Härtefallkommission Abschiebung vietnamesischer Familie aufgeschoben

20. Dezember 2022, 09:21 Uhr

Der Fall eines vietnamesischen ehemaligen Vertragsarbeiters in Chemnitz, dem nach 37 Jahren in Deutschland die Abschiedung droht, kommt zum dritten Mal vor die Härtefallkommission. Der erste Antrag war 2018 abgelehnt worden, der zweite gar nicht erst zur Entscheidung angenommen.

Die Sächsische Härtefallkommission wird sich erneut mit dem Fall Pham Phi Son beschäftigen. Der sächsische Ausländerbeauftragte Geert Mackenroth habe einen erneuten Antrag geprüft, teilte Behördensprecher Markus Guffler am Montag auf Anfrage mit.

Dabei habe er festgestellt, dass ein neuer Sachverhalt die erneute Befassung der Kommission rechtfertige. "Mit dem angenommenen Antrag geht ein Schutz des Antragstellers vor Abschiebung einher", ergänzte der Behördensprecher. Pham, der vor 35 Jahren als Vertragsarbeiter in die DDR kam, lebt heute mit seiner Frau Ngyen thi Quynh Hoa und der fünfjährigen Tochter Emilia in Chemnitz.

Abschiebung und Integration
Die vietnamesische Familie hofft darauf, dass die Härtefallkommission in ihrem Sinne entscheiden wird. Bildrechte: imago images/Shotshop

Die Härtefallkommission hatte sich 2018 für eine Abschiebung der vietnamesischen Familie ausgesprochen, weil sich Pham Phi Son zwischenzeitlich länger als erlaubt in Vietnam aufgehalten hatte.

Der Fall Pham Phi Son Pham Phi Son kam bereits 1987 als vietnamesischer Vertragsarbeiter in die DDR. Seit dem Jahr 2011 hatte er eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Fünf Jahre später überschritt er mit einem neunmonatigen Aufenthalt in Vietnam die Sechs-Monats-Frist für Auslandsaufenthalte. Die Chemnitzer Ausländerbehörde entzog ihm daraufhin sämtliche Aufenthaltsrechte. Pham unterlag in einem Prozess dagegen. Auch die Sächsische Härtefallkommission entschied sich 2018 gegen ihn. Eine erneute Behandlung des Falls lehnte der Vorsitzende der Kommission, Geert Mackenroth, bisher ab.

Sprecher des Flüchtlingsrates ist verhalten optimistisch

Der Sprecher des Sächsichen Flüchtlingsrates, Dave Schmidtke, äußerte sich "verhalten optimistisch" zu der erneuten Beratung der Härtefallkommission. "Im Jahr 2018 wurde bereits einmal gegen Herrn Phams Antrag entschieden. Auch bei anderen Härtefall-Entscheidungen lief es anders, als wir erhofft hatten."

Allerdings habe sich im Fall der vietnamesischen Familie seit der letzten Ablehnung einiges getan. "Sowohl Herr Pham, als auch seine Frau haben jetzt Arbeit in der Gastronomie gefunden". Die Erteilung der Arbeitserlaubnis durch die Ausländerbehörde für die beiden Vietnamesen sei ein positives Zeichen.

Dazu käme noch, dass Ngyen thi Quynh Hoa einen Deutschkurs besucht und Pham Phi Son sich ehrenamtlich betätige. "Das sind alles Aspekte, die für eine dauerhafte Bleiberegelung sprechen."

Rechtsanwältin: Abschiebung nicht verhältnismäßig

Die Berliner Fachanwältin für Migrationsrecht, Jenny Fleischer, die Pham Phi Son und seine Familie in diesem Fall vertritt, zeigte sich erleichtert darüber, dass beide arbeiten dürfen.

"Es ist eine große Erleichterung für meine Mandanten, dass sie von der Ausländerbehörde endlich die ihnen zustehende und lang herbeigesehnte Arbeitserlaubnis erhalten haben." Aufgrund der neuen Arbeitsverhältnisse in einem lokalen Gastronomiebetrieb stehe dem neuen Härtefallverfahren nun nichts mehr im Wege. Zudem sei eine Abschiebung in diesem Fall nicht verhältnismäßig, teilte die Anwältin mit.

"Auch die Ausländerbehörde muss sich nach rechtlicher Prüfung darüber im Klaren sein, dass eine Abschiebung gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt." Darüber hinaus sei sie nach 35 Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik nicht verhältnismäßig.

Die Sächsische Härtefallkommission will sich voraussichtlich am 10. Februar mit dem Fall Pham Phi Son beschäftigen.

 MDR (tfr)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 19. Dezember 2022 | 13:30 Uhr

Mehr aus Chemnitz und Stollberg

Mehr aus Sachsen