Ost-West-Verbindung Was für einen neuen City-Tunnel in Leipzig spricht – und was dagegen
Hauptinhalt
03. Juli 2024, 05:00 Uhr
Um den Verkehr rund um das Stadion in Leipzig zu entlasten, gibt es die Überlegung, einen weiteren City-Tunnel zu bauen. Dieser soll quer zum bestehenden Tunnel den Osten und den Westen besser verbinden. Allerdings würde das Bauprojekt mehrere Milliarden Euro kosten. Um herauszufinden, ob so ein neuer City-Tunnel möglich wäre, wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.
- Laut CDU-Politiker Andreas Nowak braucht Leipzig eine Verbindung zwischen Osten und Westen, um den Verkehr rund um das Stadion zu entlasten.
- Der Bau eines neuen Tunnels würde mehrere Milliarden Euro kosten.
- Er müsste unter den bestehenden City-Tunnel gebaut werden, was den Bau erschwert.
Fast eine Milliarde Euro teuer, rund 14 Jahre für Planung und Bau – der Leipziger City-Tunnel war ein Mammutprojekt. Und entwickelte sich zum Erfolg. Jeden Werktag sind rund 90.000 Fahrgäste im Tunnel unterwegs.
Verbindung zwischen Osten und Westen
Warum nun aber eine zweite Röhre? Laut dem Leipziger CDU-Politiker und Verkehrsexperte Andreas Nowak war der Ausgangspunkt der Überlegung der Verkehr rund um das Stadion. "Das zeigt sich auch bei der EM wieder. Wenn dort mehr als 40.000 Leute gleichzeitig an- und abreisen wollen – vor allem die Abreise ist da ja immer wieder chaotisch – dann braucht es ein Massenverkehrsmittel, was diesen Namen auch verdient."
Zurzeit gebe es dieses Massenverkehrsmittel nicht. "Deswegen ist die Idee, das Stadion an das S-Bahn-Netz anzuschließen, jetzt auf dem Markt", sagt Nowak.
Im Kern geht es um eine rund sieben Kilometer lange Verbindung vom Leipziger Osten über den Hauptbahnhof, das RB-Stadion bis in den Westen der Stadt. Diese zweite Röhre wäre um ein Vielfaches länger als der bestehende City-Tunnel.
Skepsis bei riesigen Bauprojekten
Der Bau würde mehrere Milliarden Euro kosten. Von einer horrenden Summe spricht daher Torsten Herbst, Verkehrspolitiker und parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion. Momentan gibt es laut Herbst eine große Skepsis gegenüber Großprojekten im Bereich Eisenbahn.
Als Beispiel nennt er Stuttgart 21: "Da wurde mit politischem Anschieben ein Projekt realisiert, was enorme Risiken hatte und was sich als Milliardengrab entpuppt hat. Ich glaube, deshalb gibt es eine gewisse Skepsis und Vorsicht, neue Projekte zu betrachten. Wenn wir über einen Tunnel reden, der vier bis fünf Milliarden Euro kostet, dann ist das keine kleine Hausnummer und nichts, was einfach zu realisieren ist."
Bahsteige in 55 Meter Tiefe
Als völlig aberwitzig bezeichnet der Fahrgastverband ProBahn die Idee für einen zweiten City-Tunnel. Abgesehen von den enormen Kosten, wäre das Projekt auch technisch äußerst schwierig umsetzbar.
Zu den Gründen sagt ProBahn-Referent Carsten Schulze-Griesbach: "Im Gegensatz zu anderen Städten, die schon kreuzende oder querende U-Bahn-Netze haben wie Berlin oder München, muss man hier nachträglich einbauen." Im City-Tunnel sei keine Vorkehrung für eine Kreuzung getroffen.
Deswegen müsse der neue City-Tunnel über oder unter dem bestehenden gebaut werden. "Man kann nicht durchfahren, da geht er kaputt. Obendrüber ist kein Platz, weil die S-Bahn-Stationen gehen bis ganz knapp unter die Erdoberfläche und obendrüber ist auch eine Altstadt. Also muss man drunter und da sind wir halt bei Bahnsteigtiefen um die 55 Meter."
In dieser Tiefe zu bauen, wäre enorm aufwändig, um nicht die Stabilität des vorhandenen City-Tunnels zu gefährden, sagt Schulze-Griesbach. Außerdem bräuchten Fahrgäste vielmehr Zeit, um aus 55 Metern Tiefe an die Oberfläche zu gelangen. Dieser Zeitverlust kippe jede Wirtschaftlichkeitsrechnung ins Absurde.
Machbarkeitsstudie Ende 2025 fertig
Der Leipziger CDU-Abgeordnete Andreas Nowak kann solchen Argumenten nicht folgen: "Das Argument mit den tiefen Tunnelröhren, das haben sie in Prag bei der U-Bahn, das haben sie in Budapest bei der U-Bahn oder auch in Moskau. Das sind also alles nicht unlösbare Probleme. Wenn wir viele Verkehrsprojekte, die vor ganz vielen Jahrzehnten mit Blick nach vorne geplant wurden, nicht gemacht hätten, dann wäre heute Infrastruktur in Größenordnungen nicht da." Als Beispiel nennt er den Leipziger Hauptbahnhof.
Die Hoffnungen vieler Kommunalpolitiker ruhen jetzt auf einer Machbarkeitsstudie. Die soll demnächst in Auftrag gegeben werden und Ende nächsten Jahres fertig sein.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 03. Juli 2024 | 06:05 Uhr