Freibad Das "Dreier" ist zurück: Erfurter Dreienbrunnenbad nach Jahren wieder geöffnet
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19. Juli 2024, 20:34 Uhr
Das Dreienbrunnenbad in Erfurt ist mit seinen 122 Jahren eines der ältesten Freibäder in Deutschland. Vier Jahre war es geschlossen, zwei Jahre wurde es saniert. Die Baukosten stiegen von ursprünglich 3,9 Millionen auf rund 5,3 Millionen Euro. Nun lädt es wieder zum Baden ein, auch wenn noch nicht alles ganz fertig ist - und die Preise vergleichsweise hoch sind.
Mit einem tollkühnen Kopfsprung hat Christian Maring das Bad eingeweiht. Der Erfurter war der Erste heute. Zwei Stunden hatte er mit Tochter Livia angestanden. "Ich wollte unbedingt der Erste sein. Ich kenne das Bad noch als Kind. Es ist klein, nie so voll und einfach angenehm."
Während Erfurts Neu-Oberbürgermeister Andreas Horn (CDU) Quietscheentchen an die Besucher verteilte, erzählten die von ihren Badeerlebnissen im "Dreier". "Das Bad ist ein Kultbad", sagt Julia Fleischmann, die mit Mann und beiden Kindern, Luftmatrazen und Bällen zur Premiere kam.
Immer wieder Bauverzögerungen im Dreienbrunnenbad
Lange haben sie auf den Tag gewartet. Schon im Mai vergangenen Jahres sollte das Bad wieder öffnen. Doch es gab immer wieder Schwierigkeiten. Den Baufirmen fehlte das Material, zeitweise fehlten die Arbeitskräfte und die eine oder andere Überraschung gab es auch, erinnert sich die Geschäftsführerin der SWE Bäder GmbH, Kathrin Weiß: "Wir hatten auch solche Überraschungen, dass noch ein Becken unter dem alten Becken war. Wir wollten das Edelstahlbecken einbauen und dann hat sich herausgestellt, dass noch ein gefließtes Becken drunter ist. Das hieß erstmal: Baustopp, ein Gutachter musste gucken, ob das Edelstahlbecken auf das alte gesetzt werden kann."
Bad noch nicht komplett fertig
Das Anbaden fiel immer wieder ins Wasser. So ganz fertig ist das "Dreier" auch jetzt noch nicht. Das Bad liegt am Papierwehr. Das wird noch umgebaut und so kann das Bad auf dieser Seite nicht "geschlossen werden". Auch in den Mitarbeiterräumen und im Küchtentrakt arbeiten noch die Handwerker.
Offizielle Eröffnung am 16. August
Weil der Sommer aber nicht komplett ins Land gehen sollte, wurde nun am Freitag eingeladen zum Anbaden. Die offizielle Eröffnung mit Party soll es am 16. August geben. Doch ab jetzt darf man schwimmen, planschen, sich sonnen und den Sommer genießen. Der Anbade-Tag war entsprechend perfekt gewählt.
Mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie schön und mit wie viel Liebe auch das Haus gemacht wurde.
Bei strahlendem Sonnenschein und 28 Grad haben sich die Erfurter ihr Dreienbrunnenbad am Freitag zurückerobert. "Mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie schön und mit wie viel Liebe auch das Haus gemacht wurde. Da, wo alles weggefault war, ist alles komplett neu gemacht worden. Und ich erinnere mich noch an die Zeit, wo wir darauf hingewiesen haben, dass wir hier ein denkmalgeschützes Haus haben und nicht alles weggebaggert werden kann", sagt Katharina Hübner, Mitglied im Förderverein des Dreienbrunnenbades.
Das Bad liegt mitten in der Natur am Geraradweg, an der Gera. Der Fluss war 1888 für den Magistrat der Stadt der Anlass, hier eine Frauenbadeanstalt einzurichten. Hinter viktorianischen Gebäuden konnten die Damen unbeobachtet ihre Bahnen ziehen. Das Badebecken wurde gespeist vom Flußwasser und das wiederum von den "Treuen Brunnen". Was die Erfurter in "dryen" umdichteten. Dank der frischen Quellen wurde das Dreien-Brunnen-Gebiet zur Wiege des Erfurter Gartenbaus.
Wir waren alle im Dreier. Früh am Morgen konnten die Älteren ihre Bahnen schwimmen. Und wir Kinder konnten schon als kleine Steppke alleine rein, denn das Bad war ja klein, übersichtlich und hatte eine gute Aufsicht.
In fünfter Generation baut Ralf Fischer hier Brunnenkresse an und gleich gegenüber vom Bad wohnt er auch: "Und die Legende besagt, dass mein Großvater August 1905 das Haus hier hingebaut hat, weil das früher Frauenbad war. Da konnte er mal gucken..." Ralf Fischer hat dort auch schwimmen gelernt. "Wir waren alle im Dreier. Früh am Morgen konnten die Älteren ihre Bahnen schwimmen. Und wir Kinder konnten schon als kleine Steppke alleine rein, denn das Bad war ja klein, übersichtlich und hatte eine gute Aufsicht."
Maximal 450 Badegäste können zeitgleich rein. Das Bad hat weder Wasserrutsche noch Sprungturm. Es ist damit eines der "stillen" Bäder. "Es ist ein besonderes Flair. Sie kommen hier rein und haben diese alte Gestaltung. Die man so halt nicht kennt. Sie haben die alten Umkleidekabinen, die alten Türen, die Duschen und trotz allem ist es jetzt modern. Das ist gerade diese Mischung zwischen dem Herkömmlichen, dem Historischen und dem doch modernen Becken. Das ist schon was Besonderes. Und dass man es auch mehrfach umgebaut hat, das sieht man auch", sagt Kathrin Knabe-Lange.
Die Badegäste können jetzt in einem Edelstahlbecken ihre Runden ziehen. Das ist 25 Meter lang. Es wird aber nicht mehr mit Quellwasser, sondern Leitungswasser gefüllt. Das bedauert der Förderverein. Denn das Quellwasser war immer ziemlich kalt, nie mehr als 19 Grad "warm" und salzig. Auch das war etwas Besonderes. Dass sie weiter in Quellwasser schwimmen können, konnten die rund 40 Mitglieder des Fördervereins nicht durchsetzen. Die Hygiene schreibe heute anderes vor. Aber das Bad haben sie gerettet.
10.000 Unterschriften für den Erhalt des Bades
Vor knapp zehn Jahren sollte es weggebaggert werden. Es war marode, sollte rückgebaut und wieder zu einer Flussbadestelle werden. Der Förderverein ging auf die Barrikaden, sammelte 10.000 Unterschriften und zog vors Rathaus. Letztlich kippte der Stadtrat das geplante Bäderkonzept und entschied sich fürs Sanieren. Und es gab viel zu tun. "Wir konnten die Sicherheit nicht mehr gewährleisten. Es drohte, die Decke im Keller einzustürzen, mussten den schon abstützen. Dort war auch die Elektrik untergebracht", erinnert sich Kathrin Knabe-Lange, sie ist die Chefin der Bäder GmbH.
Das Bad war der Mittelpunkt unserer Kinderheit im Sommer. Mir ging es einfach darum, das zu erhalten für die Kinder, die nachkommen.
Von der einstigen Frauenbadestelle stehen noch die Gebäude. Frisch saniert sind sie und haben den ursprünglichen Anstrich in Gelb und Petrol zurück. Seit den frühen 1920er-Jahren dürfen alle ins "Dreier". Aus dem Frauen- wurde ein Familienbad. "Das Bad war der Mittelpunkt unserer Kinderheit im Sommer. Mir ging es einfach darum, das zu erhalten für die Kinder, die nachkommen. Die Sommer werden immer heißer. Man braucht einfach etwas in Lauf- und in Fahrradnähe. Und da ist im Erfurter Süden einfach nichts weiter da," sagt Katharina Hübner.
Förderverein für das Dreienbrunnenbad bleibt
Der Förderverein wird auch jetzt, wo das Bad fertig ist, bestehen bleiben. "Wir wollen uns weiter für das Bad engagieren. Vielleicht sind gesponserte Badetage eine Idee, wo wir Kindern mal den Eintritt zahlen", nennt Vorstandsmitglied Michael Böhm erste vorsichtige Ideen. Die historischen Badfiguren, die einst am Beckenrand des "Dreier" standen, hat der Verein restauriert und sie sind nun auch wieder aufgestellt. Sie erinnern an die lange Geschichte dieses besonderen Bades - eines der ältesten in Deutschland.
Eines der teuersten Bäder Deutschlands
Es ist jetzt aber auch eines der teuersten, kritisieren viele Erfurter. Acht Euro zahlen Erwachsene, vier Euro Kinder. Nur in den Eröffnungswochen wurden die Preise halbiert, weil man ja momentan noch auf einer "Baustelle" badet. Mit den regulären Preisen liegt das kleine "Dreier" im deutschen Spitzenfeld. Im Durchschnitt kostet ein Freibad-Ticket in deutschen Freibädern 5,57 Euro. In Mainz sind es 3,70 Euro, in Schwerin drei Euro, im Münchner Prinzregentenbad sind 3,80 Euro fällig.
Erfurts Bäderchefin Kathrin Weiß verteidigt die neuen Preise: "Wir haben hier eines der schönsten Freibäder Deutschlands und es gibt ja auch die Saisonkarte. Die kostet 130 Euro." 450 Badegäste dürften maximal rein, aber das Personal müsse auch da sein.
Ins Planschbecken für die ganz Kleinen strullert Männeken Pis. Das ist kein Kitsch, sondern Historie. Ein Männeken Pis gab es hier schon immer - und andere Nackte. Das "Dreier" ist das einzige Freibad in Erfurt mit einem FKK-Bereich. Es gilt: nackt sonnen, schwimmen aber im Bikini oder mit Badehose. Freie Körperkultur. Das passt zum Kultur-Bad. Das soll es nun auch werden.
Bühne für Musik und Theater
Eine kleine Bühne ist aufgebaut. Hier will Imbissbetreiber Ronny Lessau das Bad auch über die Saison hinaus bespielen: "Und vor allem ist so ein Freibad ja etwas Niedrigschwelliges. Da kommt jeder her und vielleicht sind da auch ein paar Menschen dabei, die mit Kultur noch nicht so viel Berührung hatten und denen können wir die Vorzüge der Kultur näher bringen. Keine Hochkultur. Das soll sich schon eher an junge Menschen, an Familien richten. Das geht von Singer-Song-Writer-Konzerte, über kleine After-Work-DJ-Abende bis hin zu Theaterauftritten."
Das Dreier ist zurück auf der Bühne.
MDR (caf)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 19. Juli 2024 | 15:30 Uhr
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