Polizei in Thüringen CDU und SPD im Streit – wie viel Polizei braucht das Land?
Hauptinhalt
20. September 2023, 11:47 Uhr
Die Gewerkschaft der Polizei in Thüringen beklagt Probleme durch Personalmangel. Zum Teil könne die Grundversorgung nicht mehr gestellt werden, heißt es. Diejenigen, die noch arbeiteten, seien an der Belastungsgrenze. Auch der SPD-Innenminister und die CDU-Opposition wollen mehr Polizei. Aber wie viel?
- Innenminister Maier und CDU einig: Thüringer Polizei braucht Nachwuchs
- Nicht alle Anwärter schaffen die Ausbildung
- Gewerkschaft der Polizei: Hohe Belastung schlägt sich in Krankenstand nieder
Wer im Internet nach "Polizei in Thüringen" sucht, stößt zunächst auf Werbung. Der Slogan: "Mit voller Stärke anrollen? Sicher machen wir das. Hast du Interesse am Polizeiberuf?" Dazu ein Bild von Frauen und Männern in Uniform, auf dem Motorrad, auf dem Fahrrad, mit Hund oder in Zivil als Kripo-Beamte. Richtig so, sagt Raymond Walk, heute innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, davor unter anderem Leiter der Polizeidirektion Gotha: "Der Weg, den wir einschlagen, ist ja richtig. Wir haben die Werbemaßnahmen nach oben gefahren. Das ist heute nicht mehr wie früher, dass die Leute Schlange stehen, um zur Polizei zu kommen."
Laut Stellenplan bräuchte es 6.500 Beamte
Die Thüringer Polizei braucht Nachwuchs. Da sind sie sich einig, der CDU-Politiker und der SPD-Innenminister Georg Maier. Kein Konsens besteht dagegen bei der Einschätzung, wie dringend neues Personal gebraucht wird. Der Innenpolitiker aus der Landtags-Opposition warnt: "Vorsicht, wir fahren auf Verschleiß, die Polizei ist am Limit." Raymond Walk hat Zahlen dazu. Im Jahr 2008 arbeiteten 6.270 Frauen und Männer im Polizei-Vollzugsdienst. In diesem Jahr sind es 5.704. Laut Stellenplan bräuchte es aber 6.500 Beamte im Land.
Was zur Wahrheit gehört: Nach 2008 hat die damalige Thüringer Landesregierung unter CDU-Führung Personal bei der Polizei abgebaut. Deshalb ist für den aktuellen Innenminister der Stellenplan kein Kriterium bei der Beurteilung der Lage. Eine andere Entwicklung schon: "Seit ich im Amt bin, habe ich es geschafft, den Personal-Rückgang der Thüringer Polizei aufzuhalten", sagt Georg Maier im Interview mit MDR AKTUELL. Waren es vor seinem Amtsantritt 100 bis 125 Einstellungen von Anwärterinnen und Anwärtern pro Jahr, sind es inzwischen 300.
Gewerkschaft: Durchfallquote von zehn Prozent an Polizeischule
Zumindest auf dem Papier. In den vergangenen Jahren ist es nicht immer gelungen, jeden Ausbildungsplatz an der Polizeischule Meiningen zu besetzen. Und nicht jeder Anwärter schließe die Ausbildung ab, sagt Mandy Koch, die Landeschefin der Gewerkschaft der Polizei: Es gebe eine Durchfallquote von etwa zehn Prozent: "Das heißt, ich müsste eigentlich 330 einstellen, um dann am Ende auch wirklich 300 auf den Dienststellen zu haben."
Kritisch sieht man bei der Gewerkschaft die Zustände in einigen Dienststellen. "Fakt ist eins: Im Bereich des mittleren Dienstes gibt es die meisten Fehlstellen. Und das heißt: Die Kollegen, die in den Dienststellen verbleiben und die Arbeit machen, sind am Ende stärker belastet", sagt Mandy Koch. Es gebe Dienststellen, wo zum Teil die Grundversorgung nicht mehr gestellt werden könne. "Das heißt natürlich, dass die Kollegen an der Belastungsgrenze laufen, das schlägt sich in Krankenstatistiken nieder."
Krankenstand liegt bei durchschnittlich zwölf Prozent
In diesem Jahr liegt der Krankenstand bei der Thüringer Polizei durchschnittlich bei zwölf Prozent. Vor zwei Jahren waren es zwei Prozentpunkte weniger. Was dagegen hilft? Während andere Polizei-Gewerkschafter eine Aufstockung der Ausbildungsplätze in Meiningen fordern, sieht Mandy Koch die Lösung in einem anderen Weg: "Man müsste einfach gucken, wo es tatsächlich Polizeivollzugsbeamte braucht und wo eben nicht. Wo kann ich was auslagern, was können Tarifbeschäftige machen?"
Eines will die Thüringer Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei aber noch loswerden zum Schluss: Um die innere Sicherheit in Thüringen muss sich keiner Sorgen machen. "Wenn man sich die Statistik anguckt, rein die Kriminalstatistik, dann ist es so, dass Thüringen eines der sichersten Bundesländer ist." Eine Einschätzung, die SPD-Innenminister Georg Maier und CDU-Innenpolitiker Raymond Walk teilen. Da sind sie wieder einer Meinung.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 20. September 2023 | 06:08 Uhr