
Nach Tod von Ex-MP "Jahrhundertpolitiker, Brückenbauer, Urgestein": Wie Weggefährten sich an Bernhard Vogel erinnern
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03. März 2025, 16:03 Uhr
Nach dem Tod von Thüringens Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel ist die Trauer bei Weggefährten und Parteikollegen groß. Viele würdigen ihn als Größe in der thüringischen und bundesdeutschen Politik.
Thüringens ehemaliger Ministerpräsident Bernhard Vogel ist am Sonntag im Alter von 92 Jahren gestorben. Der amtierende Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) erinnert an seine Verdienste: Vogel sei ein Jahrhundertpolitiker und ein Urgestein der bundesdeutschen und in besonderem Maße der Thüringer Politik gewesen, teilte die Staatskanzlei am Montag mit.
Sein Name wird für immer untrennbar mit dem Freistaat verbunden bleiben.
Voigt selbst habe viele Gespräche mit Vogel über Politik, Thüringen und die Herausforderungen der Zeit führen dürfen. "Sein Rat war nie laut, nie belehrend - aber immer klug." Vogels Name werde immer mit dem Freistaat Thüringen verbunden bleiben, so Voigt.
Bundespräsident Steinmeier erinnert an besonderen "Landesvater"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Vogel als "leidenschaftlichen Kämpfer für die Demokratie". Vogel habe Menschlichkeit und Führungsstärke verbunden "und scheute sich nie, Verantwortung zu übernehmen, wo er sich gebraucht wusste", erklärte Steinmeier in einem Kondolenzschreiben.
Als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und Thüringen habe Vogel es jeweils vermocht, einen wesentlichen Beitrag zur Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Land zu leisten. Vogel habe damit auch auf einzigartige Weise an der Deutschen Einheit mitgebaut, so Steinmeier.
Das Denken und Handeln Vogels, der Diktatur, Rassismus und Krieg selber erlebt hatte, sei entschieden von einem "Nie wieder" bestimmt gewesen. "Gerade in dieser Hinsicht und gerade heute bleibt Bernhard Vogel ein Vorbild für politisches Engagement.
Ramelow: "Verantwortungsträger in besonderen Zeiten"
Auch Thüringens früherer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) trauert um Vogel. "Sein Satz: Zuerst das Land, dann die Partei, werde alles überdauern", schrieb Ramelow auf der Plattform X. Vogel sei ein Verantwortungsträger in besonderen Zeiten gewesen. Ein Ministerpräsident in zwei Bundesländern. Ein Wanderer nicht nur in der Natur, sondern auch zwischen West und Ost, so Ramelow.
Voigt und MP aus Rheinland-Pfalz wollen trotzdem Karneval feiern
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer erklärte in Mainz, Vogel sei "ein aufrichtiger Politiker" gewesen, der einen ganz eigenen Politikstil geprägt habe. "Seine politische Arbeit war stets geprägt von Ausgleich, Mitte, Dialog und Kompromiss", betonte der SPD-Politiker. Vogel war von 1976 bis 1988 Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
Trotz der traurigen Nachricht wollen Mario Voigt und Alexander Schweitzer die Karnevals- und Faschingstermine am Rosenmontag wahrnehmen. "Weil Bernhard Vogel selber ein großer Freund des Karnevals und des Faschings war", teilte Voigt in einer Videobotschaft bei X mit. Zudem kündigte er Trauerbeflaggung in Thüringen an.
Thüringer Politiker würdigen Vogel
Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag hat mit tiefer Trauer und Bestürzung auf die Nachricht zum Tod des ehemaligen Ministerpräsidenten und Ehrenvorsitzenden der CDU Thüringen reagiert. "Bernhard Vogel war ein wahrer Glücksfall für Thüringen", erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Bühl. "Seine Leistung beim Wiederaufbau des Freistaats haben Thüringen bis heute geprägt. Für diesen Dienst an unserer Heimat werden wir ihm für immer dankbar sein."
Bernhard Vogel war ein wahrer Glücksfall für Thüringen.
Thüringens stellvertretende Ministerpräsidentin und Finanzministerin Katja Wolf (BSW) hat Vogel als Wegbereiter der gesamtdeutschen Politik gewürdigt. Mit seinem Wirken, seiner Erfahrung und seinem kritischen Denken habe er die Politik länderübergreifend geprägt. Als Ministerpräsident habe er nie auf die Farbe des Parteibuches geschaut, sondern sei immer nur an der Sache interessiert gewesen.
Die Thüringer Grünen würdigten, dass Vogel nach der Wiedervereinigung viel für Thüringen geleistet habe. Dass Thüringen "verhältnismäßig gut" durch die Zeit gekommen sei, liege auch an seinem Engagement, sagte Landessprecherin Ann-Sophie Bohm. Er habe seine Politik stets an seinen Werten ausgerichtet und bis zu letzt vor einem Rechtsrutsch der CDU gewarnt.
Wir verneigen uns vor seiner Lebensleistung.
Die Thüringer FDP schätzte ein, dass Vogel mit seinem unermüdlichen Einsatz und seiner Politik Thüringen entscheidend geprägt habe. Seine Weitsicht und sein Engagement hätten maßgeblich zur positiven Entwicklung des Landes beigetragen. "Wir verneigen uns vor seiner Lebensleistung", so der Landesvorsitzende Thomas L. Kemmerich.
Auch der Landtag teilte mit, Vogels Engagement als Ministerpräsident sei ein Glücksfall für Thüringen gewesen. Ohne zu zögern habe er sich mit vollem Einsatz auf das Abenteuer Thüringen eingelassen, sagte Landtagspräsident Thadeus König. Vogel habe demokratische Strukturen mit aufgebaut, wichtige Infrastrukturprojekte angestoßen und das Land wirtschaftlich erfolgreich aufgestellt.
Früherer SPD-Landeschef: Große Persönlichkeit der Nachwendezeit
Thüringens früherer SPD-Landeschef Gerd Schuchardt nennt Vogel eine der großen Persönlichkeiten der Nachwendezeit. Vogel gehöre mit Kurt Biedenkopf und Lothar Späth in die Reihe der Politiker, die sich große Verdienste um den Wiederaufbau der ostdeutschen Länder erworben hätten, sagte Schuchardt MDR THÜRINGEN.
Vogel habe entscheidend dazu beigetragen, dass Thüringen nach 1990 gut vorangekommen sei. Schuchardt war von 1994 bis 1999 in einer Großen Koalition mit der CDU unter Vogel stellvertretender Regierungschef und Wissenschaftsminister. Die Zusammenarbeit in diesen Jahren mit Vogel sei immer sachlich und fair gewesen, sagte Schuchardt.
CDU-Chef Merz: Brückenbauer zwischen Ost und West
CDU-Chef Friedrich Merz nannte Vogel einen "Ausnahmepolitiker", der das Gesicht der Bundesrepublik geprägt habe. "Als Ministerpräsident in zwei Bundesländern, Brückenbauer zwischen Ost und West und langjähriger Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung hinterlässt er ein bleibendes Vermächtnis", schrieb Merz auf der Plattform X. In Vogel verliere die Union einen verdienten Christdemokraten.
Der aktuelle Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, Norbert Lammert, würdigte die Arbeit des Verstorbenen: "Bernhard Vogel hat in Rheinland-Pfalz wie in Thüringen durch klare Orientierung und Respekt vor dem politischen Gegner ein Beispiel für demokratische Streitkultur gegeben und einen nachhaltigen Beitrag zum Zusammenwachsen unseres wiedervereinigten Landes geleistet." Von 1989 bis 1995 war Vogel Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung.
MDR (fno/dpa)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 03. März 2025 | 19:00 Uhr