Der Redakteur | 23.10.2023 Warum gibt es keine Katzensteuer in Deutschland?
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23. Oktober 2023, 18:00 Uhr
Die Katzensteuer hat eine historische Vorgeschichte. Rund um das Jahr 1900 haben es vor allem sächsische Regionen mit einer Katzensteuer versucht. Mittlerweile ist sie verschwunden. Warum?
Es war im Jahre 1913 als die Gemeinde Coswig in Sachsen ein "Ortsgesetz" über die Erhebung einer Katzensteuer erließ. Die Königliche Amtshauptmannschaft hatte dem zugestimmt: Pro Jahr kostete von nun an die erste Katze drei Mark, alle weiteren sechs. Die Katzen wurden mit Marken gekennzeichnet, Katzen ohne Marken wurden weggefangen. So einfach die Theorie. Der praktische Hintergedanke war aber nicht etwa, das Gemeindesäckel zu füllen. Vielmehr verwies man auf erfolgreiche Versuche in Niederlößnitz, Sebnitz und Augustusburg zum Schutz der Vogelwelt, der Zweck sei dort erfüllt worden.
Eine gleiche Steuer ist bereits in Niederlößnitz, Sebnitz und Augustusburg eingeführt und hat dort den Zweck, den Vogelschutz mit fördern zu helfen, erfüllt. Aus den Steuererträgnissen sollen die Vogelschutzbestrebungen unterstützt werden.
Aufwand und Nutzen einer Katzensteuer im Missverhältnis
Heute hat Coswig keine Katzensteuer mehr und auch die anderen Gemeinden haben - oft im Stillen - die Erhebung wieder eingestellt. Das ist ungewöhnlich für eine Steuer, normalerweise sind die gekommen, um zu bleiben. Coswig rechnete übrigens mit Einnahmen von 360 Mark im Jahr, was den Kern des Problems beschreibt. Aufwand und Nutzen standen offenbar in keinem sonderlich guten Verhältnis. Selbst der "Ornithologische Beobachter", das offizielle Organ der Schweizerischen Gesellschaft für Vogelkunde, beschäftigt sich schon seit Jahrzehnten dem Thema:
Sowohl auf dem Land wie in den Städten wäre sie auch aus praktischen Gründen nur mit einem hohen Aufwand und der Androhung drakonischer Strafen durchsetzbar.
Diese Erkenntnis ist über Katzengenerationen hinweg gereift, schloss aber trotzdem mit dem Satz, man müsste es trotz des zu erwartenden Widerstandes versuchen. Denn dass Katzen ein Problem sind für die Vogelwelt, das belegten nicht nur die Untersuchungen der Schweizer.
2011 ergab eine Studie in Amerika, dass freilaufende Katzen mindestens mitbeteiligt seien an der Ausrottung von weltweit 33 Tierarten. Und zwar auf Inseln, weniger auf dem Festland. Die Untersuchung von Mageninhalten und andere Erhebungen stützen die Thesen und so kommen dann am Ende auch die gigantischen Zahlen zustande, die immer dann hervorgekramt werden, wenn Katzen gegen Fensterscheiben und Windräder antreten sollen.
Wie verteilen sich die Meinungen zur Steuer für Katzen?
Während die Hundefraktion gerne eine Gerechtigkeitslücke schließen will, sagt die Stubentigerfraktion, ihre Katze ist nie draußen. Die fehlende Belastung für die Allgemeinheit wird von Katzenfreunden als Argument angeführt, ein Hund brauche mehr Auslauf. Auf der anderen Seite ist nicht überliefert, dass sich Wildkatzen menschenähnliche Behausungen errichten, weil diese ihrem natürlichen Umfeld nahekommen. Bedeutet: Vielleicht hätten ja auch die Katzen Interesse an mehr Bewegung als ihnen zugestanden wird.
Die Idee, nur freilaufende Katzen sollen besteuert werden dürfen, scheitert wohl darin, dass quasi alle Katzen grau sind. Wer will da die Entscheidung zur Unterscheidung treffen und was machen wir mit einer Katze, die unerlaubt das Haus verlässt? Und am Ende steht die Frage, ob die Katzensteuer wirklich zur Problemlösung beiträgt, also weniger streuende Katzen, weniger Häufchen in Nachbars Garten, weniger tote Kleintiere.
Wohin mit dem Geld aus einer Katzensteuer?
Natürlich könnte getreu dem coswigschen Motto das eingenommene Geld zweckbestimmt verwendet werden. Also: Tierheime und andere möglicherweise zertifizierte Auffangstellen von Katzenfreunden profitieren von den Einnahmen. Dazu schreibt der Thüringer Gemeinde- und Städtebund, dass Einnahmen aus einer Steuer nicht zweckgebunden sind, sondern der Deckung aller Ausgaben eines kommunalen Haushalts dienen.
Und diese Steuern müssten auf der anderen Seite auch eingetrieben werden. Dem Menschen ist es nämlich kaum gegeben, freiwillig zur Steuerzahlung anzutreten. Deswegen ist das Missachten von Steuergesetzen sanktioniert, nur muss es natürlich Werkzeuge geben, diese Gesetze auch durchzusetzen. Und da wird es dünn.
Ein Hund ist hierzulande relativ leicht einem Besitzer zuzuordnen, das ist in der Regel derjenige am anderen Ende der Leine, mit dem Beutel in der Hand. Bei der Katze wird es schwierig, zweifelsfrei eine Verknüpfung herzustellen. Aktuell ist dem Gemeinde- und Städtebund deshalb keine Kommune in Thüringen bekannt, die Katzensteuerpläne hat, hieß es auf Anfrage. Denn diese müsste tatsächlich wie die Hundesteuer eine kommunale Steuer sein.
"Nicht nur besteht die Herausforderung, den zu erwartenden Verwaltungsaufwand gegenüber möglichen Einnahmen abzuwägen. Auch stellt sich die Frage, wie angesichts der unterschiedlichen Praxis der Tierhaltung ein gleichmäßiger Steuervollzug sichergestellt wird."
MDR (ls)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 23. Oktober 2023 | 16:40 Uhr
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