Von Ponickau in der Gemeinde Thiendorf aus sieht man einen riesigen Wolkenberg, der sich Richtung Gröditz aufgetürmt hat.
Ein riesiger, unheimlich wirkender Wolkenberg hat sich am Dienstagnachmittag über Gröditz aufgetürmt. Bildrechte: Kerstin Henker

Interview Meteorologe: Schäden in Gröditz verursachte wahrscheinlich eine Fallböe

19. Juni 2024, 20:01 Uhr

In Gröditz bei Riesa hat ein Unwetter großen Schäden angerichtet. Es könnte sich um einen Tornado oder eine Fallböe gehandelt haben. Welche Bedingungen es zur Entstehung solcher Windphänomene braucht und wie man sich am besten vor ihnen schützt, das erklärt der DWD-Meteorologe Florian Engelmann im Interview mit MDR SACHSEN.

Herr Engelmann, was sagen Sie als Meteorologe? Ist durch Gröditz ein Tornado gezogen?

Florian Engelmann: Es ist tatsächlich so, dass man das nur vermuten kann. Uns liegen noch nicht alle Informationen vor, um wirklich sicher zu sagen, ob es ein Tornado war oder nicht.

Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD).
Florian Engelmann arbeitet als Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst. Bildrechte: DWD, F. Kahl

Was könnte es denn noch gewesen sein?

Es gibt da genügend Alternativen - zum Beispiel eine Orkanböe oder auch einen sogenannten Downburst. Das ist ein ziemlich starker Fallwind. Also Wind, der aus der Wolke ausfällt. Und auch mit dem sind große Geschwindigkeiten möglich, die diese Schäden in Gröditz verursacht haben könnten. Es deutet derzeit viel darauf hin, dass es eine Fallböe in Gröditz gewesen sein könnte.

Was unterscheidet den Tornado von Orkanböen oder Fallwinden?

Ein Tornado ist ein sehr kleinräumiges Windphänomen. Es ist ein Wolkenrüssel, der sich aus der darüber befindlichen Gewitterwolke bis zum Erdboden erstreckt und auf einem sehr kleinen Raum aufgrund seiner Rotation sehr große Windgeschwindigkeiten und entsprechend auch Schäden verursachen kann.

Sind eine Windhose und ein Tornado dasselbe?

Ja, das ist dasselbe. Das kann man synonym betrachten. Aber Tornado ist mittlerweile der gängigere Begriff, der verwendet wird.

Wie häufig kommen Tornados in Deutschland vor?

Zum Glück sind die Bedingungen bei uns in Deutschland sehr selten so, dass sich Tornados entwickeln können. Das ist wirklich die Ausnahme. Aber am Dienstag waren die Bedingungen gegeben. Das bedeutet aber nicht, dass es zwangsläufig passiert sein muss.

Was für Bedingungen müssen aufeinandertreffen?

Man braucht eine entsprechende Luftmasse - mit Feuchtigkeit und höheren Temperaturen - und eine Gewitterlage. Auch muss die Unterkante des Wolkengebildes möglichst nah über dem Boden liegen, so bei 600 bis 1.000 Metern. Dann hat der Tornado, also die Rüsselwolke, die sich bildet, eher die Chance, den Boden zu berühren.

Wie schützt man sich vor einer Windhose?

Viel ist geschafft, wenn man sich vorher informiert, dass diese Gefahr besteht. Dass man, wenn man doch unterwegs ist, nicht völlig überrascht wird. Denn im Affekt trifft man nicht unbedingt die richtigen Entscheidungen. Man sollte also einplanen, wo man sich in Sicherheit bringen könnte.

Und wo bin ich in Sicherheit?

So eine Gewitterwolke ist ja auch mit Blitzen verbunden, die ebenfalls gefährlich sind. Deswegen ist es am besten, wenn man merkt, man kommt in den Bereich eines Gewitters, dass man sich ein Gebäude sucht.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Dresden | 19. Juni 2024 | 16:30 Uhr

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