Ehrenamtliche Arbeit THW-Ausbildung in Grimma: "Lieber Anpacken als Däumchen drehen"

16. September 2023, 08:00 Uhr

Flutkatastrophen wie jetzt gerade in Libyen oder 2021 im Ahrtal, Waldbrände in Sachsen oder skurrile Einsätze, wie die Befreiung einer Kuh aus dem Morast: Das Technische Hilfswerk ist an vielen Orten und in vielen Situationen gefragt. Beim THW-Ortsverband Grimma werden gerade Katastrophenhelfer geschult.

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Martin Leopold ist seit 21 Jahren beim Technischen Hilfeswerk (THW). Wann er den Entschluss gefasst hat, sich als freiwilliger Helfer in der Not zu engagieren, daran kann sich der Mann aus Grimma noch ganz genau erinnern: "Das war die Elbeflut 2002, danach wollte ich entweder zum THW oder zur Feuerwehr", berichtet der 33-Jährige MDR SACHSEN.

Vor 21 Jahren waren laut THW rund 24.000 eigene Kräfte sechs Wochen lang ununterbrochen im Einsatz. 662 der 668 deutsche Ortsverbände beteiligten sich, evakuierten mehr als 100.000 Menschen und verbauten 33 Millionen Sandsäcke. Es war der bis dahin größten Einsatz in der Geschichte des THW.

Stundenplan: Tauchpumpe, Notstromaggregat und Gefahren beim Einsatz

Leopold startete mit 12 Jahren in einer Jugendgruppe, entschied sich dann kurze Zeit später für das Hilfswerk. Mittlerweile ist er Zugführer beim THW Grimma und ist selbst Ausbilder. Gerade durchläuft eine 18-köpfige Gruppe eine Kompaktwoche mit anschließendem Abschluss der Grundausbildung.

Die Themen, die er den neuen Helfern näher bringt, sind vielfältig: die Beleuchtung einer Rettungsstelle, das Anwenden von Ketten, Gefahren an der Einsatzstelle. Auch die Arbeit mit einer Tauchpumpe, einem Notstromaggregat und einem hydraulischen Rettungsgerät stehen auf dem Programm.

Kein Bildungsurlaub für Teilnehmer aus Sachsen

Die Teilnehmer der Grundausbildung kommen aus den sieben Ortsverbänden Grimma, Borna, Torgau, Leipzig, Eilenburg, Gera und Altenburg. Obwohl alle das gleiche lernen und den selben Aufwand haben, gibt es doch Unterschiede, erklärt Ausbilder Leopold: "Die Teilnehmer aus Altenburg und Gera können für die Woche den Thüringer Bildungsurlaub nutzen." In Sachsen sei das nicht möglich. Das heißt: Wer an der einwöchigen Ausbildung teilnehmen will, muss Urlaub nehmen. Denn auf eine Freistellung von der Arbeit haben sie keinen Anspruch.

Doch obwohl die Situation in Sachsen für die Ausbildung der Helfer in diesem Punkt nicht optimal ist, scheint es vorerst kein Nachwuchsproblem beim THW zu geben. Mit den Helferzahlen von Grimma zeigt sich Leopold "aktuell sehr zufrieden. 80 haben wir schon, 13 legen noch eine Prüfung ab, und wir haben schon wieder neue Bewerber und Bewerberinnen". Die letzten Katastrophen hätten wieder Interesse an der Aufgabe geweckt, sagt Leopold.

Energiekrise: "Lieber Anpacken als Däumchen zu drehen"

Daniel ist einer der 18 "Neuen" beim THW, die gerade in der Grundausbildung stecken. Er erklärt sein Motiv für sein Engagement als Ehrenamtlicher so: "Zum einen habe ich einen Bürojob, der mich handwerklich nicht wirklich auslastet. Da war die logische Konsequenz, etwas mit den Händen zu tun. Und zweitens war es die Energiekrise: Sollte es wirklich zu einem Blackout kommen, packe ich doch lieber mit an und helfe der Bevölkerung, anstatt zu Hause im dunklen Kämmerlein Däumchen zu drehen."

Mit 16 Jahren könne man, so Leopold, die Ausbildung beim THW beginnen und mit 18 Jahren dann mit zum Einsatz kommen. Neben einem Gesundheitstest ist dem erfahrenen THW-Helfer zufolge eine Sache außerdem wichtig: Teamfähigkeit. Die sei unabdingbar: "Es ist einfach eine große Teamarbeit, die Einsätze können nur gemeinsam abgehalten werden. Man sollte da kontaktfreudig sein und Interesse am Umgang mit anderen Menschen haben." Den technischen Umgang mit den Geräten werde den Ehrenamtlern in der Ausbildung beigebracht.

Grimmaer Frauenquote knapp unter dem Bundesschnitt

Derzeit engagieren sich beim THW deutlich mehr Männer als Frauen. Die Frauenquote in Grimma liegt Leopold zufolge bei 15 Prozent, im Bundesdurchschnitt bei 16 Prozent: "Drei Frauen legen auch die aktuelle Prüfung ab. Die können das genauso gut wie die Männer. Bei schwerem Gerät wird dann zu zweit angepackt", erzählt Leopold.

Technisches Hilfswerk THW Das Technische Hilfswerk (THW) heißt offiziell Bundesanstalt Technisches Hilfswerk. Dabei handelt es sich um die deutsche Zivil- und Katastrophenschutzorganisation des Bundes mit Sitz in Bonn. Gegründet wurde die Behörde, die im Geschäftsbereich des Innenministeriums liegt, im August 1950.
Zuvor war der in Leipzig-Plagwitz geborene Pionieroffizier und Architekt Otto Lummitzsch vom damaligen Bundesinnenminister Gustav Heinemann beauftragt worden. Lummitzsch hatte bereits den THW-Vorläufer, die bis 1945 existierende Technische Nothilfe (TN), gegründet. In der DDR war die Organisation Zivilverteidigung (ZV) für den Schutz der Bevölkerung vor Katastrophen zuständig. Finanziert wird das THW aus Steuermitteln. 98 Prozent der THW-Mitarbeiter sind Ehrenamtliche.

MDR (cke)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 15. September 2023 | 16:30 Uhr

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