Ringkampf
Ab in den Sand! Beachwrestling ist ein neuer Kampfsport nach festen Regeln, der demnächst olympisch werden soll. Bildrechte: MDR/L. Müller

Beachwrestling-Premiere Im Vogtland legen Ringerinnen und Ringer ihre Gegner in den Sand

22. Juli 2023, 22:06 Uhr

Markneukirchen, Plauen und Pausa gehören zu den Ringerhochburgen des Vogtlands. Die örtlichen Vereine können auf eine starke Fanbasis bauen, die Ringerhallen kochen bei Heimkämpfen förmlich. Ringerinnen und Ringer aus dem Vogtland sind bundesweit und international erfolgreich. Spitzenringer aus dem In- und Ausland wiederum treten für die Vogtlandvereine an. Dennoch ist Ringen auch im Vogtland eine Randsportart. Das soll sich jetzt ändern, mit den ersten Landesmeisterschaften im Beachwrestling.

Das Freibad Elstergarten in Oelsnitz im Vogtland ist an diesem Sommervormittag gut besucht. Schließlich sind Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius angekündigt. Unter die Badegäste haben sich junge Ringer aus Markneukirchen und Plauen gemischt. Sie bereiten sich auf die erste Beachwrestling Landesmeisterschaft in Sachsen am 22. Juli vor. Die Sportart ist relativ neu, erst vor einem Jahr gab es erste Wettkämpfe in Deutschland, sagt Ronny Lange vom ASV Plauen.

Griechisch-Römisch und im Freistil wird auf der Matte in Hallen gerungen, beim Beachwrestling wird auf Sand und üblicherweise im Freien gekämpft. Lange betont, es sei echter Sport mit klaren Regeln und soll voraussichtlich 2028 erstmals olympische Disziplin werden. Mit lockeren Kabbeleien am Strand unter Gleichaltrigen "just for fun" habe Beachwrestling also wenig zu tun, auch wenn die Kämpfe auf den ersten Blick so erscheinen mögen.

Routinier: Ringen auf Sand ist anders als auf der Matte

Inzwischen haben sich fünf junge Ringer und Trainer Florian Frank aufgewärmt und absolvieren Übungskämpfe. Ringer Denny Latzke pausiert nach einer Trainingsblessur vom Vortag. "Beachwrestling ist eine andere Art des Ringens", sagt er. Man müsse das schon trainieren und sich an den Sand als Untergrund gewöhnen, die Ringertechniken, Griffe und das richtige Abrollen haben die langjährigen Sportler intus. Nur die Regeln des Beachwrestlings müssen sie noch pauken. Aktionen am Boden beispielsweise sehen die Regeln nicht vor.

Die einzige Runde dauert drei Minuten. Die Taktik muss also von der ersten Sekunde an stimmen: Es gibt keine weitere Kampfrunde, um Fehler auszubügeln. Gerungen wird auf Sand in einem markierten Ring von sieben Metern Durchmesser.

Mindestalter der Startenden liegt bei 18 Jahren

Beim Beachwrestling dürfen Ringer nur mit kurzer Bade- oder Kampfsporthose und Ringerinnen mit Badeanzug oder Bikini antreten. Startende müssen 18 Jahre alt sein, Jugendliche benötigen eine ärztliche Erlaubnis. Rein optisch erinnert das Beachwrestling der Männer an Ringkampfdarstellungen aus dem antiken Griechenland.

Die hauptamtliche Trainerin aus Markneukirchen, Bettina Krupke, findet das logisch: Immerhin habe es in der Antike keine Ringermatten und synthetische Ringeranzüge gegeben. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf traditionelle Ringkampfarten, die in einigen Ländern als Kulturgut am Leben erhalten werden.

Frau und Mann posieren für Foto
Bettina Krupke und Ronny Lange holen gemeinsam die ersten Landesmeisterschaften im Beachwrestling ins Vogtland. Ihr Ziel: Das Ringen populärer machen. Bildrechte: MDR/L. Müller

Beispiele für regionale Ringertraditionen In Bulgarien und in der Türkei gibt es das Ölringen. In der Schweiz wird das sogenannte Schwingen praktiziert. Auch in Lateinamerika oder in Indien gibt es in verschiedenen Kulturkreisen noch eigene, dem Ringen ähnliche Kampfsportarten. Manch ein Urlauber wird schon auf den Kanarischen Inseln dem Lucha Canaria begegnet sein. Am bekanntesten ist wohl das Sumo-Ringen der Schwergewichte aus Japan.

Die frühere Ringerin hofft, dass übers moderne Beachwrestling neue Zielgruppen erreicht und für den Ringkampfsport begeistert werden können. Man gehe quasi aufs potenzielle Publikum zu, raus ins Freie. Denn: Wer nicht von Familie oder Kumpels mitgeschleppt werde, mache nicht unbedingt den Schritt über die Schwelle in eine Ringerhalle. Und in den Medien wird Ringen oft nur mit einer Randnotiz bedacht.

Landesverband unterstützt Engagement der Vogtland-Ringer

Das weiß auch ihr Mitstreiter Ronny Lange, ebenfalls ein langjähriger Ringer, der seine aktive Laufbahn inzwischen beendet hat. Deshalb setzen die beiden Sportskanonen mit ihrem Organisationstalent alles daran, dass das Beachwrestling am Sonnabend in Oelsnitz ein Erfolg wird und viele Zuschauer anlockt. Vom Landesverband gibt es Unterstützung.

An der offenen Meisterschaft im Vogtland dürfen alle Ringerinnen und Ringer teilnehmen, die Mitglied eines Vereins sind und damit eine Startberechtigung in Deutschland haben. Eine Woche vor dem Wettkampf waren zehn Ringerinnen und 40 Ringer gemeldet. "Alles hat mal klein angefangen, Beachwrestling ist noch neu und viel Neues braucht seine Zeit, bis es sich durchsetzt und anerkannt wird", sagen die Organisatoren.

Janis Heinzelbecker im Kampf gegen Marco Stoll
So ist Ringen bisher bekannt - auf der Matte in der Halle. Im Bild kämpfen Janis Heinzelbecker (SV Weingarten, rot) und Marco Stoll (AVG Markneukirchen, blau) im Griechisch-Römisch Stil, auch als klassischer Ringkampf bekannt. Bildrechte: IMAGO / foto2press

Prominente Ringerin in Oelsnitz erwartet

Immerhin hat sich die Olympia-Teilnehmerin von 2021, Anne Schell, für die erste Beachwrestling-Meisterschaft in Sachsen angekündigt. Auch der Beachwrestling-Bundestrainer Fabio Aiello kommt ins Vogtland. Beides bestätigt Krupke und Lange in ihrem Bemühen um Aufmerksamkeit für den neuen Sport in Sachsen. Ronny Lange glaubt zudem, dass über Beachwrestling ehemalige Ringer, die keine Lust mehr auf Mattenringen in der Halle haben, zurück zum Ringkampfsport finden – einfach ungezwungener.

Ringkampf
Ein wenig erinnert das Beachwrestling an antike Ringkampfdarstellung aus Griechenland - nur in Farbe. Bildrechte: MDR/L. Müller

Nach dem Ringertraining geht es ins Schwimmbecken

Die Ringkampfjungs sind unterdessen ziemlich ins Schwitzen gekommen und diskutieren über Beachwrestling-Regeln. Leon Lange denkt, dass Beachwrestling optimales Ringertraining im Sommer sein kann, wenn es in den Hallen stickig ist. Er findet den Kampfsport in Badeklamotten unter freiem Himmel ganz cool. "In einem Ringeranzug käme ich mir in einem Schwimmbad komisch vor, das sähe peinlich aus." Für ihn war das Training auf Sand an diesem Tag eine Premiere.

Schwierig sei das Einteilen der Kämpfenden in nur vier Gewichtsklassen, die jeweils zehn Kilogramm umfassen. Wenn zwischen den Kämpfenden neun Kilogramm Gewichtsunterschied bestünden, sei es für den Leichteren schon eine Herausforderung, gibt Lange zu bedenken.

Ringer posieren für Foto
Quentin Schmalfuß und Leon Lange sind zuversichtlich, dass die Beachwrestling-Premiere im Vogtland ein Erfolg wird. Bildrechte: MDR/L. Müller

Sein Kumpel Quentin Schmalfuß findet das öffentliche Schwimmbad und den Beachwrestling-Ring auf dem Volleyball-Platz eine gute Kombination. "Die Zuschauer sind (als Badegäste, Anm. der Red.) schon da", sagt er. Schließlich zeigen die jungen Ringerinnen und Ringer gerne, was sie drauf haben und wollen beim Beachwrestling-Wettkampf auch eine gute Show bieten.

Johannes Adler und Titus Riedel betonen noch den Spaßfaktor - und dennoch sei es eben echter Sport und damit auch mit hartem Training verbunden. Vom Freibad Elstergarten hieß es, man rechne mit zusätzlichen Gästen, die zum Beachwrestling-Gucken kommen. Es gäbe schon seit Wochen Anfragen von Badegästen, die unbedingt dabei sein wollen. Es wird nur der reguläre Eintritt ins Bad fällig.

Die jungen Ringer gönnen sich unterdessen nach der schweißtreibenden Trainingseinheit noch eine Abkühlung im Schwimmbecken, bevor sie den Wettkampfring abbauen und den Sand wieder den Beachvolleyball-Spielenden überlassen. Am Sonnabend dann sind alle Kampfsportlerinnen und -sportler wieder da und ringen um Siege.

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