Befragung im Landtag Kretschmer erwartet bald Einigung mit Bund im Streit um Kommunalfinanzen
Hauptinhalt
01. Juni 2023, 17:54 Uhr
Es gibt den Satz: Wer zahlt, schafft an. Wer etwas finanziert, entscheidet auch, was passiert. Bei der Migration und Unterbringung von Asylbewerbern stockt das gerade. Der Bund gibt den großen Rahmen vor für Einwanderung und Asylpolitik. Die Länder sind für die Unterbringung zuständig und geben Vieles an die Kommunen weiter, die dafür Geld erhalten, was der Bund den Ländern zahlt. Weil mehr Menschen nach Deutschland kommen, steigen auch die Ausgaben für die Kommunen. Wer bezahlt die?
- Nach wochenlangem Streit ist Sachsens Ministerpräsident Kretschmer zuversichtlich, dass man sich mit dem Bund einigt.
- Müsste Sachsen die Mehrkosten für Integration allein bezahlen, wäre das für den Haushalt einschneidend.
- Sachsens Regierungschef spricht sich weiterhin für Grundgesetzänderung aus.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ist zuversichtlich, dass es "bald eine einvernehmliche Lösung" zwischen Bund und Ländern gibt für die Kommunalfinanzen für die nächsten eineinhalb Jahre. Im Streit ums Geld für Sozialausgaben kritisieren Städte und Gemeinden die Mehrbelastungen, die ihnen vom Bund aufgebürdet würden. Kretschmer nannte als Beispiele Bürgergeld, Wohngeld und Eingliederungshilfen für Asylbewerber. "Die gesetzlichen Entscheidungen des Bundes haben zu enormen Belastungen unserer Kommunen geführt", sagte Kretschmer bei einer Befragung im Sächsischen Landtag.
Es muss gelingen, den Bund mit in die Verantwortung zu nehmen, dass er sich beteiligt.
Was, wenn der Bund nicht mitzieht?
Kurzfristig müsse sich der Bund an den höheren Kosten beteiligen, ist Kretschmer überzeugt. Das Motto: Die Ebene, die Gesetze entscheidet, müsse auch deren Folgen "auskömmlich finanzieren". Müsste Sachsen die Mehrausgaben für Sozialleistungen in Millionenhöhe für die sächsischen Kommunen ausgleichen, wenn der Bund nicht bezahlt, dann wären "das große Beträge, wenn man sie aus dem Landeshaushalt herausschneidet", sagte der CDU-Politiker. Das Geld würde Sachsen beispielsweise beim Breitbandausbau und anderen wichtigen Projekte fehlen.
Zugleich bekräftigte Kretschmer am Donnerstag im Plenum seine Aussagen zum Asyl-Vorstoß, dass die Zahl derer, die aktuell Asyl in Deutschland suchten, zu hoch sei und auch über Leistungskürzungen geredet werden müsse. "Es ist ein schwieriges Thema", meinte er und verwies auf fehlende Wohnungen und Plätze in Deutschkursen, knappe Angebote zur Integration Geflüchteter. Die zusätzliche Migration "bringt uns an die Grenze dessen, was noch machbar ist", verwies Kretschmer auf Forderungen der Länderchefs und Bürgermeister, die Regeln für die Migration verlangen.
Wir haben kein Erkenntnisproblem. Wir haben ein Verweigerungsproblem.
Kretschmer für Grundgesetzänderung
Landesgesetze, die Geldausgaben für Sachsens Kommunen betreffen, seien finanziell ausgeglichen, so Kretschmer weiter. Der Mechanismus sollte auch für den Bund in einem Grundgesetz-Artikel verankert sein. "Ich halte es nicht für unmöglich, das Grundgesetz zu ändern", meinte der Ministerpräsident. Darüber hinaus gebe es noch vieles andere beim Thema Asyl zu tun, ein Erkenntnisproblem läge jedenfalls in Berlin nicht vor, vielmehr "ein Verweigerungsproblem". So hatte Sachsen zuletzt stationäre Grenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen gefordert, um illegale Einreisen zu verhindern. Das hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mehrfach abgelehnt und sich für Schleierfahndung eingesetzt.
Innenminister Schuster sieht Bund und EU in der Pflicht
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) bekräftigte sein Ja zu Grenzkontrollen am Donnerstag im Landtag, weil die illegalen Einreisen via Polen fast doppelt so hoch seien als die an der Grenze zwischen Österreich und Bayern. Der Landesminister sieht den Bund und EU in der Pflicht, das Asylsystem, Sozialstandards und Abschiebe-Regeln zu ändern. Bei der "Schlüsselfrage Asyl" kann er sich eine "Zukunftskommission vorstellen" - ähnlich wie die Runden zum Atomausstieg oder Strukturwandel in Braunkohleregionen.
Und wegen des Geld-Streits mit den Kommunen gab er sich selbstbewusst: "Wir verhandeln mit den Kommunen und Landkreisen, schon immer. Und schon immer kommen wir auch zu einem Ergebnis."
Warum streitet sich Kommunen, Länder und Bund?
- Für die Unterbringung und die Integration der Geflüchteten sind die Länder zuständig. Sie übertragen viele Aufgaben an die Kommunen.
- Dafür erhalten die Länder Geld vom Bund, das sie an die Kommunen weitergeben.
- Nach Ansicht von Kommunen sowie Länderchefs und -chefinnen reichen die Gelder des Bundes für Unterbringung und Versorgung Geflüchteter nicht aus. Der Bund sieht das anders.
- Der Bund kümmert sich um die Abwicklung der Asylverfahren. Wird ein Asylantrag abgelehnt, sind die Länder für die Rückführung (Abschiebung) der Abgelehnten zuständig. Sie werden dabei vom Bund unterstützt. Die Asylverfahren dauern oft lange. In der Zeit müssen die Menschen aber untergebracht sein.
MDR (kk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSESPIEGEL | 01. Juni 2023 | 19:00 Uhr