Lieferdienst Gorillas
Der Lieferdienst Gorillas in Leipzig steckt tief in der Krise. Es kommen kaum noch Bestellungen rein, Lieferanten können nicht bezahlt werden. Bildrechte: IMAGO/Michael Gstettenbauer

Leipzig Gorillas in der Krise: Experte erwartet Marktbereinigung bei Lieferdiensten

19. August 2023, 11:23 Uhr

Der Lieferdienst Gorillas ist einst angetreten, um den Lebensmittelmärkten Konkurrenz zu machen. Doch momentan befindet sich das Unternehmen im Abschwung. Monatlich werden Verluste im Millionenbereich gemacht. Für Experten kommt das nicht überraschend. Der Markt ist hart umkämpft. Professor Erik Maier erwartet eine Bereinigung.

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Beim Lebensmittel-Lieferdienst Gorillas in Leipzig herrscht zurzeit Untergangsstimmung. Es fühle sich so an, als werde es Gorillas schon in wenigen Monaten nicht mehr geben, sagt ein Fahrer, der anonym bleiben will: "Wir haben jetzt schon seit fast zwei Monaten kaum noch Bestellungen am Tag. Wo wir damals vielleicht 300 Bestellungen am Tag hatten, haben wir jetzt 50 oder 40. Also deutlich weniger."

Die wenigen Bestellungen liefere nur noch ein einziger Fahrer aus, früher seien es drei oder vier gewesen, erzählt der junge Mann. Ein Lager in Leipzig sei schon geschlossen worden. Und in den beiden übrigen seien die Regale deutlich leerer geworden.

"Frischware kriegen wir bis auf weiteres erst mal nicht mehr rein, war die Ansage, weil an den Lieferanten nicht bezahlt wird. Also haben wir momentan einen sehr großen Sparkurs, was ich sehe. Auch Backwaren, Obst und Gemüse haben wir jetzt schon seit gut einem Monat nicht mehr."

Monatliche Verluste im zweistelligen Millionenbereich

Vor zwei Jahren galt Gorillas noch als revolutionäres Startup, mit milliardenschweren Investoren sollte nicht weniger als die gesamte Lebensmittelbranche erobert werden und das weltweit. Doch der Preisdruck ist hoch. Gorillas macht internen Unterlagen zufolge monatlich Verluste im zweistelligen Millionenbereich. Bei jeder Lieferung zahlt das Unternehmen drauf: Eine Bestellung von zum Beispiel rund 27 Euro kostet Gorillas 32 Euro. Im April wurde Gorillas vom türkischen Rivalen Getir übernommen. Nun sind nicht mal mehr Milch und Eier zu haben.

Experte: Rückschritt bei Lieferdiensten

Die Turbulenzen kämen jedoch nicht überraschend, sagt Erik Maier, Professor für Marketing und Handel an der Leipziger HHL. Und zwar nicht nur bei Gorillas, sondern in der gesamten Branche.

"Man sieht, dass die Unternehmen ursprünglich eingetreten sind, um im Lebensmitteleinzelhandel Konkurrenz zu machen. Die haben ihre Liefergebiete ständig erweitert und neue Städte aufgemacht. Jetzt sehen wir wieder einen Rückschnitt des Ganzen, die Unternehmen fangen in jedem Unternehmen mit einer Konsolidierung der Gebiete an. Sie beliefern nicht mehr überall, sie wachsen nicht mehr weiter und sie entlassen Mitarbeiter."

Ökonom: Nur ein Unternehmen wird übrig bleiben

Bei Gorillas gehen die Turbulenzen offenbar sogar soweit, dass Zulieferer nicht mehr bezahlt werden können. Einige stellten daher in den letzten Wochen ihre Zulieferungen ein. Für Erik Maier ist klar, dass bald einige Unternehmen der Branche auf der Strecke bleiben werden. Er erwartet eine Marktbereinigung.

"Bereinigung heißt, dass wir eine Konsolidierung haben, dass die Anzahl der Spieler zurückgeht. Bei den schnellen Lieferdiensten haben wir jetzt noch einen sehr wettbewerbsintensiven Markt. Wir haben die Gorillas, wir haben Flink, wir haben auch internationale Spieler wie Volt und Uber. Und hier erwarte ich eine interne Bereinigung, also dass nur noch ein Unternehmen übrig bleibt."

Nur welches Unternehmen? Das ist jetzt die große Frage.

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