Ende des Bundesland-Slogans Warum Schluss ist mit dem "grünen Herz Deutschlands"
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02. Dezember 2022, 11:55 Uhr
Für viele Menschen in Thüringen ist der Freistaat "das grüne Herz Deutschlands". Nur als Werbeslogan wird die Formulierung nicht mehr genutzt. Was die Gründe dafür sind und wieso das nicht allen Parteien im Landtag gefällt.
- Urheber des Ausspruchs war August Trinius – unter anderem ein wichtiger Vertreter der völkischen Bewegung.
- Im Thüringer Landtag stößt das Ende des Marketingspruchs jedoch auf viel Unverständnis, hauptsächlich in der Opposition.
- Das Wirtschaftsministerium argumentiert auch damit, dass Thüringen noch viel mehr Reiseanlässe zu bieten hat als nur den Thüringer Wald.
Thüringen ist reich an Bäumen. Geschätzt 330 Millionen wachsen im Land. 34 Prozent der Fläche sind mit Wald bedeckt. Viel Grün – das geografisch in der Mitte Deutschlands liegt. Jahrelang hat der Freistaat geworben mit der Formulierung "Thüringen – das grüne Herz." Nun aber nicht mehr.
Wer über die Autobahn in den Freistaat einfährt, wird auf den Hinweis-Schildern begrüßt mit den Worten "Das ist Thüringen" oder "Thüringen entdecken." Olaf Müller, zuständig in der Grünen-Landtagsfraktion für den Tourismus, sagt dazu: "Thüringen ist mehr als nur Thüringer Wald, da haben wir auch noch andere Regionen."
Slogan hat völkische Wurzeln
Zumal der historische Hintergrund des Slogans "Das grüne Herz" inzwischen ausgeleuchtet und in die Kritik geraten ist. August Trinius, Wanderschriftsteller aus Waltershausen, hat das Bild 1897 erstmals benutzt. Der Mann war ein wichtiger Vertreter der völkischen Bewegung, die wiederum Wegbereiter war für den Nationalsozialismus. Die Nazis haben den Slogan ebenfalls genutzt.
Gute, weitere Gründe für einen Strategie-Wechsel im Tourismus-Marketing, findet Olaf Müller: "Ich würde dieses Markensymbol nicht weiter verwenden, wenn man sich tatsächlich mal den historischen Kontext anguckt und unter welchem Label ein grünes Herz schon in die Welt hinausgetragen wurde. Ich finde, sollten wir uns davon verabschieden."
Viele Gegenstimmen im Landtag
Die Meinung des Grünen-Politikers trifft nicht überall im Landtag auf Zustimmung. Aus der Regierungskoalition sagt zum Beispiel Matthias Hey von der SPD: "Dieser Slogan ist über Generationen hinweg geprägt worden. Ich habe damit inhaltlich kein Problem, auch wenn ich weiß, dass es in einem sehr finsteren Kapitel der deutschen Geschichte missbraucht wurde. Trotzdem hat der Spruch als Marketing nach außen einen großen Anreiz. Ich würde nicht einfach auf dieses Framing verzichten."
Kopfschütteln auch bei der Opposition: Thomas Kemmerich von der FDP sieht durch die Nicht-Nutzung Potential verschenkt: "Ich glaube, es ist nicht schlimm, dass man Thüringen mit dem Thüringer Wald verbindet."
Mario Voigt, Landes- und Fraktionschef der CDU, fürchtet derweil um die Identität der Thüringerinnen und Thüringer: "Das grüne Herz ist Thüringer Identität, das ist Lebensstil, das ist Lebensfreude. Das ist auch nicht nur ein Tourismus-Gag, wie das die Ramelow-Regierung meint, sondern da geht es darum, was uns Thüringer ausmacht, das macht uns besonders. Dazu sollten wir uns stolz bekennen und das nicht kleinreden lassen."
Ministerium: Marketingsatz ist veraltet
Aber was sagt das Ministerium zu all dem? Zuständig für Tourismus ist das Wirtschaftsressort von Wolfgang Tiefensee von der SPD. Die Antwort auf die "Grüne-Herz-Diskussion" kommt schriftlich: "Mit einem Rückzug auf das 'grüne Herz' würden wir im Tourismusmarketing einem veralteten Marketingansatz folgen, der die Sicht auf Thüringen verengt und die Vielfalt der unterschiedlichen Reiseanlässe ausblendet. Darauf sollten wir uns heute nicht mehr reduzieren lassen. Als emotionales Element der Identifikation taugt das "grüne Herz" nach unserer Einschätzung jedenfalls nicht."
Gleichzeitig beeilt man sich, festzustellen: Ein offizielles Verbot zur Nutzung des Slogans werde es nicht geben. Jeder könne, soweit dem keine Markenrechte entgegenstehen, "das grüne Herz Deutschlands" als Werbung verwenden, wie sie oder er das möchte.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 02. Dezember 2022 | 06:00 Uhr