Verwaltung Langes Warten auf Termine bei Leipziger Bürgerämtern
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15. September 2023, 06:00 Uhr
Unser Hörer Michael Demme wollte einen Kinderreisepass beantragen und war schockiert darüber, wie schwierig es zurzeit ist, bei der Stadt Leipzig einen Termin zu bekommen. Mehr als drei Stunden musste er auf seinen Termin warten. Auf der Website der Stadt ist zu lesen, dass in nächster Zeit gleich mehrere Bürgerbüros gleichzeitig geschlossen haben, für einige Tage sogar alle. Wie konnte es dazu kommen und welche kurzfristigen Lösungen hat die Stadt dafür?
- Wer spontan einen Termin in einem Leipziger Bürgerbüro bekommen will, muss zurzeit mit einer mehrstündigen Wartezeit rechnen.
- Die Stadt Leipzig selbst räumt ein, dass das System derzeit "nicht funktioniert".
- Ab November könnte sich die Lage wieder etwas entspannen.
Zehn vor acht war Michael Demme für einen Spontantermin am Bürgeramt Paunsdorf. "Da waren bereits 46 Personen vor mir, die dort gestanden haben in der Schlange, obwohl die Ticketvergabe erst um acht Uhr startet. In der Summe hab ich dann drei Stunden und 38 Minuten gewartet, bis ich zu dem Sachbearbeiter ins Bürgeramt reinkonnte." Mit seinen dreieinhalb Stunden Wartezeit hatte unser Hörer vergleichsweise noch Glück.
Lange Schlange vor dem Bürgerbüro Otto-Schill-Straße
Anna hilft nicht mal ihre große Geduld. Sie treffe ich bei der Stichprobe an einem Mittwoch vor dem Bürgerbüro Otto-Schill-Straße in der Innenstadt. Auch sie war um acht schon einmal da – und wurde weggeschickt, als die 120 verfügbaren Tickets vergeben waren. "Es standen genau zwei Leute noch vor mir in der Schlange und dann wurde die Ansage durchgeführt, dass keine Tickets mehr vorhanden sind und dass eventuell nochmal gegen zehn Uhr oder kurz vor zehn die zweite Runde eröffnet werden könnte. Dann bin ich kurz in die Bibliothek rein und hab diese eineinhalb Stunden gewartet und jetzt ist es halt auch wieder gescheitert."
Seit drei Wochen versucht sie so an einen Termin zu kommen – ohne Erfolg. Mit ihr werden an diesem Mittwoch etwa 50 Leute in der zweiten Runde weggeschickt. Dabei hat die Stadt die Spontantermine am Morgen extra Anfang des Jahres eingerichtet, weil die Lage schon damals angespannt war.
Stadt Leipzig räumt ein: "System, das nicht funktioniert"
Hanna Saur, Amtsleiterin im Bereich Bürgerservice der Stadt Leipzig, räumt ein: "Der Andrang der Spontankunden ist aber so groß, dass wir überhaupt nicht mehr hinterherkommen. Es bilden sich unheimlich lange Schlangen, das ist für alle Seiten wirklich schwierig. Und das frisst dann wiederum aber auch die Termine noch weiter auf. Also, es ist ein System, das gerade nicht funktioniert." Die Kritik der Kunden sei absolut berechtigt, sagt sie.
Ein Grund sei eine große IT-Umstellung in allen Ämtern. Die neue Software soll unter anderem mehr Online-Angebote ermöglichen und Bearbeitungszeiten verkürzen. Für die Umstellung schließen alle Bürgerbüros für mehrere Tage. Außerdem müssten die Mitarbeiter geschult werden, was dazu führe, dass einige Büros auch vorher zeitweise geschlossen werden, erklärt Saur. Kurzfristige Lösungen? Schwierig: "Wir haben am Eingang Lotsen eingesetzt, die auch versuchen, mal etwas ganz Dringendes rauszufiltern. Aber im Moment können wir wirklich nur versuchen, alles abzuarbeiten. Also, das ist wirklich Akkordarbeit gerade. Aber solange wir jetzt auch umstellen und der Personalkörper auch verkleinert ist, wird es wohl noch bis Ende Oktober eine recht angespannte Lage bleiben."
Hoffen auf entspanntere Lage ab November
Ab November soll es dann möglich sein, ganztägig auch ohne Termin zu kommen. Dann rechnet Hanna Saur zumindest mit ein bisschen Entspannung: "Manchmal wollen die Leute auch nur was Kurzes, dann kann man das schneller auch mal zwischen reinmachen, wenn man nicht diese Terminbuchung hat. Und so verteilt sich das über den Tag."
Trotzdem werde die Stadt auch dann immer wieder an ihre Kapazitätsgrenzen kommen, sagt Saur – auch, weil im vergangenen Jahr 10.000 Menschen aus der Ukraine in Leipzig ankamen. "Die Fälle werden ja nicht einfacher, wir haben auch viele internationale Fälle, wo man dann doch länger prüfen muss, oder Sorgerechtsfragen. Je diverser die Gesellschaft wird, desto schwieriger wird auch der behördliche Akt." Auch mit der neuen IT und dem neuen Terminsystem im November wird es also weiterhin ratsam bleiben, zum Termin in einem Leipziger Bürgerbüro Geduld mitzubringen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. September 2023 | 05:00 Uhr