Urheberrecht Weihnachtsmärkte: Keine Einigung im Streit mit GEMA
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19. November 2024, 03:00 Uhr
Die Betreiber der Weihnachtsmärkte in Mitteldeutschland beschweren sich seit einigen Jahren über die drastische Erhöhung der Musiknutzungsgebühren. Tatsächlich setzt die GEMA bestehende Tarifregeln seit der Corona-Pandemie strenger durch. Viele Weihnachtsmärkte sparen deshalb am Live-Musikprogramm, zum Beispiel in Leipzig. Die GEMA verteidigt dagegen die eigenen Tarife.
- Zwischen GEMA und Betreibern von Weihnachtsmärkten gibt es seit Jahren eine intensive Debatte über die Berechnung von Musik-Gebühren.
- Vielerorts könnte aufgrund der strengeren Durchsetzung der GEMA-Tarifregeln das Kulturprogramm leiden.
- Die GEMA stellt keine Reduzierung der Gebühren in Aussicht und verweist auf bereits angewandte flexible Tarife.
"Last Christmas" von Wham!, "All I want for Christmas is you" von Mariah Carey – Das sind musikalische Klassiker, die auf manchen Weihnachstmärkten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen in diesem Jahr fehlen könnten. Denn den Betreibern der Weihnachtsmärkte in Mitteldeutschland machen die steigenden GEMA-Gebühren für die musikalische Untermalung ihrer Veranstaltungen zunehmend Sorgen.
Kommunen und Branchen-Verbände fordern Sonderlösung
Wie der deutsche Städtetag mitteilt, sind Verhandlungen des Bundesverbandes der Musikveranstalter und der kommunalen Spitzenverbände mit der GEMA vorerst gescheitert. Die Verbände wollten mit der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte – kurz: GEMA – einen vergünstigten Sondertarif für Weihnachtsmärkte aushandeln.
"Es wird jedenfalls für 2024 keine Sonderregelung für Weihnachtsmärkte geben", so eine Pressemitteilung des Städtetages. "Der besonderen Bedeutung der kommunalen Weihnachtsmärkte als Kulturgut, Traditionsveranstaltungen, wichtige Begegnungsorte für die Gesellschaft und Teil der kommunalen Daseinsvorsorge wird nicht Rechnung getragen."
Weniger Live-Musik auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt
Wie groß ist das Problem der Musiknutzungsgebühren für die Märkte in Mitteldeutschland? MDR KULTUR hat bei städtischen und privaten Marktbetreibern nachgefragt. Die Branche ist offenbar gespalten.
Mit Problemen hat zum Beispiel der Weihnachtsmarkt in Leipzig zu kämpfen. Aufgrund der steigenden Kosten wird in der Messestadt das musikalische Live-Angebot drastisch reduziert werden. Walter Ebert, der Leiter des Marktamtes der Stadt, wünscht sich von der GEMA "Verhandlungen und einen fairen Tarif, der eben Abstufungen vorsieht. Aber das ist eine eben nicht gewerblich von der Stadt durchgeführte Veranstaltung. Wir sind hier kostendeckend kalkuliert."
Auch die Stadt Chemnitz schließt sich diesem Wunsch an. Wie es aus der Pressestelle hieß, könne man sich einen Weihnachtsmarkt ohne Musik nicht vorstellen und müsse sich deshalb vorerst mit den insgesamt gestiegenen Kosten arrangieren. Man hoffe aber weiter "auf eine Einzelfallentscheidung bezüglich der GEMA."
Deutliche Kritik aus Dresden
Deutliche Kritik kommt aus Dresden. "Die Sicht der GEMA verkennt, dass auch städtische Veranstalter mit erheblichen Kostensteigerungen zu kämpfen haben", gibt das Presseamt schriftlich Auskunft. Es räumt ein, dass die GEMA den Tarif U-ST, der für Stadtfeste gälte, für die Weihnachtsmärkte zuvor sehr kulant angewandt habe. Seit der Corona-Zeit wende die GEMA den Tarif aber strikt an, indem sie die gesamte Veranstaltungsfläche, von Hauswand zu Hauswand, zur Berechnungsgrundlage erhebe.
Die jetzt aufgerufenen GEMA-Gebühren überstiegen ein Vielfaches dessen, was an Gagen für die Künstler gezahlt wird, heißt es weiter: "Ohne Anpassungen an das Programm würde das zu einer Verzehnfachung der GEMA-Gebühren für den Striezelmarkt führen. Statt der bisher gezahlten 5.000 - 10.000 Euro würden über 55.000 Euro auf den Markt zukommen." Zusammen mit den Kulturdienstleistern und Partnern habe man nach annehmbaren Lösungen gesucht. Komplett still werde es nicht. An bestimmten Tagen werde es aber ein eingeschränktes Musikprogramm geben, insbesondere beträfe das Live-Auftritte unter der Woche, und es werde verstärkt auf linzenzfreie Werke gesetzt.
Kommerzielle Anbieter geben sich entspannt
Private Veranstalter von Weihnachtsmärkten sehen die Gebührendebatte entspannter. So sieht der Kulturservice Görlitz darin kein neues Problem: "Wir haben schon immer sehr präzise mit der GEMA zusammengearbeitet und versucht, die Kosten möglichst niedrig zu halten", so Geschäftsführer Gerd Weise. Allerdings dürften sich die Gebühren nicht weiter erhöhen, da sonst auch hier am Kulturprogramm gespart werden müsse.
Die Coex-GmbH, die unter anderem die Märkte in Wittenberg und Querfurt organisiert, teilt mit, dass es bei den Musiknutzungsgebühren keine Veränderung zu den Vorjahren gäbe, da die Marktflächen schon immer korrekt angeben worden seien.
GEMA: Keine Reduzierung in Aussicht
Bei der GEMA gibt es für die Kritik der Marktbetreiber wenig Verständnis: "Wenn ich als Besucherin 50 Cent oder sogar noch weniger für die Musik zahle, aber für den Glühwein fünf Euro und für die Wurst fünf Euro, dann finde ich schon, dass das ein nicht ganz stimmiges Verhältnis ist", gibt Pressesprecherin Ursula Goebel zu bedenken.
Einen Sondertarif für Weihnachtsmärkte werde es vorerst nicht geben, denn die Zusammenarbeit mit den meisten Weihnachtsmarktbetreibern laufe ohne Problem. Einzig die großen, kommerziell ausgerichteten Märkte würden sich gegen den geltenden Tarif sträuben. Zudem würden bereits jetzt flexible Tarife gelten, die zwischen hintergründiger Marktbeschallung und Liveauftritten unterscheiden und auch bei verregneten Tagen ließe sich die GEMA auf Nachlasse ein, so Goebel.
Quellen: MDR KULTUR (Florian Schade), MDR AKTUELL, redaktionelle Bearbeitung: tis
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kulturnachrichten Kompakt | 19. November 2024 | 06:30 Uhr