Schulbildung Gewerkschaft plädiert für Gendern auch an Schulen
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11. Januar 2023, 15:52 Uhr
Sie sind immer häufiger sowohl im mündlichen als auch im schriftlichen Sprachgebrauch zu finden: Gender-Formen. Derzeit wird dies jedoch als Fehler in den Schulen markiert. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Sachsen empfiehlt dies den Lehrkräften im Freistaat nicht. Damit steht sie im Konflikt mit den Vorgaben des sächsischen Kultusministeriums.
- An den Schulen gilt das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung. Dies sehe keine Gender-Schreibweisen vor, erläutert das sächsische Kultusministerium.
- Das Einfügen von Doppelpunkten oder Sternchen in Wörter kenne die deutsche Rechtschreibung nicht, sagt der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung.
- Für Schülerinnen und Schüler seien Gender-Schreibweisen nicht zu lernen, erklärt der Vorsitzende und erinnert an die Ergebnisse der letzten PISA-Studie.
Egal ob Genderstern, Binnen-I oder Doppelpunkt – immer häufiger hören wir in unserem Alltag gendergerechte Sprache. Da heißt es dann zum Beispiel Soldat:innen, Arbeiter:innen oder Pfadfinder:innen. Nicht jeder kann sich damit anfreunden.
Doch die Realität unserer geschlechtergerechten Gesellschaft müsse sich auch bei den Schulaufgaben wiederfinden, sagt die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Sachsen, Uschi Kruse.
"Schülerinnen und Schüler können unseres Erachtens, wenn sie es denn für richtig halten, gendern. Aber keiner muss dazu gezwungen werden. Wir erleben an vielen Stellen, wie sich die Gesellschaft wandelt. Junge Leute gendern auch im mündlichen Sprachgebrauch wesentlich stärker als ältere Generationen. Warum soll man sie daran hindern? Wir sind eine diversere Gesellschaft und das drückt sich auch sprachlich aus."
Kultusministerium: An Schulen gilt Regelwerk der deutschen Rechtschreibung
Die Gewerkschaft "Erziehung und Wissenschaft" empfiehlt den Lehrkräften nicht, gegenderte Sprache als Fehler anzustreichen, zum Beispiel in Aufsätzen. Damit gibt es allerdings einen Konflikt zu den Vorgaben aus dem sächsischen Kultusministerium. Sprecher Dirk Reelfs betont: "An sächsischen Schulen wie auch an allen deutschen Schulen gilt das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung. Dieses Regelwerk sieht keine gegenderten Schreibweisen wie das Gendersternchen, den Genderdoppelpunkt oder auch das Binnen-I vor. Das heißt: Schulen ist es untersagt, sowohl von Schülern als auch von Lehrkräften gegenderte Schreibweisen in Schreiben von Schulen oder auch im Unterricht zu verwenden."
Die maßgebende Instanz für die amtlichen Regelwerke ist der "Rat für deutsche Rechtschreibung". Das Gremium hat den staatlichen Auftrag, für eine einheitliche Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu sorgen. Eine Anwendung in den Schulen lehnt der Rat ab.
"Rat für deutsche Rechtschreibung": Gendern lässt sich wissenschaftlich nicht begründen
Der Vorsitzende des Rates, Josef Lange, erklärt, warum: "Bei gendergerechter Sprache muss man unterscheiden zwischen dem Ansatz, Menschen aller Geschlechter korrekt anzusprechen und dem, was Wortverkürzungen bedeuten, durch Einfügungen des Sternchens oder eines Doppelpunktes innerhalb eines Wortes. Das Einfügen solcher Zeichen in ein Wort kennt die deutsche Sprache nicht. Das lässt sich auch wissenschaftlich nicht begründen."
Überdies müsse die deutsche Sprache auch in der öffentlichen Verwaltung sowie der Rechtspflege eindeutig sein, sagt Lange. Sie müsse übersetzt werden können in andere Sprachen. "Bezogen auf die Schule: Die deutsche Rechtschreibreform in den Jahren 1996 und 2004 wurde gemacht, um die geschriebene Sprache zu vereinfachen, damit sie besser erlernbar wird. Wenn ich in einzelne Wörter einen Stern oder einen Doppelpunkt einfüge, kann man diese Schreibung schlechter lesen und zu lernen ist sie auch nicht, wenn Sie an Kinder in den ersten Schuljahren denken."
Vorsitzender erinnert an PISA-Ergebnisse
Der Vorsitzende vom "Rat für deutsche Rechtschreibung" verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Ergebnisse der letzten PISA-Studie: "Ich will daran erinnern, dass es einen Aufschrei gegeben hat, als die Ergebnisse veröffentlicht worden sind, die zu dem Ergebnis kamen, dass gut 30 Prozent der Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse nicht die Mindeststandards der Rechtschreibung erreichen."
Mit Blick darauf, fügt Lange hinzu, sei es bizarr, zu fordern, dass die Sprache komplizierter werde bzw. dazu aufzufordern, Rechtschreibregeln zu missachten.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. Januar 2023 | 06:00 Uhr