Gefahr bei Abrissarbeiten Bombenexperte und Baufirma fordern neues Sicherheitskonzept an Carolabrücke
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04. Februar 2025, 09:23 Uhr
Der Abbruch der teileingestürzten Carolabrücke in Dresden hat ein Sicherheitsproblem. Bislang wurden bei den Arbeiten drei Weltkriegsbomben gefunden. Der Chef der Abrissfirma sieht das Leben von Mitarbeitern bedroht. Ein Bombenexperte des Freistaates sagte nun, dass die Bauarbeiten nicht wie bisher weitergehen dürfen. Auch die anfängliche Gefahreneinschätzung wird überarbeitet.
Der Chef des sächsischen Kampfmittelbeseitigungsdienstes, André Mauermeister, hat für den Abriss der Carolabrücke ein geändertes Sicherheitskonzept verlangt. Demnach sollten die Pläne zur Bergung der restlichen Trümmerteile und zum Abriss der beiden verbliebenen Brückenstränge angepasst werden. Da die Elbe und ihre Uferwiesen 1945 bombardiert wurden, sei grundsätzlich von einer bestehenden Gefahr auszugehen, so Mauermeister. Beim Brückenabriss sind bisher drei Weltkriegsbomben gefunden worden.
Ferngesteuerte Bagger als Lösung?
Als eine Idee für mehr Sicherheit nannte der Bombenexperte den Einsatz ferngesteuerter Bagger. Denn eine Kampfmittelsuche in der Elbe sei schwierig. Stahlreste und anderes Material im Wasser könnten zu vielen Störungen führen. Abseits technischer Möglichkeiten zur Ortung bleibe nur die baubegleitende Kampfmittelräumung. Mauermeister zufolge ist das aber die risikoreichste Methode.
Abseits technischer Möglichkeiten zur Ortung bleibt nur die baubegleitende Kampfmittelräumung. Das ist die risikoreichste Methode.
Bombensuche: Das können Robotik und KI (zum Aufklappen)
Der Bund fördert aktuell Projekte zur KI- und robotergesteuerten Munitionssuche in Gewässern. Bereits entwickelte Unterwasser-Roboter nutzen magnetische und elektromagnetische Sensoren, um das Metall beispielsweise von Minen, Granaten oder Bomben aufzuspüren. Die Hightech-Maschinen arbeiten ferngesteuert und unter menschlicher Aufsicht. Auch bei starken Wasserströmungen sind sie zuverlässig.
Quellen: Kampfmittelbeseitigungsdienst Sachsen, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
Drei Bombenfunde seit dem Jahreswechsel
Vor einem Monat war ein scharfer Blindgänger beim Ausbaggern der Fahrrinne freigelegt worden. Das machte eine große Evakuierung der Dresdner Altstadt und umliegender Ministerien am Königsufer notwendig. Sprengmeister Thomas Zowalla von der Kampfmittelbeseitigung (KMBD) entschärfte die britische 250-Kilogramm-Bombe.
Vor einer Woche tauchten zwei weitere Bomben auf, diese waren ohne Zünder. Mauermeister zufolge waren die Bomben wahrscheinlich anderswo heruntergekommen, entschärft und dort abgelegt worden.
Abrissarbeiten teilweise gestoppt - auch zur Sicherheit der Baggerfahrer
Nach Angaben der Abrissfirma Centro wurde der Rückbau der nicht mehr benötigten Baustraße in der Elbe wegen der großen Gefahr gestoppt. "Die Situation war nicht mehr tragbar, die Gefahr für die Mitarbeiter zu groß", so Centro-Geschäftsführer Mathias Lindenlaub.
Berichte, wonach Baggerfahrer ihre Arbeit verweigert hätten, bezeichnete Centro-Chef Mathias Lindenlaub als unwahr. Die Fahrer hätten sich immer sicher gefühlt, aber zwei Bombenfunde innerhalb von 24 Stunden machten eine Neubewertung der Lage nötig.
Fehleinschätzung im Vorfeld?
Offenbar gab es im Vorfeld eine Fehleinschätzung: Wie Lindenlaub MDR SACHSEN sagte, war die Gefahreneinschätzung, welche er vor dem Abriss bekam, davon ausgegangen, dass das Flussbett der Elbe und das Fahrwasser frei von Bomben seien.
Centro lässt nun die letzten zehn Meter der Baustraße auf Altstädter Seite im Wasser liegen und bereitet den Rückbau der restlichen, noch ins Wasser ragenden Trümmerteile von der anderen Elbseite vor. Die Arbeiten an der Stelle der Bombenfunde gehen nach seinen Worten erst weiter, wenn die zuständigen Behörden die nötigen Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit der Bauleute zu gewährleisten. "Es darf nicht sein, dass nach 80 Jahren noch irgendein Mensch durch eine Weltkriegsbombe stirbt", so Lindenlaub.
Es darf nicht sein, dass nach 80 Jahren noch irgendein Mensch durch eine Weltkriegsbombe stirbt.
Stadt Dresden: Arbeiten an Lösung
Wie die Stadt Dresden MDR SACHSEN auf Anfrage mitteilte, arbeiten derzeit Experten des Katastrophenschutzes und Sachsens Kampfmittelräumdienst gemeinsam mit dem Straßen- und Tiefbauamt an einer Lösung für das Sicherheitsproblem. Bis dahin seien die Arbeiten auf der Altstädter unterbrochen. Auf der Neustädter Seite könne aufgrund einer anderen Gefährdungslage weiter gebaggert werden.
"Die Häufung der Bombenfunde an der Carolabrücke hat zu einer Neubewertung bezüglich der Risikoeinschätzung geführt. Denn letztendlich ist es immer der Baggerfahrer, welcher das Gefahrgut aufnimmt und als Erster berührt", sagte eine Sprecherin im Dresdner Rathaus.
MDR (stt/wim)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 04. Februar 2025 | 07:00 Uhr