Lichtenstein Festival "Begehungen" bringt Kunst zurück ins ehemalige Daetz-Centrum
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16. August 2023, 15:42 Uhr
Lichtenstein wird zur Kunstgalerie. Dort wird am Donnerstag das Festival "Begehungen" eröffnet. Es ist die 20. Auflage und findet zum zweiten Mal nicht in Chemnitz statt. Künstler aus aller Welt haben zum Festivalmotto "et cetera pp" Bilder, Plastiken, Filme und Installationen geschaffen. Ausstellungsort ist das Palais in Lichtenstein, das bis vor kurzem noch das Daetz-Centrum beherbergt hat.
Überall im Palais Lichtenstein wird gewerkelt. Ab Donnerstag wird hier das Kunstfestival "Begehungen" stattfinden. Das Team des Festivals stand bei seinem 20. Jubiläum vor ganz neuen Herausforderungen. "Es ist ein völlig anderes Gebäude als in den letzten Jahren, 'fertiger' könnte man sagen", sagt Festivalsprecher Lars Neuenfeld. "Wir dachten, dass wir nicht so viel bauen müssen, aber es gab dann doch viele Details."
Interessant an dem Palais war für das Team vor allem die wechselnde Nutzung im Laufe der Geschichte. "Es ist mal als Gerichtsgebäude errichtet worden, wurde als Gefängnis genutzt, als Prinzessinnenpalais, als Kriegsgefangenenlager, als Mietshaus und so weiter", erzählt Neuenfeld.
Es ist mal als Gerichtsgebäude errichtet worden, wurde als Gefängnis genutzt, als Prinzessinnenpalais, als Kriegsgefangenenlager, als Mietshaus und so weiter.
Rund 20 Jahre lang wurde es als Ausstellungsfläche für das Daetz-Centrum genutzt, bevor die Stadt Lichtenstein den Vertrag mit der Daetz-Stiftung 2018 kündigte. Mit dem Festivaltitel "et cetera pp" soll die Aufzählung der Nutzung sinnbildlich fortgesetzt und gleichzeitig auf die mögliche Zukunft des Objekts verwiesen werden.
Sammlungen der Lichtensteiner als Teil der Ausstellung
Knapp 700 Bewerbungen hat das Team erhalten und daraus 25 Kunstwerke ausgewählt. Außerdem wurde die Lichtensteiner Bevölkerung dazu aufgerufen, ihre Sammelleidenschaften zu teilen. "Uns sind über 30 Sammlungen angeboten worden, von denen acht auch mit in der Ausstellung präsentiert werden", sagt Neuenfeld. Mit dabei sind zum Beispiel Biertrucks, Reißzwecken, Stundenpläne und Fotos von Gullideckeln." Das letzte sei übrigens nicht so selten wie es klingt. "Der Bürgermeister von Lichtenstein hat mir erzählt, dass seine Frau auch Fotos von Gullideckeln sammelt, aber immer mit ihren Füßen drauf", erzählt Neuenfeld. Alle Sammler wurden zu den "Sammelsonntagen" eingeladen, um den Besucherinnen und Besuchern etwas über ihre Sammlungen zu erzählen. "Wer sammelt, will auch drüber reden", sagt Neuenfeld.
Videothek als Kommentar zum Medienkonsum
Der Hamburger Künstler Thorsten Wagner hat seine eigene Sammelleidenschaft in seine Kunst integriert. Er hat im Palais eine Videothek eingerichtet, wie sie 1982 in Westdeutschland ausgesehen haben könnte. Unter 420 Filmen können die Festivalgäste auswählen. Wie in einer echten Videothek muss aber zuerst ein Nutzerausweis erstellt werden, bevor ein Video ausgeliehen werden kann. "Dann gebe ich gegen die Leihmarke den Film heraus und die Besucher können ihn sich hier auf einem Röhrenfernseher ansehen", erzählt Wagner. Wer sichergehen will, dass er seinen Film schauen kann, kann sich vorab online ein Zeitfenster reservieren.
Ihm geht es bei seinem Werk um eine Reflektion des Medienkonsums. "Es ist etwas ganz anderes im Vergleich zur Onlinevideothek", sagt er. "Die Leute müssen sich ganz anders auf einen Film einigen und es entstehen auch merkwürdige Begegnungen." Er selbst wird das ganze Festival über als Videothekar zur Verfügung stehen. "Ich bin quasi der menschliche Algorithmus, der bei der Filmauswahl hilft", sagt Wagner.
Geschichte des Palais als Videorundgang
Die Londoner Künstlerin Phoebe Walton hat sich von der Geschichte des Palais inspirieren lassen. Sie hat einen virtuellen Videorundgang durch das Gebäude erstellt, der die Geschichte und auch die Zukunft des Gebäudes abbilden soll. "Das Video läuft in Dauerschleife und zeigt so die Konstanz der Geschichte", sagt sie. Die Grafik des Videos ähnelt einem Videospiel.
Wie in jedem Jahr gibt es auch in Lichtenstein ein umfassendes Rahmenprogramm auf dem Innenhof. Neben Musik sind auch Diskussionsrunden rund um Kunst und die Kulturhauptstadt 2025, Lesungen und ein Kneipenquiz geplant.
"Begehungen" vom 17. bis 28. August
Das Kunstfestival "Begehungen" gibt es seit 2003. Jedes Jahr findet es an einem neuen ungenutzten Ort in Chemnitz mit einem neuen Thema statt und bespielt ihn für mehrereTage mit einem Kunst- und Kulturprogramm.
In diesem Jahr findet es zum zweiten Mal außerhalb von Chemnitz statt.
Das Festival wird komplett ehrenamtlich organisiert und präsentiert junge, zeitgenössische Kunst.
MDR (ali)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 16. August 2023 | 19:00 Uhr