Untersuchung eingeleitet Missbrauchsverdacht gegen Seelsorger im Bistum Dresden-Meißen
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30. Januar 2023, 18:22 Uhr
Im Bistum Dresden-Meißen gibt es einen neuen Missbrauchsverdacht. Einem Seelsorger werden sexuelle Übergriffe gegenüber Jugendlichen vorgeworfen. Es wäre der 56. Missbrauchsfall im Bistum. Der Mann wurde vom Dienst freigestellt und von seinem Dienstort abgezogen. Wo dieser sich befindet, wollte das Bistum zum Schutz aller Beteiligten nicht mitteilen. Die Vorwürfe werden jetzt untersucht. Eine Betroffeneninitiative kritisiert den Umgang des Bistums mit dem Fall.
- Das Bistum Dresden-Meißen hat einen Seelsorger wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen von seinem Dienst freigestellt. Jetzt soll der Fall aufgearbeitet werden.
- Die Betroffeneninitiative Ost wurde vorab nicht informiert. Sie kritisiert das Vorgehen des Bistums.
- Die Initiative rät Betroffenen, sich nicht an die Kirche, sondern an staatliche Stellen zu wenden.
Das Bistum Dresden-Meißen hat einen Seelsorger wegen des Verdachts sexueller Übergriffe gegenüber Jugendlichen vom Dienst freigestellt. Wie das Bischöfliche Ordinariat in Dresden am Montag mitteilte, hat Bischof Heinrich Timmerevers nach erster Prüfung des Falls entschieden, den Mann vorerst auch von seinem Dienstort abzuziehen. Das Bistum machte keine weiteren Angaben, wo der Seelsorger seinen Dienst ausgeübt hat. Die betroffenen Pfarreien seien in Kenntnis gesetzt worden. Man habe den Fall der Staatsanwaltschaft übergeben, sagte Bistumssprecher Michael Baudisch. Auch das Bistum selbst werde ein Untersuchungsverfahren einleiten.
Wir selbst werden auch ein eigenes Untersuchungsverfahren einleiten. Das heißt, es wird mit den Betroffenen und dem Beschuldigten gesprochen. Dazu wird es ein Protokoll geben, anhand dessen über das weitere Vorgehen entschieden wird.
Betroffeneninitiative Ost kritisiert Vorgehen des Bistums
Betroffene sehen das Vorgehen des Bistums Dresden-Meißen in dem Fall kritisch. Laut Sabine Otto, Sprecherin der Betroffeneninitiative Ost und Mitglied im Betroffenenbeirat der ostdeutschen Bistümer, sei man im Vorfeld von den Verantwortlichen nicht mit einbezogen worden. Sie hätte von dem Fall auch erst aus der Presse erfahren. Die Initiative ist ein Zusammenschluss von Betroffenen sexuellen Missbrauchs in mehreren ostdeutschen Bistümern. Auch jetzt seien sie und die anderen Mitglieder nicht informiert, sagte Sabine Otto in einem Interview mit MDR SACHSEN. Damit seien sie nicht in die Lage versetzt worden, mit den vielen Anrufen, die jetzt bei ihnen eingingen, professionell umzugehen. So könnten sie ihre Erfahrungen nicht sinnvoll zur Verfügung stellen.
Wir sind überrascht. Wir sind nicht informiert. Wir sind nicht in die Lage versetzt worden, mit den vielen, vielen Anrufen, die jetzt bei uns eingehen, in irgendeiner Weise professionell umzugehen.
Kein Vertrauen in Ansprechpersonen des Bistums
Zum Schutz aller Beteiligten bat das Ordinariat, keine Vorverurteilungen vorzunehmen. Mögliche Betroffene und Zeugen sollten sich bei der Kontaktstelle des Bistums für solche Fälle melden. Die Betroffeneninitiative Ost hatte auch schon bei früheren Fällen Betroffene sexueller Gewalt gewarnt, sich "unbedacht beim Bistum Dresden-Meißen zu melden". Ihrer Ansicht nach schließe das Bistum Betroffene dauerhaft von der Aufarbeitung sexueller Gewalt aus. Auch im aktuellen Fall hält Sprecherin Sabine Otto es nicht für sinnvoll, sich an das Bistum als "Täterorganisation" zu wenden. Da es sich nach allem, was sie erkennen könne, um eine nicht verjährte Straftat handele, gehöre die Aufklärung und juristische Verfolgung in die Hände der staatlichen Justiz.
Vorwurf: Kein Opfer- und Zeugenschutz
Die Initiative bezweifelt, dass der Fall intern vollständig aufgeklärt wird. Sie wirft dem Bistum vor, die Betroffenen nicht genug zu unterstützen. Es gebe keine Begleitung, keinen Opfer- oder Zeugenschutz, so Sprecherin Sabine Otto. Zwar seien Ansprechpersonen benannt, diese würden aber im Interesse des Bistums arbeiten. Zudem stelle das Bistum den Betroffenen keinen Anwalt in einem eventuellen Strafverfahren zur Verfügung. Damit der neueste Fall schnellstmöglich aufgeklärt werden kann, fordern die Betroffeneninitiative, aber auch der Katholikenrat vom Bistum Dresden-Meißen, dass Informationen zur Verfügung gestellt und notwendige Schritte eingeleitet werden.
Laut eigenen Angaben gab es im Bistum Dresden-Meißen seit 1945 mehr als 50 Fälle von sexuellem Missbrauch. Darin verwickelt waren 29 Priester oder andere Kirchenmitarbeiter.
MDR (vis/dkö/fg)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 30. Januar 2023 | 19:00 Uhr