Bettensteuer Matratzen-Maut auch für Dienstreisen - Erfurt ist (noch) die Ausnahme
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13. Januar 2024, 16:51 Uhr
Seit Januar müssen in Erfurt nicht nur Touristen, sondern auch Geschäftsreisende eine "Bettensteuer" zahlen. Der Thüringer Hotel- und Gaststättenverband kritisiert die kurzfristige Umsetzung der Stadt Erfurt und fürchtet, dass auch andere Städte in Thüringen nachziehen werden. Wo könnten künftig auch geschäftlich Reisende mehr zahlen?
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Privat oder geschäftlich? Diese Frage war bei Hotelbuchungen in Erfurt bisher entscheidend. Wer sich als Tourist Erfurts schöne Altstadt anschauen will, muss seit 2011 eine Kulturförderabgabe zahlen. Wer beruflich sein Haupt in Erfurt bettete, war von der Steuer befreit. Seit 1. Januar 2024 wird die "Bettensteuer" in Erfurt nun von allen kassiert. Die Stadt ist damit nach einer MDR-Umfrage in den größten Städten aktuell die Ausnahme.
Erfurt macht es vor
Doch andere werden vermutlich nachziehen, fürchtet der Hotel- und Gaststättenverband. Dehoga-Chef Dirk Ellinger. "Die Kommunen sind offensichtlich notorisch unterfinanziert und gucken, wo es Möglichkeiten gibt, um Geld zu kassieren. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts darf die Kulturförderabgabe rechtlich ja für beruflich veranlasste Übernachtungen in Rechnung gestellt werden. Und leider hat das Erfurt sofort umgesetzt und das auch noch handwerklich schlecht. Allein die Kommunikation dazu verdient die Note 6."
Erfurts Finanzdezernent Steffen Linnert (SPD) weist die Kritik Ellingers zurück. Die Änderungen seien öffentlich in den Ausschüssen und im Stadtrat diskutiert worden, so Linnert.
Am 21. Dezember wurden die Hoteliers per Schreiben von der Stadt darüber informiert. Die Satzungsänderung war Mitte Dezember im Amtsblatt bekannt gemacht worden, um am 1. Januar 2024 in Kraft zu treten.
Post kam kurz vor Weihnachten
"Drei Tage vor Heiligabend kam die Post aus der Stadtverwaltung. Wer auch nur annähernd irgendwann mal was mit Tourismus zu tun hat, der weiß, dass man so eine Änderung allein technisch über Weihnachten und Silvester kaum hinkriegt", kritisiert Ellinger. Bei den IT-Experten klingelten über die Festtage die Telefone.
"Man drückt da nicht einfach mal eine Taste und dann passt es schon. Da muss ein System umgestellt werden. Außerdem haben viele Hotels Verträge bereits fürs ganze Jahr 2024 geschlossen und da kann ich als Hotelier nicht einfach hergehen und sagen, lieber Vertragspartner, jetzt ändert sich einfach mal der Preis", beschreibt Ellinger das von der Stadt - wie er es nennt - selbstgemachte Dilemma. Bei so einer gravierenden Änderung hätten die Beteiligten rechtzeitig einbezogen werden müssen.
Weniger Geschäftsreisen nach Erfurt?
In Erfurt sind es fünf Prozent mehr, die seit 1. Januar als Kulturförderabgabe auf Geschäftsreisen obendrauf kommen. Das könnte für die Landeshauptstadt zum Wettbewerbsnachteil werden, fürchtet Michael Rosin. Er leitet das Radisson Blue in der Erfurter Altstadt. Mit 284 Zimmern ist es das größte Hotel in der Stadt und zählt jährlich rund 100.000 Gäste, davon sind 70.000 Geschäftsreisende.
Bei Buchungen vieler Zimmer kommen schnell tausende Euro Bettensteuer zusammen. "Wenn ein Veranstalter bei uns 200 Zimmer für drei Nächte bucht, sind das 600 Übernachtungen. Das Zimmer würde pauschal, sagen wir mal, 100 Euro kosten. Da sind wir bei 60.000 Euro - und davon fünf Prozent Bettensteuer. Das sind 3.000 Euro, die nun zusätzlich auf der Rechnung stehen." Die meisten Firmen haben ein enges Budget und könnten Erfurt nun abwählen. Der Kunde wandert ins Umfeld ab, fürchtet Rosin.
Weimar kassiert von Touristen
Weder Apolda, noch Gotha erheben eine Bettensteuer. Weimar kassiert sie von Touristen und plant nach Stadtangaben aktuell auch (noch) nicht, sie auf Geschäftsreisen auszuweiten. Mit der Kulturförderabgabe fließen in Weimar rund 500.000 Euro in die Stadtkasse.
Wenn das Geld wenigstens wirklich für Kultur ausgegeben würde, dann wäre das ja okay. Aber es fließt in den allgemeinen Haushalt.
Erfurt hat mit der "Matratzen-Maut" im Vorjahr fast zwei Millionen Euro eingenommen. "Wenn das Geld wenigstens wirklich für Kultur ausgegeben würde, dann wäre das ja okay. Aber es fließt in den allgemeinen Haushalt", kritisiert Hotelchef Rosin. Die Höhe der Abgabe kann die Kommune selbst festlegen. In Erfurt sind es fünf Prozent vom Zimmerpreis.
Saalburg-Ebersdorf als Ausnahme auf dem Land
Auch Gera erhebt Bettensteuer, allerdings weiterhin nur auf Privatreisen. Eine Ausweitung auf Geschäftsreisen sei momentan nicht geplant, heißt es aus dem Rathaus. Selbst Saalburg-Ebersdorf im Saale-Orla-Kreis kassiert die Tourismusabgabe. Der Stadtteil von Bad Lobenstein ist damit eine Ausnahme im ländlichen Raum. Bezahlen müssen die Abgabe derzeit nur Touristen. "Ich hoffe das bleibt auch so. Sonst setze auch ich mich irgendwann mal noch auf nen Trekker", meint Christine Rosenkranz, Inhaberin des Parkhotels in Saalburg-Ebersdorf.
Suhl hat die Abgabe 2011 eingeführt und sie zwei Jahre später wieder abgeschafft. Der Bürokratieaufwand und die Gegenwehr der Hoteliers war zu groß. In Nordhausen wird sie nach Angaben der Hoteliers nicht erhoben, dafür aber in Eisenach.
Eisenach prüft noch
Dort wird für Übernachtungen in Gästehäusern und Pensionen ein Euro pro Nacht berechnet, im gehobenen Segment, wie dem Hotel auf der Wartburg, das aktuell renoviert wird, ist es das Doppelte. Aus Eisenach heißt es bereits, die Erweiterung der Tourismusabgabe auf Geschäftsreisen werde geprüft. Jena plant das aktuell nicht.
MDR (kir,lou)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit | 14. Januar 2024 | 18:00 Uhr
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