Vor 13. Februar Demos vor Gedenken in Dresden: Großeinsatz der Polizei schon am Sonntag
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10. Februar 2024, 11:43 Uhr
Seit Jahren versuchen Neonazis das Gedenken an die Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg zu vereinnahmen. Sie melden meistens für das Wochenende davor einen Aufzug an. Auch an diesem Sonntag ist eine rechtsextremistische Demo geplant - und bürgerlicher und politischer Gegenprotest. Die Polizei bereitet einen Großeinsatz vor.
- Die Polizei erwartet eine "konfrontative Versammlungslage".
- Auch Oberbürgermeister Hilbert wird sich Gegenprotest anschließen.
- Bündnis "Dresden Wi(e)dersetzen" kündigt spontane Sitzblockaden an.
Angesichts eines geplanten Aufzugs von Rechtsextremisten und dem seit Wochen anhaltenden Protest gegen Rechts und für Demokratie bereitet sich die Dresdner Polizei am Sonntag auf einen Großeinsatz vor. An diesem Tag werde bereits an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg erinnert. Für den 13. Februar, den eigentlichen Gedenktag, plant die Polizei nach eigenen Angaben kleiner, auch weil an diesem Tag bisher kein rechter Aufzug angemeldet worden ist.
15 Demos angemeldet - Polizei rechnet mit "konfrontativer" Lage
Nach Rathausangaben sind für den Sonntag insgesamt 15 Versammlungen angemeldet worden. Dazu gehören eine Demonstration aus dem rechtsextremen Spektrum mit 1.000 angemeldeten Teilnehmern in der Strehlener Straße. Dem stehen zahlreiche Gegendemonstrationen gegenüber, bei denen auch tausende Teilnehmer der Versammlungsbehörde gemeldet wurden.
Die Polizei geht von einer "konfrontativen Versammlungslage" in der Innenstadt aus. Es werde dabei auch mit Anreisen von Rechtsextremisten und Neonazis aus anderen Bundesländern gerechnet. Die Polizei will nach eigenen Angaben die Versammlungsfreiheit gewährleisten und gleichzeitig beide Lager trennen. Bei Blockaden oder körperlichen Auseinandersetzungen werde eingeschritten, kündigte sie an.
Verkehrseinschränkungen zwischen Hauptbahnhof und Elbe
Polizeisprecher Thomas Geithner sagte im Gespräch mit MDR SACHSEN: "Wir sehen jetzt den Schwerpunkt im östlichen Stadtrand von Dresden zwischen Hauptbahnhof und Elbe. Das heißt im Umkehrschluss: Die historische Altstadt, also das Zentrum im engeren Sinne, wird nicht betroffen sein. Auch die Neustadtseite wird keine Rolle spielen." Auch mit Verkehrseinschränkungen im ÖPNV ist zu rechnen. Informationen der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) dazu liegen derzeit noch nicht vor (Stand: Freitag: 17 Uhr).
Versammlungsorte laut Stadtverwaltung Dresden sind ab Sonntagmittag
- Schlesischer Platz und Hansastraße
- Bahnhof Mitte
- Hauptbahnhof Dresden und Straßen ringsum
- Schlesischer Platz
- Jorge-Gomondai-Platz
- Könneritzstraße
- Oskarstraße
- Rosa-Luxemburg-Platz
- Rathausplatz
- Wasastraße
- Weißeritzstraße
Rathausspitze ruft zum Widerstand gegen Rechtextremismus auf
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) wünscht sich ein ebenso "eindrucksvolles Zeichen" wie bei den Protesten gegen Rechts am 21. Januar und 3. Februar. "Hier dürfen wir nicht nachlassen", appellierte er. "Wir dürfen das Gedenken an den 13. Februar nicht den Ewiggestrigen überlassen, die nichts aus der Geschichte gelernt haben." Es gebe keine bessere Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens als die Demokratie. "Dafür einzustehen, ist jede Zeit wert." Er werde am Sonntag dabei sein.
Aktionsnetzwerk nennt Opfererzählung "Geschichtsrevisionismus"
Auch das Aktionsbündnis "Leipzig nimmt Platz" hat angekündigt, sich dem Gegenprotest am Sonntag in Dresden anzuschließen. Dazu sagt Jürgen Kasek vom Aktionsnetzwerk: "In Dresden wird alljährlich beim Aufmarsch die deutsche Opfererzählung fortgesponnen und Geschichte relativiert. Die vermeintlich unschuldige Zivilbevölkerung sei 'geopfert' worden." Dieses Opfernarrativ, so Kasek weiter, sei der Fundus, aus der nationalistische und revisionistische Kräfte schöpften.
Antifaschistischer Gegenprotest kritisiert Polizeistrategie
Zum Gegenprotest hat unter anderem das Bündnis "Dresden Wi(e)dersetzen" aufgerufen. Einer der Sprecher, Matthias Lüth, kritisierte die Stadt dafür, dass sie die Route der Rechtsextremisten nicht im Vorhinein bekannt gegeben habe. "Wir haben gar keine andere Möglichkeit, als auch spontan auf das Versammlungsgeschehen zu reagieren." Dies schließe Sitzblockaden ein.
Was passierte in der Bombenacht 1945?
Die ehemalige Residenzstadt war am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach durch alliierte Bomben zerstört worden. Nach Recherchen einer Expertenkommission verloren bis zu 25.000 Menschen ihr Leben. Die Rechtsextremen sehen in der Zerstörung Dresdens am Ende des Zweiten Weltkriegs ein Kriegsverbrechen der Alliierten, hantieren mit sechsstelligen Opferzahlen und relativieren die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg.
MDR (sme)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 10. Februar 2024 | 19:00 Uhr