Der Redakteur | 09.12.2024 Dialektliebe: Warum wir stolz auf unsere regionalen Klänge sein sollten
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09. Dezember 2024, 15:45 Uhr
Dialekte sind ein Stück Heimat, die Geschichten erzählen und Brücken zwischen Generationen bauen. Schämen muss sich niemand, wenn er Dialekt spricht. Im Gegenteil, das ist ähnlich anspruchsvoll wie eine Zweisprachigkeit. Und das oft verballhornte zentralthüringisch-sächsische war zu Luthers Zeiten das Maß der Dinge!
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"Ass dei Tallala la!" - wer diese südthüringisch-fränkische Aufforderung, den Teller leer zu essen, googelt, der landet schnell in Sri Lanka, Talalla Beach. So endet der Versuch, eine korrekte Schreibweise zu finden. Macht nichts, wir sollen ohnehin nur reden, wie uns der Schnabel gewachsen ist.
Seit den 60er/70er-Jahren Jahren hält sich allerdings das Vorurteil, wenn man Dialekt spricht, dann kann aus einem nichts werden, so Brigitte Ganswindt vom Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas an der Uni Marburg. Vielleicht rühren daher auch die Unsicherheit bei Dialektsprechern und das Gefühl, man würde nur die deutsche Sprache verhunzen.
Wenn jemand zum Beispiel P und B nicht unterscheidet, wird das oft als Unfähigkeit gesehen, korrektes Hochdeutsch zu sprechen. Dabei handelt es sich einfach um ein dialektales Merkmal.
Grüße an "Loddar" Matthäus, der seinem Fränkisch treu geblieben ist.
Hochsprache Mitteldeutsch
Einst galt das Mitteldeutsche, zu dem auch Thüringisch gehört, als Prestige-Dialekt und feinstes Hochdeutsch. Daran war auch Luthers Bibelübersetzung schuld, die in dieser Sprache verfasst war.
Zu Luthers Zeit galt das Meißnische Obersächsische Ostmitteldeutsche quasi als sprachliches Vorbild. Man hat gesagt, hier kommt das beste Hochdeutsch her.
Doch nach und nach übernahm das Norddeutsche die Rolle der Standardsprache - buchstabengenau, nüchtern und klar. Unser zentralthüringisches Problem ist ohnehin ein recht simples - von Gotha bis nach Altenburg und dann hinein ins tiefste Sächsisch. All diese Färbungen klingen "nicht weit entfernt von der Standardsprache", so Brigitte Ganswindt. Das führt dazu, dass sie schnell als "fehlerhaft" abgestempelt werden.
Vielfalt statt Einfalt
Thüringen ist ein Dialekt-Mosaik mit Dutzenden Sprachfärbungen. Vom südlichen Sonneberger Fränkisch bis zum nordsächsisch angehauchten Ostthüringisch oder Klängen, die auch aus Sachsen-Anhalt stammen könnten - diese Vielfalt spiegelt die Landschaft und die Geschichte wider. Ganswindt betont: "Sprache ist ein Stück Heimat, Dialekte sind kulturelles Erbe.
Es gibt keinen Grund, sich für irgendeinen Dialekt zu schämen." Geografische Eigenheiten wie Gebirge oder ehemalige konfessionelle Grenzen haben diese Vielfalt begünstigt. Heute verwischen Dialektgrenzen zunehmend, wie Ganswindt betont.
Wenn wir Menschen Tonaufnahmen aus Thüringen und Sachsen hören lassen und sie bitten, die Herkunft zuzuordnen, liegen sie oft nur bei Zufallswahrscheinlichkeit richtig.
Bedeutet: Wenn wir nicht aufpassen, verschwimmen die Unterschiede zwischen den Dialekten, diese gehen verloren. Dabei sind die Vorteile von Dialekten wissenschaftlich belegt. Ganswindt erklärt, dass Dialektsprecher oft eine "neuronale Flexibilität" aufweisen, die zweisprachigen Menschen ähnelt.
Diese Fähigkeit, von einem Moment auf den anderen zwischen Dialekt und Hochdeutsch zu "switchen", ist nicht nur praktisch, sondern auch ein Zeichen von Sprachkompetenz. "Man sollte stolz sein, wenn man einen Dialekt sprechen kann", sagt Ganswindt. Dialekte verbinden, bewahren Traditionen und halten Sprachgeschichte lebendig.
MDR (ifl,thk)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 09. Dezember 2024 | 15:45 Uhr
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