Chefs der Wölflinge Wie Pfadfinder in Sachsen ihre Meute leiten
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22. April 2023, 10:00 Uhr
Trotz Ferienzeit treffen sich Jugendliche, um zu lernen, wie sie eine Pfadfindergruppe leiten. Sie tun das, um die Gruppen in Sachsen weiterhin erhalten zu können und um die Gemeinschaft zu genießen. Denn wenngleich das Lernen anstrengend ist, so finden sie dort auch neue Freundschaften.
- Um die Pfadfindergruppen in Sachsen erhalten zu können, werden Jugendliche zu Gruppenleitungen ausgebildet.
- Die Teilnehmenden der Schulung können das Gelernte direkt vor Ort mit Kindern umsetzen.
- Mithilfe vieler Feedback- und Reflexions-Einheiten sind sie nach nur einer Schulungswoche bereit, eine eigene Gruppe zu übernehmen.
Isabel Wilkendorf steht verschlafen im Hof des E-Werks Oschatz. Bis zwei Uhr nachts hat sie noch Schulungseinheiten vorbereitet. Sie ist eine der Leiterinnen des Kurses für sogenannte Meutenführungen.
Eine Meute ist eine Gruppe junger Pfadfinderinnen und Pfadfinder, die etwa zwischen sechs und elf Jahren alt sind. "Wölflinge" heißen sie auch. Die Gruppen sind in Sachsen gut besucht, leider fehlt es oft an Leiterinnen und Leitern. Die ziehen nämlich nach der Schulzeit aus den Kleinstädten weg und hinterlassen dann eine Lücke, die nicht so leicht zu füllen ist.
Jugend leitet Jugend
Auf dem Gelände des E-Werks bringen Isabel Wilkendorf und 16 andere Pfadfinderinnen und Pfadfinder deshalb Jugendlichen bei, wie sie ihre eigene Meute leiten können. Dabei geht es nicht mehr um Kartenlesen, Feuer machen oder Pflanzen bestimmen, denn das haben die Teilnehmenden in der Regel bereits in ihren bisherigen Gruppen gelernt.
Im Meutenführungskurs erfahren sie vielmehr, wie sie Gruppenstunden so planen, dass den Kindern nicht langweilig wird. "Es muss einen Spannungsbogen geben", weiß Isabel Wilkendorf. Theoretische Einheiten gibt es ebenfalls. Da geht es dann um Gruppendynamik, Rechte und Pflichten einer Gruppenleitung und um Prävention, z.B. gegen sexualisierte Gewalt. Die Jugendlichen lernen, ihre Kids im Blick zu haben, zu erkennen, wenn es ihnen nicht gut geht und wie sie ihnen dann helfen.
Wir lernen hier alles, was man so braucht als ersten Baukasten, um als Meutenführung einzusteigen.
Lernen - auch in den Ferien
Mittlerweile sitzt Isabel Wilkendorf mit einigen Teilnehmenden im Frühstücksraum, endlich gibt es Kaffee und etwas zu essen. Zwei junge Mädchen erzählen, warum sie ihre Ferien für eine Schulung opfern: "Ich möchte gern in der Meute mitmachen und bin hier, um mehr zu lernen über die Wölflinge. Es ist auch nur eine Woche Ferien, die kann man schon einmal abgeben"
"Also ich find das hier besser als Ferien", entgegnet die Freundin. "Es ist einfach megaschön, dieses Zusammenleben. Am Anfang war ich ein wenig skeptisch den anderen gegenüber, aber nach ein paar Stunden hab ich gemerkt: Die sind ja voll cool und jetzt ist es so als würde ich die schon jahrelang kennen."
Das Erlernte gleich umsetzen
Ein Blick auf die Uhr – eine Ansage an alle: In 20 Minuten stehen alle wetterfest angezogen auf dem Hof. Dann geht das Großspiel los.
Im ganzen E-Werk haben die Teilnehmenden Stationen mit Spielen und Basteleinheiten aufgebaut, es herrscht reges Treiben wie auf einem Jahrmarkt. Hier werden Gesichter bemalt, dort gibt es Dosenwerfen, einige Flure werden durch Spinnennetze versperrt, die eine Kletterpartie erfordern. Die Wölflinge, an denen sie ihre neu erlernten Leitungsfertigkeiten ausprobieren können, sammeln fleißig Stempel an jeder Station. Am Ende zeigen sie stolz ihre vollen Stempelkarten vor.
Zum Schluss sind alle kaputt, aber glücklich. Das Großspiel hat funktioniert, die Wölflinge hatten Spaß. Eine ausführliche Feedbackrunde zeigt: Im Gegensatz zum Anfang des Kurses haben die Jugendlichen schon sehr viel gelernt. Zwar hapert es an einigen Stellen noch, an gleichmäßiger Aufgabenverteilung zum Beispiel, aber letztlich ist es allen am wichtigsten, dass die Wölflinge eine gute Zeit haben.
Reflexion ist das A und O
Am Abend wird es noch eine besinnliche Einheit geben, einen Lichterpfad. "Kram mit Kerzen und Gefühlen", nennt Isabel Wilkendorf es salopp. Dabei werden entlang eines Weges Lichter aufgestellt, jedes steht für eine Station zum Innehalten und Reflektieren. Darüber, was die Jugendlichen gelernt haben, wie sie das neue Wissen anwenden wollen, wie es ihnen nach dieser intensiven Woche geht. Denn das ist bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern wichtig: Darauf achten, dass es allen gut geht.
MDR (rha)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Guten Morgen Sachsen | 21. April 2023 | 11:50 Uhr