Ausbildungsreport Jeder dritte Azubi in Sachsen unzufrieden: DGB verlangt bessere Berufsorientierung
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07. Januar 2023, 13:37 Uhr
Sachsens Betriebe haben im vorigen Jahr 21.900 Stellen für Azubis angeboten. Etwas mehr als 19.000 junge Leute haben sich beworben. Statistisch gesehen konnte sich jeder eine Lehrstelle aussuchen. Und dennoch sagen viele Azubis, sie hätten ihre Lehre nur notgedrungen angenommen. Der DGB sieht Gründe dafür bei der Berufsorientierung und in den Betrieben. Zwei Branchen fallen besonders auf: das Hotel- und Gaststättengewerbe und der Einzelhandel.
- 27 Prozent der Befragten sagen: Lehrstelle ist nur eine Notlösung.
- Am unzufriedendsten sind Lehrlinge im Hotel- und Gaststättenwesen und im Einzelhandel.
- DGB verlangt bessere Berufsorientierung an Gymnasium und dass Berufsberater-Angebote auch genutzt werden.
Viele junge Menschen in Sachsen haben ihre Lehrstelle nur notgedrungen angenommen. Trotzdem es mehr Lehrstellen als Bewerber gibt, gaben 27 Prozent der Jugendlichen an, die gewählte Fachrichtung sei eine Notlösung oder nicht geplante Alternative, teilte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit. Er hatte für den Ausbildungsreport 2022 insgesamt 587 Auszubildende aus Sachsen befragt, die eine duale Ausbildung (Betrieb und Berufsschule) machen.
Unzufriedenheit über unbezahlte Überstunden und Kaffeekochen
Die größte Unzufriedenheit herrsche, und das seit Jahren, im Hotel- und Gaststättengewerbe, mit Abstrichen auch im Einzelhandel, sagte DGB-Vizechefin Daniela Kolbe. "Was wir feststellen, ist, dass bestimmte gesetzliche Regelungen ja schon immer offenbar nicht so ganz ernst genommen werden - ob das das Führen des Ausbildungsnachweises ist oder das Thema Überstunden und Arbeitszeiten. Wir brauchen hier stärkere Kontrollen." Sachsen könne es sich nicht leisten, dass "die jungen Leute bei diesen schlechten Arbeitsbedingungen hängen bleiben oder eben oft gehen".
Viele Lehrlinge müssten Überstunden leisten, die nicht bezahlt würden und für die auch kein Freizeitausgleich gewährt werde. Weitere Kritik: Ausbildungsfremde Tätigkeiten sind mehr geworden. Jeder neunte Azubi muss ständig oder zumindest häufig Arbeiten machen, wie beispielsweise Kaffeekochen oder Putzen. DGB-Vizechefin Kolbe verlangt mehr Arbeitszeit-Kontrollen und eine bessere Berufsorientierung vor allem an Gymnasien.
Berufsorientierung an Gymnasien verbessern
Ähnlich argumentierte der Bezirksjugendsekretär der DGB-Jugend, Sachsen: "Nur 30 Prozent der Befragten empfanden die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen als hilfreich. Demgegenüber stehen 36 Prozent, die die Angebote überhaupt nicht hilfreich fanden. Insbesondere an Gymnasien sind diese Werte nochmal deutlich schlechter." Wenn man junge Menschen von einer dualen Berufsausbildung als Alternative zum Studium überzeugen wolle, müsse sich da dringend etwas ändern. Die Voraussetzung dafür sei "mit den Jugendberufsagenturen eigentlich da“, meinte Drews.
Nur 30 Prozent der Befragten empfanden die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen als hilfreich. (...) Insbesondere an Gymnasien sind diese Werte nochmal deutlich schlechter.
Berufsberatung in Jobcentern gut, aber Schüler müssen auch hingehen
Die Berufsberatung der Agentur für Arbeit werde ganz anders werde bewertet. "Hier gaben 61 Prozent an, dass diese bei der Suche nach der richtigen Ausbildung geholfen hat", sagte Drews. Und fügte mit Bedauern an, dass nur jeder dritte Befragte überhaupt den Weg zur Berufsberatung der Agentur für Arbeit gefunden habe.
Die mit Abstand zufriedensten Lehrlinge sind Mechatroniker und Konstruktionsmechaniker, aber auch angehende Immobilienkaufleute. Insgesamt zwei Drittel der Lehrlinge in Sachsen sind mit ihrer Ausbildung zufrieden.
MDR (kk, Beate Dietze)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 06. Januar 2023 | 19:00 Uhr