Ein junger Mann steht an einem Tisch und spricht mit einer älteren Dame, die am Tisch auf einem Stuhl sitzt.
Erst war der Ferienjob für Kylian Zeuschner (re.) im Seniorenheim nur zum Geldverdienen gedacht, dann avancierte die Branche zum Plan B für seine Berufswahl. Bildrechte: Kathrin König

Arbeiten in den Sommerferien Schülerjobber: "In den Ferien arbeiten, gehört auch zum Erwachsenwerden"

15. Juli 2023, 07:00 Uhr

Wer im Netz nach Sommerferienjobs in Sachsen sucht, bekommt hunderte offene Stellen in allen Branchen und Gewerken angezeigt. Schülerinnen und Schüler könnten auch noch spontan für die nächsten Ferienwochen einen Job finden, um ihr Taschengeld aufzubessern. Wenn sie denn wollen.

Im Sommer 2022 hatte Kylian Zeuschner ein Ziel: Geld verdienen für den Führerschein. Der Abiturient aus Bockelwitz bewarb sich als Ferienjobber im Seniorenheim Hartha, in dem seine Mutter arbeitet. "Das Geld war am Anfang für mich der einzige Grund, herzukommen", sagt der 18-Jährige. "Mir hat es Spaß gemacht, für die Leute da zu sein, das Team ist nett. Da bin ich in den nächsten Ferien wieder zum Arbeiten gekommen."

Mittlerweile hat der junge Mann sein Abitur geschafft und arbeitet erneut als Sommerferienjobber im Seniorenheim von Petra Schreiter in Hartha. "Ich beginne im Herbst meine Ausbildung zur Pflegefachkraft." Ursprünglich wollte er zur Polizei. Das habe aus gesundheitlichen Gründen nicht geklappt. Nun also Plan B.

Über den Sommerjob in die Ausbildung

Dass ein junger Mensch über den Ferienjob so den Weg in die Pflege findet, ist eher die Ausnahme, sagt Geschäftsführerin Perta Schreiter, die sich über Kylians Entscheidung freut. Voriges Jahr bekamen er und andere Schüler noch sechs Euro pro Stunde. Für Kylian war das damals okay. In diesem Jahr hat Chefin Petra Schreiter den Stundenlohn auf acht Euro für die Sommer-Jobber erhöht.

Jeder Schüler sollte mal ein, zwei Wochen arbeiten gehen. Es gehört auch zum Erwachsenwerden dazu, dass das Geld nicht einfach so auf den Bäumen wächst.

Kylian Zeuschner Ferienjobber und Abiturient

Arbeitgeber umwerben Schülerinnen und Schüler

"Wir fassen die Schülerjobber mit Samthandschuhen an", sagt die Unternehmerin, die seit 2009 in ihrer Einrichtung Ferienarbeit anbietet. Üblicherweise arbeiten Schülerinnen und Schüler 6,5 Stunden mit Pause am Tag, ein oder zwei Wochen lang. Petra Schreiter setzt die ungelernten Aushilfen in der Betreuung ein: mit Senioren spazieren gehen, Brettspiele spielen, etwas vorlesen, reden und kleine Hilfen vor den Mahlzeiten übernehmen, wie Tisch decken. Beim Arbeitsbeginn am Morgen richtet sich Schreiter auch nach den Anfahrtswegen der Schüler. Die meisten kämen von Dörfern rings um Hartha, da sei der Arbeitsstart um 6 Uhr "kein Muss".

Manche sagen, Respekt, dass du das machst. Mir macht die Arbeit Spaß. Man darf einfach keine Berührungsängste haben.

Kylian Zeuschner beginnt im Spätsommer Ausbildung zur Pflegefachkraft

"Nur wer es auch will, geht auch in die Pflege. Ansonsten tasten wir uns langsam heran, um jungen Leuten unseren Beruf zu zeigen", sagt Petra Schreiter. Kylian wollte in die Pflege. "Ich helfe den Leuten beim Laufen, beim Waschen, decke Tische ein, serviere Essen mit und räume ab. Mir macht das Spaß."

Ein junger Mann steht an einer Spüle und hält eine Tasse in der hand, die er gleich abspülen möchte.
Nur wer will, arbeitet als Ferienjobber auch in der Pflege in der "Seniorenresidenz mit Herz" in Hartha. Kylian Zeuschner wollte es und findet die Pflegebranche interessant. Bildrechte: Kathrin König

Darauf kommt es Unternehmerin Perta Schreiter an, dass sich der Nachwuchs aus eigenem Antrieb für den Beruf entscheidet. Diejenigen, die sich bei ihr für den Ferienjob bewerben, seien arbeitswillig und fragten nach dem Verdienst. Seit ein, zwei Jahren gebe es wieder mehr Bewerbungen für Ferienjobs. "Mindestlohn kann ich nicht zahlen, aber ich versuche, den Schülern zu zeigen, wie wir im Team arbeiten. Wir sind transparent, klären Probleme möglichst gleich und gehen auch mal wandern und grillen", sagt Petra Schreiter.

Kein Mindestlohn für Unter-18-Jährige in Ferienjobs

Ferienjobs bieten neben dem Aufbessern des Taschengelds Schülern erste wertvolle berufliche Erfahrungen. "Sie lernen, sich in einem Arbeitsumfeld zurechtzufinden, Aufgaben zu erledigen und Verantwortung zu übernehmen", sagt der Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Chemnitz, Frank Vollgold. Arbeitgeber sollten Schüler angemessen anleiten. "Natürlich sollten Schüler auch fair behandelt werden – sie haben mindestens die gleichen Rechte und Chancen wie alle anderen Beschäftigten." Für Unter-18-Jährige gelte im Ferienjob aber kein offizieller Mindestlohn.

"Bei der Auswahl der Branchen sollten die Interessen, Fähigkeiten und Neigungen berücksichtigt werden. Denn neben dem zusätzlichen Verdienst sollte die Ferienarbeit auch der persönlichen Weiterentwicklung helfen und den Jugendlichen Freude bereiten – denn sie arbeiten in ihren Ferien", betont Bundesarbeitsagentur-Sprecher Frank Vollgold. In fast allen Branchen in Sachsen gibt es demnach auch jetzt noch viele Möglichkeiten, einen Ferienjob zu finden.

Unverbindliche Bewerber verwundern Personaler

Einige Jobs hat auch Personalerin Heike Hamann bei Photon Meissener Technologies GmbH parat. "Früher hatten wir drei Mal mehr Bewerbungen und schon im Frühjahr viele Nachfragen für den Sommer. Um vielen gerecht werden zu können, nahmen wir Ferienjobber nur für maximal zwei Wochen." Heute könnten sie auch drei, vier Wochen lang bei der Firma in Meißen arbeiten.

2023 hätten sich einige gemeldet. Für den Arbeitsvertrag braucht Hamann die Schulbescheinigung. "Danach meldeten sich die meisten nicht wieder zurück. Woran liegt das? An der notwendigen Mail mit der Bescheinigung", wundert sich die Personalreferentin, die seit 1991 Mitarbeitende für Photon einstellt.

Früher galt das gesprochenen Wort. Darauf ist heute leider kein Verlass mehr.

Heike Hamann Personalreferentin

Die Schüler bekämen als Aushilfen im Lager und Versand sieben Euro Stundenlohn, Arbeitsbeginn ist 6:30 Uhr, Arbeitsschuhe müssten sie selbst mitbringen. "Vielleicht gehen die jungen Leute heute dahin, wo sie mehr Geld kriegen, eventuell in die Gastronomie. Aber dort sind ganz andere Anforderungen als bei uns mit leichter Aushilfsarbeit."

Eine junge Frau hinter einem Tresen in einem Café
Aushilfen und Ferienjobber werden überall gesucht, besonders häufig in der Gastronomie, zeigen Online-Angebote und sagt die Arbeitsagentur. (Symbolbild) Bildrechte: imago images / blickwinkel

Stolz auf selbst verdientes Geld

"Sechs, sieben Euro in der Stunde haben oder nicht. Es ist selbst verdientes Geld, das nicht von Mama oder Papa kommt", sagt der Sommerferien-Jobber Kylian in Hartha dazu. Einer seiner Schulfreunde arbeite im Sommer auf dem Bau. Dort bekomme er Mindestlohn (12,85 Euro/Stunde) und habe ihn auch gefragt, ob ihm das Geld im Seniorenheim nicht zu wenig sei. "Das muss jeder selbst entscheiden", findet der angehende Azubi im Pflegebereich.

MDR (kk)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 12. Juli 2023 | 10:00 Uhr

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