zu viel Informatik ist. Am Anfang hat man ganz klassische Baustellen: Wie verhalte ich mich? Da ist auch viel Ethik und Philosophie mit im Spiel. Aber die Informatik ist unglaublich wichtig für das Verständnis, die Entzauberung der Technik."
Weiterbildung von Lehrkräften
Bisher gibt es in Thüringen das Schulfach Informatik. Medienkunde solle in allen Fächern mitberücksichtigt werden und stehe als Kurs Medienkunde im Lehrplan, erklärt Felix Knothe, Sprecher des Thüringer Bildungsministeriums: "Aus dem Kurs Medienkunde wird das Fach Medienbildung und Informatik. Das haben wir seit zwei Jahren in einem Modellprojekt ausprobiert und die Erfahrungen und Rückmeldungen mit den Pilotschulen, die das schon machen, sind sehr gut."
An allen weiterführenden Schulen soll Medienbildung und Informatik bis zur 10. Klasse unterrichtet werden: mit durchschnittlich einer Unterrichtsstunde pro Woche. Begonnen werden soll im kommenden Schuljahr mit dem ersten Jahrgang der 5. Klassen.
Claudia Koch, Landeselternsprecherin in Thüringen, begrüßt die Einführung des neuen Schulfachs. Es werde Zeit, sagt sie, fordert aber: "Nicht nur die Lehrkräfte müssen qualifiziert sein darauf, sondern auch die Schulen müssen ausgerüstet sein. Es kann nicht sein, dass eine Schule keinen Breitbandanschluss hat und gleichzeitig aber Medienkunde unterrichten soll und dann an einer Kreidetafel erzählt wird, wie denn das theoretisch zu gehen hat." Sowohl die personelle Seite als auch die sachliche Ausstattung müsse passen, damit das Schulfach ein Erfolg werde.
Nach und nach würden die Lehrkräfte weitergebildet, sagt Felix Knothe vom Thüringer Bildungsministerium.
Thüringen als Vorbild
Sven Kommer ist Professor für Didaktik und Digitale Bildung an der Universität Aachen und Sprecher der Initiative "Keine Bildung ohne Medien!". Er appelliert an alle, das neue Schulfach ernst zu nehmen: "Das ist die Welt der Kinder und Jugendlichen, auf die wir sie vorbereiten müssen. Die wird auch nicht mehr verschwinden." Kommer wünscht sich Medienbildung als eigenes Schulfach in allen Bundesländern – bisher sehe es da allerdings schlecht aus. Thüringen könnte also eine Vorreiterrolle einnehmen.
Die zuständigen Ministerien in Sachsen und Sachsen-Anhalt schreiben an MDR AKTUELL, dass Medienbildung bei ihnen bereits fächerübergreifend in den Unterricht integriert sei, ein neues Fach sei deshalb nicht nötig.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 22. Dezember 2023 | 06:54 Uhr