Michael Brenner, Professor für deutsches und europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
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Eklat im Thüringer Landtag Verfassungsrechtler Brenner: "Zwei unterschiedliche Rechtsauffassungen"

26. September 2024, 21:32 Uhr

In der konstituierenden Sitzung des Thüringer Landtags kam es zum Eklat: AfD-Alterspräsident Jürgen Treutler weigerte sich, Anträge aus dem Plenum aufzurufen. Was sagt Verfassungsrechtler Michael Brenner dazu?

Am Ende der Sitzung wurde von der CDU nun der Verfassungsgerichtshof in Weimar angerufen. Was müssen die Richter jetzt entscheiden?

Nun, es stehen sich eigentlich zwei unterschiedliche Rechtsauffassungen gegenüber. Die AfD ist der Auffassung, dass die Geschäftsordnung des alten Landtages weiter gilt. Und sie vertritt die Auffassung, dass, bevor ein Landtagspräsident gewählt werden kann, zunächst einmal darüber befunden werden muss. Sie sagt also: Der Alterspräsident kann erst gewählt werden, wenn der Landtag sich konstituiert hat.

Die Auffassung der anderen Fraktionen geht dahin, dass es das Selbstverwaltungsrecht des Parlamentes ist, sich jederzeit selbst verwalten zu können, selbst organisieren zu können. Und das schließt auch das Recht ein, Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung einzubringen, über die heute nicht abgestimmt werden durfte.

Jetzt haben Sie schon das Selbstorganisationrecht des Parlamentes angesprochen. Es heißt immer, das sei ein sehr hohes Gut. Warum?

Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes. Sie versammeln sich im Parlament, im Landtag, und haben das Recht, sich selber zu organisieren, ihre eigenen Angelegenheiten zu organisieren und zu regeln. Das ist das Herzstück der parlamentarischen Demokratie und gleichzeitig auch Ausdruck des freien Mandats der Abgeordneten.

Die Abgeordneten verwalten sich selber und regeln ihre Angelegenheiten selber. Wenn sie daher nicht zu Wort kommen können, wenn nicht über ihre Anträge abgestimmt werden darf, dann stellt das einen Verstoß nicht nur gegen das Demokratieprinzip dar, sondern auch gegen das Geschäftsordnungsrecht und insbesondere auch gegen das Recht auf das freie Mandat der Abgeordneten.

Das heißt, wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie mit Ihrer Meinung eher auf der Seite der Fraktionen von CDU, SPD, BSW und der Linken?

Ich denke, dass der Thüringer Verfassungsgerichtshof sich in diese Richtung auch positionieren wird, weil er sicherlich zum Ausdruck bringen wird, dass das Recht der Abgeordneten, sich selber verwalten zu können, ein ganz hohes Gut ist. Ich gehe aber auch davon aus, dass der Thüringer Verfassungsgerichtshof vielleicht einige Leitlinien aufstellen wird für das Handeln des Alterspräsidenten, um solche Vorkommnisse wie heute in Zukunft zu verhindern.

Noch ganz kurz, ja oder nein? Hat der Alterspräsident der AfD seine Kompetenzen heute überschritten?

Eindeutig ja. Er hat eine lediglich eine protokollarische Funktion, aber nicht die Rechte des eigentlichen Parlamentspräsidenten.

MDR (mze)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 26. September 2024 | 19:30 Uhr

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