Ein großes Wahlplakat der FDP, dass durch Sprühfarbe beschädigt wurde 1 min
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Vandalismus Zerstörungswut zur Bundestagswahl: Tausende Wahlplakate in Thüringen beschädigt

19. Februar 2025, 18:23 Uhr

Beschmiert, besprüht, zerschnitten oder gleich ganz gestohlen: In Thüringen werden, wie bei der Landtagswahl, auch im Bundestagswahlkampf viele Plakate beschädigt. Das hat eine Nachfrage bei den Parteien, die in Thüringen für den Bundestag gewählt werden können, ergeben. Einige Parteien haben bereits Anzeige erstattet oder haben das noch vor.

Am Sonntag geben auch die Thüringerinnen und Thüringer ihre Stimme ab für einen neuen Bundestag – relativ kurzfristig und auch noch mitten im Winter. Das kalte Wetter hatte aber offenbar wenig Einfluss auf die Zerstörungswut derer, die sich an Wahlplakaten zu schaffen machen.

Zerstörte AfD-Wahlplakate liegen um einen Mülleimer.
Zerstörte Wahlplakate in Weimar. Bildrechte: MDR/Laurin Henschel

Immer häufiger werden Plakate angezündet, gestohlen oder angemalt und das parteiübergreifend. Während der Wahlkämpfe im vergangenen Jahr sind mindestens 1.500 Wahlplakate zerstört oder beschädigt worden, etwa doppelt so viele wie 2019, als die Landtags-, Kommunal- und Europawahlen in Thüringen stattfanden. Von der CDU in Thüringen hieß es mit Blick auf die Bundestagswahl, die Zahl der beschmierten oder gestohlenen Wahlplakate liege in etwa auf dem Niveau der vergangenen Landtagswahl. Man komme mit dem Nachplakatieren kaum hinterher, sagen CDU-Wahlkämpfer.

Bei der AfD schafft es nach Parteiangaben nur eins von fünf Plakaten heil bis zur Wahl - aus Kostengründen verzichtet die rechtspopulistische Partei weitgehend auf Banner in Übergröße. Wegen der Standorte sind die Großplakate besser erreichbar und damit anfälliger für Schmierereien. Hinzu kommt, das sie wesentlich teurer sind, auch weil sie von externen Dienstleistern aufgestellt und repariert werden müssen.

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Regionale Unterschiede zwischen Stadt und Land in Thüringen

Außerdem, heißt es von Thüringens AfD-Sprecher Torben Braga, gebe es regionale Unterschiede: Während in großen Städten wie Jena und Erfurt mindestens 80 Prozent der Plakate beschmiert oder beschädigt würden, seien es in kleineren Orten weniger als die Hälfte. Verbale Angriffe gegen Wahlhelfer beim Aufhängen der Plakate seien längst alltäglich.

Ähnliche Angaben macht die Thüringer FDP. Ganze 45 ihrer Großflächen-Plakate wurden abgerissen oder umgeworfen - zehn Plakate betrafen allein Thomas Kemmerich in seinem Wahlkreis. Laut FDP wurden "A1-Plakate", also die herkömmlichen Laternenplakate, im "hohen dreistelligen Bereich" zerstört. Angriffe oder Attacken auf Helfer habe es in diesem Jahr noch nicht gegeben.

Landeskriminalamt spricht von hoher Dunkelziffer

Wie viele Plakate wirklich beschädigt, entfernt oder zerstört worden sind, ist nach Angaben des Landeskriminalamts unklar. Seit Jahresbeginn hat die Polizei in Thüringen eine "niedrige dreistellige Anzahl" beschädigter Wahlplakate registriert. Nach Parteien unterteilen die Beamten die Vorfälle im Gegensatz zur vergangenen Landtagswahl im September nicht. Sie gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, weil nicht alle Kreisverbände die Vorfälle der Polizei melden oder diese anzeigen.

 Unbekannte haben ein Wahlplakat zur Bundestagswahl beschmiert
Ein beschmiertes Wahlplakat in Erfurt. Bildrechte: MDR/Karina Hessland

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zählt bisher 83 entwendete oder beschädigte Plakate und hat einige Fälle bereits angezeigt. Letzteres möchte auch die Linke tun, allerdings gesammelt und nach der Wahl am Sonntag. Beide Parteien sehen die Angriffe auf die Plakate etwa auf dem Niveau der Landtagswahl im September. Ähnliches berichten auch SPD und Grüne. Der Pressesprecher der Thüringer Grünen, Michael Kost, sagte, das ständige Nachbestellen und Neuanbringen von Plakaten verursache "immense Kosten" für die Parteien.

Inhalt der Plakate kann eine Rolle spielen

Auch der Inhalt der Plakate wirkt sich nach Angaben einiger Parteien darauf aus, ob sie zerrissen oder angemalt werden. So teilt die MLPD auf Anfrage mit, dass insbesondere das Plakat "Wer AfD wählt - wählt Faschismus" Farbe und Schere zum Opfer gefallen sei. Von 5.500 in Thüringen angebrachten Plakaten seien etwa fünf Prozent zerstört worden. Auch hier seien verbale Attacken beim Aufhängen der Wahlplakate an der Tagesordnung.

Zerstörte Tafeln oder Banner seien nicht nur ärgerlich, sondern auch eine Gefahr für den Straßenverkehr, heißt es vom MLPD-Kreisverband Sömmerda. Demnach wurden zu Wochenbeginn alle Parteien von der Straßenverkehrsbehörde Sömmerda angewiesen, abgerissene Plakate von den Straßen zu beseitigen.

Ähnliche Vorkommnisse wie bei der Landtagswahl

Die Partei Volt verzeichnet bisher 15 zerstörte Plakate in Jena und Erfurt, wie Sprecher Dario Kregenow sagte. Es gebe bisher eine Anzeige bei der Polizei. Wie viele Plakate andernorts, besonders in kleinen Orten, beschädigt wurden, sei der Partei nicht bekannt. Besonders häufig beschädigt worden sind laut Kregenow Plakate mit der Aufschrift "Jüdisches Leben wie in Tel Aviv".

Auch die Freien Wähler sprechen von ähnlichen Vorkommnissen wie bei der Landtagswahl, es gebe aber auch bei ihnen regionale Unterschiede. So seien beispielsweise im Ilm-Kreis, in Meiningen, Sonneberg und in Mühlhausen Plakate besonders häufig beschädigt worden. In Mühlhausen laufe auch eine Anzeige, "dort ist auch ein Name bekannt", sagte Mathias Nicolai MDR THÜRINGEN. Das Bündnis Deutschland für Thüringen hat bis Redaktionsschluss nicht auf die Anfrage reagiert.

MDR (co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 19. Februar 2025 | 07:00 Uhr

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