Personalmangel Tafel Stollberg braucht Fahrer
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16. Dezember 2022, 17:43 Uhr
Höhere Preise für Energie und Lebensmittel treiben immer mehr Menschen zu den Ausgabestellen der Tafeln. Hinzu kommen viele Geflüchtete aus der Ukraine. Um den erhöhten Arbeitsaufwand stemmen zu können, fehlt vielen Tafeln allerdings das Personal. Besonders dramatisch ist die Lage bei der Tafel in Stollberg.
- Auch die letzten beiden Fahrer der Tafel Stollberg könnten aufgrund von Alter und Belastung bald aufhören.
- Tafel wünscht sich Mitarbeit von Geflüchteten, scheitert aber an bürokratischen Hürden.
- Tafel Stollberg hofft nun auf kurzfristige Hilfe im Ehrenamt, sonst könnte sie schon bald schließen.
Zwei ältere Herren hieven die Lebensmittelkisten aus dem Transporter auf einen Rollwagen. Sie sind die letzten beiden Fahrer, die Annerose Aurich noch geblieben sind. Ein paar Freiwillige hätten sich zwar vorgestellt, den Dienst aber schnell wieder quittiert, sagt die Leiterin der Stollberger Tafel. Zu anstrengend sei die Arbeit, zu schwer seinen die Kisten gewesen, so die Begründung. Und irgendwie kann Annerose Aurich sie auch verstehen. "Wir sind ja alle schon im Rentenalter, kurz davor oder auch schon lange in Rente", sagt sie.
Keine Fahrer, keine Tafel
Die Tafelchefin befürchtet, dass auch ihre beiden letzten Fahrer aufgrund des Alters und der Belastung bald aufhören könnten. Schon jetzt fehlt der Ersatz, wenn sie krank oder im Urlaub sind. "Wenn wir die Märkte nicht anfahren können, können wir keine Ausgabe machen", sagt Aurich. Lebensmittelspenden seien genug da, man habe über die Jahre enge Verbindungen zu den lokalen Produzenten und Supermärkten aufgebaut. Nur eben die Fahrer fehlen.
Wenn wir die Märkte nicht anfahren können, können wir keine Ausgabe machen.
Deshalb droht nun die vorübergehende Schließung. Bis zu 50 Bedarfsgemeinschaften stünden dann ohne die vergünstigten Lebensmittel da, auf die sie dringend angewiesen sind. Wer zu alt oder zu krank ist, um selbst zur Ausgabestelle zu kommen, geht bereits jetzt leer aus. Den Lieferdienst musste die Stollberger Tafel wegen des Fahrermangels bereits einstellen.
Geflüchtete dürfen nicht helfen
Der Bürgermeister von Lugau, wo die Tafel ihren Sitz hat, würde gerne helfen. Thomas Weikert ist selbst Vereinsmitglied bei der Tafel. Mehr als im Lugauer Anzeiger und in persönlichen Gesprächen auf den Personalmangel bei der Tafel hinzuweisen, könne er aber nicht tun, sagt er auf Anfrage.
Annerose Aurich fordert mehr ehrenamtliches Engagement von ihren Mitbürgern und Unterstützung aus der Politik, damit etwa auch Geflüchtete mit anpacken dürfen. "Die haben keine Arbeitsgenehmigung, die haben keinen Versicherungsschutz. Ich habe einen Marathon hinter mir mit der Ausländerbehörde", sagt Annerose Aurich.
Die haben keine Arbeitsgenehmigung, die haben keinen Versicherungsschutz. Ich habe einen Marathon hinter mir mit der Ausländerbehörde.
Auch bei Ukrainern bürokratisch
Zwei Geflüchtete aus der Ukraine, die in Lugau untergebracht wurden, hätten im Sommer helfen wollen, sagt sie. Doch neben der Sprachbarriere seien es vor allem die bürokratischen Hürden gewesen, die eine Mitarbeit unmöglich gemacht hätten. Das Landratsamt erklärt auf Anfrage, dass es aufgrund der Vielzahl von Geflüchteten, die bis zum Sommer aus der Ukraine eingetroffen sind, zu Verzögerungen bei der Ausstellung der so genannten Fiktionsbescheinigungen gekommen sei. Mit dieser vorläufigen Aufenthaltserlaubnis sind Geflüchtete aus der Ukraine berechtigt, eine Arbeit aufzunehmen.
Und so bleibt Annerose Aurich und ihren Kollegen nichts anderes übrig, als auf ein kleines Weihnachtswunder zu hoffen - dass sich vielleicht doch noch kurzfristig jemand meldet, der helfen will. Wenn nicht, könnten die Türen der Stollberger Tafel im Januar geschlossen bleiben.
MDR (sho)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnitz | 14. Dezember 2022 | 16:30 Uhr