Kabarett Lisa Eckhart: Ostdeutsche und Österreicher sind sich näher als Ossis und Wessis
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03. Oktober 2023, 12:11 Uhr
Die Kabarettistin Lisa Eckhart stammt aus Österreich und lebt seit einigen Jahren in Leipzig. Dort startet sie am 3. Oktober ihr neues Programm "Kaiserin Stasi die Erste", mit dem sie anschließend auf Osttournee geht. Weder Datum noch Ort sind zufällig. Denn sie spielt darin mit der These, die Ostdeutschen seien unfähig zur Demokratie und errichtet eine "kommunistische Monarchie". Über das Programm, die vermeintliche Nähe zwischen Ossis und Ösis und satirische Provokationen gab sie im MDR-Gespräch Auskunft.
- Lisa Eckhart tritt in ihrem neuen Kabarett- Programm als "Kaiserin Stasi die Erste auf" und spielt darin mit dem Vorwurf, Ostdeutsche seien unfähig zur Demokratie – so wie die "Ösis".
- Die Kabarettistin startet ihre aktuelle Tour am 3. Oktober in Leipzig, zunächst führt sie durch den Osten.
- Auch zum Vorwurf, Antisemitismus zu verbreiten und zur Frage, was Satire darf, nimmt sie Stellung.
Für die Kabarettistin Lisa Eckhart stehen sich Ostdeutsche und Österreicher näher als Ossis und Wessis. Dieses Verbundenheitsgefühl rühre schon aus der "gewissen Art, wie der Westen uns sieht", sagte die in Leipzig lebende Österreicherin Eckhart im Gespräch mit dem MDR. Aus westdeutscher Sicht sei man "schon deutsch", aber auch "so ein bisschen slawisch" wegen der historischen Beziehung Österreichs zu Ungarn und dem Balkan sowie der DDR zur Sowjetunion.
Auch die abfälligen Bezeichungen "Ossis" und "Ösis" trügen dazu bei. So hätten ihr einige Ostdeutsche erzählt, sie wären lieber mit Österreich vereinigt worden. Die Satirikerin bringt es so auf den Punkt: "Wir sind ein bisschen die dümmlichen Sidekicks neben der tragischen Germania, die ganz finster und ernst ist." Deswegen könne man sich aber "humortechnisch auch ein bisschen mehr rausnehmen".
Ossis und Ösis "ein bisschen unfähig zur Demokratie"?
Österreichern und Ostdeutschen würde zudem oft von Westdeutschen unterstellt, sie seien "ein bisschen unfähig, was die Demokratie betrifft", so Eckhart. Ein Gedanke, den die Kabarettistin "nicht total von der Hand weisen" will.
An die These von der vermeintlichen Demokratieunfähigkeit der Ostdeutschen knüpft sie mit ihrem aktuellen Bühnenprogramm "Lisa Eckhart – Kaiserin Stasi die Erste" an. Darin spielt sie durch, wie eine kommunistische Monarchie aussehen würde, "um die Demokratie ein bisschen aufzupeppen", so Eckhart im MDR-Gespräch. Sie habe natürlich nicht die Absicht, die Staatssicherheit wieder zu errichten: "Das bringt ja auch nichts. Jeder Smartphone-Besitzer ist heute inoffizieller Mitarbeiter, auf sich und andere angesetzt." Das Programm führe in eine Gesellschaft, in der es keine Geräte gebe, die Maschinen seien der neue Klassenfeind.
Ich führe gern zwei Probleme zusammen und dann ergibt sich ein moralisches Dilemma. Um zu zeigen, es ist nicht alles so einfach: Wir werden immer wieder in Zwickmühlen geraten.
"Kaiserin Stasi die Erste": Auf Tour zunächst in Ostdeutschland
Auftakt ihrer Tournee ist am 3. Oktober in Leipzig. Die Tour führe in den ersten Monaten bewusst nur durch den Osten, erklärte die Kabarettistin. Eckhart, die "amourös verschleppt" seit 2017 an der Pleiße lebt und von sich sagt, dass sie sich auch sprachlich langsam integriere, schiebt nach: Jetzt habe bei der Tour sozusagen der Osten "das Recht der ersten Nacht", dann komme der Westen dran. Gleichwohl fände sie es "charmant, wenn die Wessis zu uns rüberkommen müssen". Sie bitte ihr ostdeutsches Publikum, "wenn Sie einen Wessi ausfindig machen, ihn nicht gleich zu denunzieren oder fortzujagen."
Humor ist das Göttlichste, was wir haben, um damit zurechtzukommen, dass wir sterblich sind.
Antisemitismus-Kritik: Was darf Satire?
Die Kabarettistin und Romanautorin Lisa Eckhart wurde 1992 im österreichischen Loeben geboren. Ihr bürgerlicher Name ist Lisa Lasselsberger. Sie hat in Paris, Wien und Berlin Germanistik und Slawistik studiert und spricht Englisch, Französisch und Russisch. Seit 2015 tritt sie als Solo-Kabarettistin auf und ist unter anderem seit 2019 Stammgast in der ARD-Kabarettsendung "Nuhr im Ersten".
Sie gilt als umstritten – so wird ihr vorgeworfen, antisemitische Klischees auszuschlachten und als hintergründige Satire zu verkaufen. Darauf angesprochen erklärt sie im MDR-Gespräch, sie sehe die Aufgabe des Kabaretts darin, den herrschenden Zeitgeist zu kritisieren, das sei mal links, mal rechts. Weder wolle sie belehren oder Partei ergreifen, noch "Menschen bei vermeintlichen moralischen Haltungsschäden eine Stütze geben". Und:
Ich habe mich nie als sonderlich provokant empfunden. Die Themen, an denen ich mich abarbeite, die sind provokant: Krieg, Tod, Rassismus, Sexismus. An sich bin nicht ich das Problem, sondern die Zumutungen dieser Welt.
Das Programm "Lisa Eckhart – Kaiserin Stasi die Erste" wird voraussichtlich das letzte ihrer Karriere als Kabarettistin sein. Wie es weitergehe, wisse sie noch nicht: "Ich wäre gern Papst. Aber ich hoffe auch nicht, dass die Kirche ihre Regeln so aufweicht, dass es mir als Frau möglich sein wird. Da ist meinem eigenen Traum mein Konservatismus Feind", so Eckhart. Nach eigenem Bekunden könnte sie sich vorstellen, im karitativen Bereich zu arbeiten.
Quelle: Podcast "Aufgefallen" (MDR Sachsen, Andreas Berger), MDR.de, Redaktionelle Bearbeitung: op, ks
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 02. Oktober 2023 | 20:00 Uhr