Finanzpolitik CDU Sachsen: Schuldenbremse wird nicht angepasst
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27. April 2023, 16:33 Uhr
Sachsens CDU-Fraktion spricht sich endgültig gegen eine Modernisierung der sächsischen Schuldenbremse aus. Während der Corona-Krise wurden erstmals wieder Milliarden Schulden aufgenommen, was vorher jahrelang tabu war. Mehrere Parteien wollten die Regeln fürs Tilgen und weitere Schuldenmachen lockern. Dafür müsste die Landesverfassung geändert werden. Die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit dafür wird es mit dem Nein der CDU nicht geben. Die Kritik am Entschluss folgte prompt.
- CDU sagt endgültig Nein zu Veränderungen der Regeln zum Schuldenmachen.
- Die Partei sieht darin verantwortungsvolle Finanzpolitik.
- Koalitionspartner bezeichnen Entschluss als Fehler und Unbeweglichkeit.
Nach Monaten der Diskussionen hat die sächsische CDU-Fraktion nun endgültig Nein zur Reform der Schuldenbremse in der Landesverfassung gesagt. Und wird daraufhin mit Kritik überschüttet, von Koalitionspartnern, Opposition und Gewerkschaftsseite.
SPD beurteilt CDU-Beschluss als Fehler
"Der Beschluss der CDU-Fraktion ist ein Fehler, der Sachsen noch teuer zu stehen kommt", erklärt SPD-Fraktionschef Dirk Panter am Donnerstag in Dresden am Rande der Landtagssitzung. "Leider dominiert bei vielen Kollegen der CDU noch die fundamentalistische Finanzpolitik des letzten Jahrtausends." Wirklich generationengerechte Politik sorge dafür, dass in die Zukunft investiert werde. Jetzt wäre es an der Zeit gewesen, die untauglichen Regeln zu Tilgungsfrist und Normallage anzupassen. Die SPD hatte unter anderem vorgeschlagen mit einem Sachsenfonds Zukunftsinvestitionen zu tätigen. Sie wolle bei diesen Themen weiter Druck machen, so Panter.
Schuldenmachen wegen der Corona-Krise
Sachsen ist in den vergangenen Jahren einen strikten Haushaltskurs gefahren, hat Schulden abgebaut und gehört so seit Jahren zu den Bundesländern mit der niedrigsten Pro-Kopf-Verschuldung. Wegen der Corona-Krise hatte der Freistaat 2020 erstmals seit 2006 wieder Schulden gemacht. Der Landtag ermächtigte die Regierung, zur Bewältigung der Pandemie-Folgen Kredite von bis zu sechs Milliarden Euro aufzunehmen. Wegen der gesetzlichen Vorgaben in der Verfassung müssen diese Kredite innerhalb von acht Jahren zurückgezahlt werden. Die erste Tranche wäre in diesem Jahr fällig.
Um den Handlungsspielraum nicht zu stark einzuengen, hatten sich Grüne und SPD dafür ausgesprochen, die Frist zu verlängern. Dafür bräuchte es eine Verfassungsänderung. Da auch die Linken dies befürworten, schien die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit greifbar.
Bis zum Nein der CDU jetzt. Die Union begründet dies mit einer verantwortungsvollen Finanzpolitik. Die bisherigen Regelungen hätten sich als krisenfest erwiesen, daher bestehe derzeit keine Veranlassung zur Änderung der Verfassung in diesem Punkt, sagt CDU-Finanzexperte Jan Löffler. "Eine Verfassung ändert man nicht ohne Not. Insbesondere darf sie nicht zum Spielball parteipolitischer Interessen gemacht werden, wie es die SPD offenbar anstrebt."
Eine Verfassung ändert man nicht ohne Not.
Die Grünen kontern: "Uns geht es um eine Anpassung der sächsischen Schuldenbremse – die wirtschaftliche Konjunktur soll zukünftig berücksichtigt werden, um realistische Einnahmeprognosen treffen zu können. Das ist die Grundlage solider Haushaltsaufstellungen", sagt Fraktionschefin Franziska Schubert. Das Nein der CDU habe mit konservativ wenig zu tun, verhindern sei hier Programm. "Mit der Unbeweglichkeit der größten Koalitionspartnerin in Modernisierungsfragen mussten wir von Anfang an umgehen, nicht nur bei finanzpolitischen Fragestellungen", bedauert sie die Entscheidung.
Mit der Unbewegichkeit der größten Koalitionspartnerin in Modernisierungsfragen mussten wir von Anfang an umgehen, nicht nur bei finanzpolitischen Fragestellungen.
DGB und Linke: Schuldenbremse ist "Klotz am Bein" und Versäumnis
Als "Klotz am Bein" bezeichnete der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Sachsen (DGB), Markus Schlimbach, die aktuelle Regelung zur Schuldenbremse. In den kommenden Jahren müsse in Sachsen viel investiert werden. "Moderne Bildung, Digitalisierung, Energiewende, ein moderner, flächendeckender Nahverkehr - all das wird nicht aus der Portokasse bezahlt. Aufgeschobene Investitionen sind eine Belastung für künftige Generationen. All das spielt offensichtlich keine Rolle, wenn man an finanzpolitischen Dogmen festhalten will."
Ein großes Versäumnis, meint Linksfraktionschef Rico Gebhardt. Das Instrument schade mehr als es nutze. "Die Koalition trägt ihren Streit weiter öffentlich aus. Für mich heißt das: Auch in dieser Wahlperiode wird die Verfassung an dieser Stelle nicht modernisiert."
Koalition diskutiert weiter über Verfassungsänderungen
Aus den Regierungsfraktionen heißt es, man wolle die anderen Änderungswünsche an der Verfassung weiter diskutieren, wie neue Regeln für mehr direkte Bürgerdemokratie, die Aufnahme des Naturschutzes als Verfassungsziel oder die Tilgung des Rasse-Begriffs aus dem derzeitigen Verfassungstext. Dazu allerdings gab es mit den Linken bislang auch noch keine Gespräche. Viel Zeit bis zur Landtagswahl 2024 bleibt nicht mehr.
MDR (kk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 27. April 2023 | 18:00 Uhr